Über Intimes reden: Was Sex und Brokkoli miteinander zu tun haben
Zwei Frauen, zwei ähnliche Geschichten – und doch zwei unterschiedliche Arten, über Sex zu reden. Da ist die umtriebige Freundin K, die ähnlich wie L als aufgeschlossen gilt. Beide turnen sich von einem horizontalen Vergnügen zum anderen – nach Mae West: Zehn Männer warten an der Tür auf mich? Schick einen nach Hause, ich bin müde…
Der Unterschied: K will keineswegs „darüber“ reden. So saftige Begriffe wie „vögeln“ oder „ficken“ kämen ihr in launiger Damenrunde nie über die Lippen. Schon gar nicht würde sie über Sehnsüchte oder Praktiken reden. Die Lady genießt und schweigt. Anders L, die zum exhibitionistischen Verkehrsbulletin tendiert. Immer wenn ein neuer Lover ihren Schritt kreuzt, wissen Stunden später alle, wie es war und was genau passiert ist. Auch sonst nimmt sie sich kein Blatt vor den Mund. Ob beim Heurigen oder beim Nobelitaliener: Wer mit L bei Tisch sitzt, wird noch vor dem Aperitif was Einschlägiges serviert bekommen, und wenn’s nur die launige Produktbeschreibung des neuesten Vibrators ist. Und natürlich wissen alle fast alles über den aktuellen Bettgenossen: Penisgröße, Ausdauer, Vorlieben und wie er klingt, wenn er kommt. Ich mag das beherzte Benennen des Sexuellen ja, so lang man dazwischen auch trockenere Themen besprechen kann und vor allem: So lange es nicht sexistisch oder abwertend wird. Wenn so eine Unterhaltung dahinfließt, man einander zuhört, sich austauschen und voneinander lernen kann: wunderbar. Allerdings sprechen nur die wenigsten Menschen fließend sexuell. Die meisten schwurbeln drumherum oder vermeiden das Thema. Und so vögeln zwei oft ein Leben lang, ohne ein einziges Mal darüber gesprochen zu haben, ob das, was sie da tun, auch tatsächlich das ist, was sie wollen. Schade.
Kommentare