Schuld, Scham, Stress: So sehr hadern junge Frauen mit ihrer Sexualität
Mehr als Hälfte der jungen Australierinnen erlebt ihre Sexualität als belastend; eine von fünf Frauen leidet an einer sexuellen Funktionsstörung. Diese Erkenntnisse stehen im Zentrum einer neuen Studie der australischen Monash University.
Von einer sexuellen Funktionsstörung, auch funktionelle Sexualstörung genannt, ist die Rede, wenn individuelle Ansprüche an ein erfülltes Sexleben nicht erreichbar sind und die betroffene Person einen damit verbundenen Leidensdruck empfindet.
Die Erhebung, die im Fachblatt Fertility and Sterility veröffentlicht wurde, zeichnet erstmals ein umfassendes Bild des sexuellen Wohlbefindens australischer Frauen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren.
Schuldgefühle, Scham, Stress
Im Studienbericht halten die Forscherinnen und Forscher um Epidemiologin Susan Davis fest, dass 50,2 Prozent der jungen australischen Frauen negative Gefühle mit ihrer Sexualität verbinden. Darunter Schuldgefühle, Scham, Stress oder allgemeine Unzufriedenheit.
20,6 Prozent berichten in diesem Zusammenhang auch von einer sexuellen Funktionsstörung, die sich unter anderem durch einen Mangel an sexueller Lust und Erregung, Orgasmus-Schwierigkeiten oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr äußern kann. Bei den übrigen 29,6 Prozent der befragten Frauen wirkte sich die sexuelle Unzufriedenheit nicht unmittelbar negativ auf das Sexleben aus.
"Sexuelles Wohlbefinden wird als grundlegendes Menschenrecht anerkannt", bringt Susan Davis, leitende Autorin und Professorin für Frauengesundheit an der Monash University, die Relevanz der Studie auf den Punkt. "Es ist besorgniserregend, dass jede fünfte junge Frau an einer sexuellen Dysfunktion und die Hälfte aller Frauen in dieser Altersgruppe unter sexuellen Belastungen leidet. Das ist ein Weckruf an die Gesellschaft und zeigt, wie wichtig es ist, dass Menschen in Gesundheitsberufen offen und angemessen vorbereitet sind, um die sexuellen Gesundheitsprobleme junger Frauen zu besprechen."
Für die Erhebung wurden 6.986 Frauen im Alter von 18 bis 39 Jahren befragt, die in den australischen Bundesstaaten Victoria, New South Wales und Queensland leben. Alle Frauen füllten einen Fragebogen aus, der Aussagen zum sexuellen Wohlbefinden in Bezug auf Lust, Erregung, Orgasmus und Selbstbild enthielt.
Negatives Selbstbild
Insgesamt unterscheidet man vier Bereiche der weiblichen Sexualität in denen Beschwerden entstehen können: Lustlosigkeit, Erregungsstörung, Orgasmusstörung und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Deren Ursachen können gleichermaßen physischer und psychischer Natur sein. In der aktuellen Untersuchung war eine weibliche sexuelle Dysfunktion in den häufigsten Fällen auf ein niedriges Selbstwertgefühl und ein negatives Selbstbild zurückzuführen. Auch mit den Faktoren Gewicht, Partnerschaft, Ehe, Stillen und Antidepressiva offenbarte sich ein Zusammenhang. Kein Zusammenhang zeigte sich in Bezug auf die Einnahme der Antibabypille.
Ausgehend von den Erkenntnissen warnt Susan Davis, dass unbehandelte, sexuell bedingte persönliche Belastungen und Funktionsstörungen die Beziehungen von Frauen und deren allgemeine Lebensqualität beeinträchtigen können.
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