Der Begriff Welle mag dieser Tage für viele ein besorgniserregender sein, bei Friseur Michel Ziada wird sie allerdings explizit gewünscht. Galt die Dauerwelle in den vergangenen Jahren als Inbegriff schlechter Achtzigerjahre-Frisuren, erlebt sie nun ein Comeback – jedoch nicht unter Frauen. „Derzeit mache ich pro Tag durchschnittlich zwei bis drei Männern eine Dauerwelle“, sagt Ziada im Gespräch mit dem KURIER. „Vor eineinhalb Jahren gab es solche Anfragen nur alle paar Monate.“
Beim Betreten seines Salons im dritten Wiener Gemeindebezirk bietet sich ein eher ungewöhnlicher Anblick: Hier lassen sich Männer Lockenwickler und Papilloten ins Haar drehen. Über diese folgt eine spezielle Lotion, die das Haar für bis zu vier Monate versiegelt.
Zwar mag die Methode auf den ersten Blick an alte Zeiten erinnern, seit Karl Ludwig Nesslers Dauerwellen-Erfindung im Jahr 1906 hat sich laut Ziada jedoch einiges getan. „Heute hat man ein viel besseres Fachwissen als damals“, erklärt der 27-Jährige. „Ein Mix aus verschiedenen Wicklern ist derzeit sehr gefragt – dadurch entstehen nicht diese typischen Korklocken von damals, sondern schöne große Wellen.“
Virales Video
Dass Ziadas Kundschaft mittlerweile nicht nur aus ganz Österreich, sondern auch aus Deutschland und der Schweiz anreist, hat dieser seinem Umstyling-Video auf Youtube zu verdanken, welches er Anfang 2019 hochlud. „Es ging über Nacht viral – und hat mittlerweile fast 400.000 Aufrufe“, erinnert sich der Haarprofi. „Das Feedback war wirklich gigantisch.“
Warum ausgerechnet Männer dem Dauerwellen-Fieber verfallen sind? Wie viele andere Trends auch, hat dieser seinen Ursprung in den sozialen Medien. Eine Google-Suche nach dem „TikTok Hairstyle“ ergibt unzählige Fotos junger Männer, die auf der Kurzvideo-Plattform ihre seitlich kurz rasierten und und am Oberkopf gelockten Haare zur Schau stellen.
Wunsch nach Textur
Wie diese Jungs wollen auch Ziadas Kunden aussehen, jedoch ohne dafür jeden Morgen zu Lockenstab und Styling-Produkten greifen zu müssen. „Die meisten haben von Natur aus sehr glatte Haare – möchten also eine Komplett-Veränderung“, sagt der Wiener. „Sie wünschen sich mehr Textur und Bewegung im Haar. Haarfarben werden weniger nachgefragt. Das ist der Zeitgeist.“
Ein lässiger Look, der nicht nur bei der Jugend ankommt. „Das Alter der Dauerwellen-Kunden rangiert von 16 bis 50“, verrät der Friseur, der sein eigenes Haar lieber kurz rasiert trägt. „Vom Skater-Boy bis zum Business-Mann war schon jeder Typ dabei.“ Die Dauerwelle sei mittlerweile sogar bis in höchste Chefetagen durchgedrungen. „So mancher Manager großer heimischer Unternehmen trägt schon eine.“
Kommentare