Vienna Fashion Week: Wie die heimische Modeszene der Pandemie trotzt
Die Sicherheitsvorkehrungen sind streng, die Vorfreude dennoch ungetrübt: Ab kommenden Montag findet am Platz vor dem Museumsquartier zum 13. Mal die Vienna Fashion Week statt. Sechs Tage lang werden heimische Designer ihre neuen Kollektionen präsentieren – all jenen, die geimpft oder PCR-getestet sind.
Die vergangenen eineinhalb Jahre mögen hart für die österreichische Modebranche gewesen sein, aus der anfänglichen Schockstarre sind die Kreativen jedoch längst erwacht. Es soll wieder vorwärtsgehen. Oder frei nach Freddy Mercury: The Show Must Go On.
Unter dem Motto „Fashion Mode Forward“ wird unter anderem Martina Mueller Callisti ihre neuen Kreationen vorstellen. „Natürlich haben wir alle zu Beginn der Pandemie nicht gewusst, wie es weitergehen soll“, sagt die Designerin im KURIER-Gespräch. „Nach Bekanntgabe der Maskenpflicht habe ich damals glücklicherweise schnell reagiert und selbst geschneiderten Mund-Nasen-Schutz im Onlineshop angeboten.“
Callisti bewies den richtigen Riecher: Innerhalb von drei Stunden gingen so viele Bestellungen ein, dass die Website zusammenbrach. Die vom regulären Verkauf in ihrem Geschäft im ersten Wiener Gemeindebezirk fehlenden Umsätze konnte sie so zwar nicht mehr reinholen, aber einige Fixkosten decken. „Zusätzlich zu einem Auftrag, die Outfits für die österreichischen Hostessen bei der Expo zu entwerfen, konnte ich mich so über Wasser halten.“
Wissen, was man trägt
Auch Jana Wieland, die am Mittwoch im Fashion-Week-Zelt gastieren wird, kann ein vergleichsweise positives Resümee ziehen: „Uns kleine Labels hat aufgrund weniger Mitarbeiter und weil wir keine großen Verkaufsflächen haben, nicht so eine Ausgabenkeule getroffen. Ich habe die Zeit genützt, um meinen Onlineshop zu überarbeiten“, erzählt die 31-Jährige. In ihrer erstmaligen Teilnahme an der Wiener Modewoche sieht die Designerin nun eine Chance, sich einen neuen Käuferkreis zu erschließen.
Der erste Samen für mehr Interesse an heimischem Design wurde mit dem zu Pandemiebeginn stark propagierten Motto „Buy Local“ gesät. Doch hat es auch ein langfristiges Umdenken bei der potenziellen Kundschaft bewirkt? „Ich würde es mir jedenfalls wünschen“, sagt Wieland. „In den Köpfen hat sich da auf jeden Fall einiges getan. Immer mehr Menschen können den Kauf von Drei-Euro-Shirts ethisch nicht mehr mit sich vereinbaren. Und ich merke, dass die Menschen zunehmend wissen wollen, wie das, was sie täglich tragen, entsteht.“ An der Freude, mit der die Kundinnen zu ihr ins Atelier kommen, sehe sie, dass der persönliche Kontakt mehr denn je gesucht und geschätzt werde.
Nah an der Kundschaft
Während bei den ebenfalls im September stattfindenden Fashion Weeks in den großen Modestädten wie Mailand oder Paris ausschließlich die Frühjahr/Sommer-Kollektionen 2022 präsentiert werden, geht man mit der Wiener Version schon immer einen anderen Weg – der sich in Pandemiezeiten als weitsichtiger denn je erweist. „Unsere Designer können aussuchen, ob sie eine Kollektion zeigen wollen, die erst in einem halben Jahr erhältlich sein wird oder die aktuelle“, sagt Zigi Mueller-Matyas, Co-Organisatorin des heimischen Ablegers. „Ich denke, dass ein Mix aus beidem perfekt ist.“
Während bei internationalen Modeschauen sehr viele Einkäufer und Journalisten auf Einladung der Marken vor Ort sind, ist die Vienna Fashion Week (für die im freien Verkauf Tickets erhältlich sind) eine Veranstaltung mit Fokus auf die Kundschaft. „Und diese will heutzutage nicht auf das, was sie am Laufsteg sieht, ein halbes Jahr lang warten müssen“, weiß Mueller-Matyas. „In dieser mittlerweile extrem schnelllebigen Welt wollen vor allem junge Leute das, was sie präsentiert bekommen, schnell haben.“
Österreichisches Design habe laut Zigi Mueller-Matyas einen weiteren großen Vorteil: „Kundinnen wollen sich mit ihren Outfits zunehmend optisch abheben, sind auf der Suche nach etwas Speziellem. Kleine heimische Labels mit hohem Wiedererkennungswert sind da klar im Vorteil.“
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