Weihnachten ganz ohne Geschenke also? Zugegeben, zwischen gehetzten Einkäufen in übervollen Geschäften, Einpack-Marathon und Bergen an Geschenkpapier erscheint die Idee, nichts schenken – und folglich auch nichts kaufen – zu müssen durchaus attraktiv.
Im Grunde widerspricht das Schenken ja auch der wirtschaftlichen Vernunft; rein rational betrachtet erleidet man dadurch nämlich einen Verlust. "Aus dieser Sicht ist es tatsächlich so, dass das Schenken per se nur dann sinnvoll ist, wenn man etwas Gleichwertiges zurückbekommt, das ökonomische Gleichgewicht also wiederhergestellt wird", weiß Ulrike Zartler, Soziologin an der Universität Wien. Gerade beim Schenken in der Familie sei diese Theorie aber nicht haltbar: "Wenn Kinder zum Beispiel etwas basteln, kann das den materiellen Wert der Geschenke der Eltern niemals aufwiegen. Hier zeigt sich sehr schön, dass der Mensch nicht nur ein rationales, sondern auch ein soziales Wesen ist."
Durchs Schenken drücke man in erster Linie Wertschätzung und Zuneigung dem Beschenkten gegenüber aus. "Das stärkt die soziale Beziehung." Speziell in engen Beziehungen sei die immaterielle Wertigkeit vorrangig.
Freude machen
Aber wie erklärt man Kindern, dass das Christkind keine Geschenke mehr bringt? "Bei kleinen Kindern würde ich eher davon abraten, die Geschenketradition einfach abzuschaffen. Sie können das noch nicht einordnen und verstehen", sagt Psychologin Natalia Ölsböck. "Ab einem bestimmten Alter, so etwa ab der Pubertät, kann man sich durchaus im Gespräch darüber austauschen, ob man als Familie entscheiden will, aufs Schenken zu verzichten."
Neben der Überlegung, ob man etwas schenkt, sei auch die Frage, was man schenkt, relevant: "Kindern sollte man nicht zu viel unter den Baum legen, um die fünf Packerl reichen aus", sagt Ölsböck. Auch beim Preis dürfen sich Eltern beschränken, "der Kreativität sind hingegen keine Grenzen gesetzt". Große Anschaffungen wie Smartphones oder eine neue Skiausrüstung würden den Rahmen zu Weihnachten sprengen: "Das sind notwendige Anschaffungen und eher keine Weihnachtsgeschenke."
Aus psychologischer Sicht seien Geschenke, die von Herzen kommen und die Interessen des Beschenkten treffen, wertvoller. "Wenn das Gegenüber merkt, dass ich mir Gedanken über seine Wünsche gemacht und zwischen den Zeilen gelesen habe, ist die emotionale Botschaft viel stärker, als wenn das Geschenk nur teuer war."
Auch das Thema Spenden hält Ölsböck in diesem Zusammenhang für wichtig: "Mit Kindern, aber auch mit dem Partner oder im Freundeskreis, kann man Weihnachten zum Anlass nehmen, auszusprechen, wie gut es uns geht und ob es nicht schön wäre, anderen, die nicht so viel haben, etwas abzugeben."
Ganz aufs Geben wird auch im Hause Schöneberger nicht verzichtet: "In meiner Familie spenden alle etwas. An Heiligabend zeigen wir uns dann gegenseitig feierlich die Kontoauszüge."
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