Simbabwe statt Südafrika: Renntauben fliegen wieder um die Wette

Der Orientierungssinn der Brieftauben ist immer noch nicht gänzlich erforscht.
Das "Pigeon Race" lockt mit Millionenpreisgeld. 40 Nationen starten an den Viktoriafällen mit ihren Turbovögeln.

Die "Rennpferde des Kleinen Mannes" sind wieder am Strat. Schon seit Wochen finden die Trainingsflüge über zunehmend größere Distanzen statt - diesmal sogar mit GPS-Tracker-Ringen an den Füßen der gefiederten Teilnehmer. Der Austragungsort für das "Million Dollar Pigeon Race" hat sich verlagert.

"Das größte Taubenrennen der Welt ist Vergangenheit - nun starten wir einen Nachfolger", sagt Charl Stander. Bei dem legendären Wettkampf in Südafrika hatte er zuletzt 2018 die Siegertaube gestellt. Nach dem durch Corona-Restriktionen befeuerten Aus gilt nun eine Veranstaltung an den weltberühmten Victoria-Wasserfällen als neues Mekka - 7.500 Tauben aus aller Welt wurden gemeldet fürs große, flatternde Stelldichein, es winken 1,25 Millionen US-Dollar, umgerechnet rund eine Million Euro, an Preisgeld.

Perfekte Orientierung auf weite Distanzen

Brieftauben sind in der Lage, von fast überall zum heimischen Schlag zu finden. Wissenschafter rätseln noch, ob Erdmagnetismus oder Sonneneinstrahlung da eine Rolle spielen. Halter züchten die Tiere speziell auf Leistung und bereiten sie auf eine Schnellflugkarriere vor.

Lukrative Ausbeute

Das Rennen in Südafrika galt bisher als wichtigster Wettbewerb für Brieftauben weltweit. Bei den zunehmend durch Tierschützer kritisierten Wettbewerben wird in zahlreichen Qualifizierungsrennen eine Auswahl getroffen - nur die leistungsstärksten Tiere gehen dann ins oft mehr als 540 Kilometer lange Finale. Was aus Sicht der Tierschützer an Ausbeutung grenzt, bei der viele Tauben verenden, ist hochlukrativ. Wer hier als Züchter die Nase vorne hatte, konnte bei den anschließenden Auktionen der Tiere mit hohen Erlösen punkten.

Neuer Austragungsort an den Viktoriafällen

Der Fokus hat sich jedoch erst einmal in Südafrikas Nachbarstaat Simbabwe verschoben, an dessen Grenzfluss Sambesi das "Victoria Falls Pigeon Race" zum fünften Mal ausgetragen wird. Ende Juli steht das große Finale mit der Sieger-Kür an. "Wir haben diesmal mit 848 Tauben ein großes Aufgebot aus Deutschland", sagt Renn-Begründer Geoff Armand. Kuwait und die USA stellen jedoch die meisten Tiere unter den Teilnehmern aus insgesamt 40 Nationen. Nachdem im Vorjahr Corona-bedingt keine Züchter anreisten, füllen sich die Lodges am Sambesi nun wieder. "Die internationalen Touristen kehren zurück - vor allem aus den USA und aus Nahost", sagt Armand.

Südafrika arbeitet an einem Nachfolge-Modell

In Südafrika wird inzwischen an einem neuen Wettbewerbs-Format gearbeitet, das die Welt der Taubenzüchter ab Juli kommenden Jahres auf den Kopf stellen soll: "Afrikapro" - ein Wettrennen, hinter dem auch Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa steckt. "Der GrandSlam des Tauben-Rennsports", heißt es in der Ankündigung vollmundig. "Ich denke, es wird das Großereignis der Branche schlechthin werden", sagt Organisator Willie Steenkamp mit Hinweis auf das neuartige Konzept.

Mehrere Etappen, Zeitrennen, Nationen-Cup

Renndirektor Hendrik von Wielligh ist auf Prestige aus und will auf Ramaphosas Wildtier-Farm Pahla-Pahla "den größten Taubenschlag der westlichen Welt" etablieren. Weniger Tauben sollen dort mehr Platz erhalten, und gestartet werden darf nur mit einem einzigen Team pro Teilnehmer. Analog zum Modell der Tour de France soll es ab dem 17. Juli 2022 mehrere Etappen sowie Zeitrennen, aber auch eine Art Nationen-Cup geben.

Auch in Teilen Europas beliebter Sport

Die Taubenzucht erfreut sich auch in mittel- und osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien oder Bulgarien großer Beliebtheit. In China sind Tauben Statussymbol und Geldanlage zugleich.

  • Durchschnittlich fliegt eine Renntaube zwischen 100 bis 120 Km/h schnell.
  • Die teuerste Renntaube der Welt kommt aus Belgien und heißt "Armando". Sie wurde um sagenhafte 1,34 Millionen Euro an einen Chinesen verkauft.
  • 1998 schenkte ein britischer Taubenzüchter seine Taube "Boomerang" einem Freund in Spanien. Das Tier flüchtete, flog die 1.200 Kilometer zurück zu seinem ehemaligen Besitzer - und wurde somit seinem Namen gerecht.

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