Reden wir über Sex

„Direkte Kommunikation ist das Allerschwerste. Viele haben Angst davor, wie der Partner auf die intimsten Wünsche reagieren könnte“
Erotik ist überall präsent, nur daheim fehlt sie oft. Tipps gegen das Schweigen im Bett.

War es schön für dich, Schatz?“ – „Ja, klar.“ Die wenigsten antworten ehrlich, was sie beim Sex gerade gestört hat oder was sie sich dabei vom Partner gewünscht hätten. Aus den unausgesprochenen Bedürfnissen wächst Frust. Der Frust schlägt bald in Lustlosigkeit um. Aus der Lustlosigkeit wächst langsam eine Krise.

Die Paartherapeutin Andrea Bräu will mit ihrem Buch „Bettgeflüster“ Paaren Wege aus der Sprachlosigkeit im Bett zeigen. Ihr zufolge haben viele Angst davor, wie der Partner auf die intimsten Wünsche reagieren könnte. „Doch guten Sex haben wollen und nichts dafür tun funktioniert nicht. Ich bekomme auch kein Geld, ohne arbeiten zu gehen. Das ist beim Sex nicht anders.“
Ihr Buch ist allerdings kein Sexratgeber mit ausgefallenen Stellungen und Turnübungen, es macht auch aus niemandem von heute auf morgen den perfekten Liebhaber. „Sexualität ist Kommunikation – und da geht es nicht nur ums Reden.“ Denn geredet wird in den meisten Partnerschaften gar nicht so wenig. Jedoch geht das dabei eher um Oberflächliches, wie die Frage, was am Abend auf den Esstisch kommt oder wer die Kinder von der Schule abholt.

Reden wir über Sex
Andrea Braeu, Psychotherapeutin, Sexualtherapeutin, in ihrer Praxis ("Die Beziehungspraxis"), Muenchen, Rosenheimer Str. 2, 15.08.2013
„Kommunikation braucht Zeit und Aufmerksamkeit. Viele Leute glauben aber, das geht so nebenher.“ Zunächst gehe es darum, sich klar zu werden, wie man seine gemeinsame Zeit verbringt. „Zusammen fernsehen oder einkaufen gehen ist keine qualitative Zeit.“
Jeder müsse sich über seine aktuelle Situation, sein Ziel und den Weg dorthin klar werden. „Das läuft darauf hinaus, dass ich nicht verharre, bis der Partner das erkennt und etwas tut. Ich muss selbst voran gehen und mich verletzbar machen, mich öffnen, um etwas weiterzubringen“, sagt Bräu. Die verbale Kommunikation ist dabei ein kleiner Teil der Arbeit – „Gestik und Mimik sagen viel mehr aus. Ich kann das Gleiche sagen, und es ganz unterschiedlich rüberbringen.“

eMail für dich

Wer das direkte Gespräch scheut, kann für den Anfang auch einen Brief oder eine eMail schreiben. „Direkte Kommunikation ist das Allerschwerste. Für Menschen, denen das schwer fällt, kann schon eine eMail ein riesiger Schritt sein. Letztendlich muss ich etwas von mir zeigen, mich verletzlich machen.“ Zwar fallen hierbei Mimik und direkte Reaktion weg, doch der andere hat dafür Zeit, über die Nachricht nachzudenken. „Manchen liegt das mehr.“
Letztendlich geht es Bräu darum, die Menschen zur Eigenverantwortung zu führen. „Sie müssen erkennen, dass sie selbst Bestandteil der Sexualität sind. Ich kann die Stellung A, B und C über mich ergehen lassen – da bleibt der Sex aber nur auf der Oberfläche. Ich muss mit der Kommunikation tiefer gehen, mehr von mir und meinen Bedürfnissen zeigen.“ Bräu vergleicht Sexualität gerne mit Essen. „Es fällt uns leichter zu sagen, dass das Salz im Essen fehlt als im Bett. Dabei kann ein 7-Gänge–Menü genauso gut sein wie ein Cheeseburger.“

Reden wir über Sex
Buchtipp:„Bettgeflüster. Die besten Kommunikationstipps für Paare“ von Andrea Bräu. Erschienen beim Verlag Südwest, 160 Seiten, 12,99 Euro

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