Schädlich: Wie wir uns vom Handy-Dauerkonsum lösen können

Schädlich: Wie wir uns vom Handy-Dauerkonsum lösen können
Nach der Isolation ist die Nutzungsdauer höher denn je – wie wir uns wieder davon lösen können.

Als im Frühjahr ein Land nach dem anderen dichtmachte, war das Smartphone für viele – vor allem Singles und abgeschirmte Senioren – plötzlich das einzige Tor zur Außenwelt: In der Isolation wurde geskypt, gepostet und gechattet, was das Zeug hält (siehe re.), Social Apps wie Zoom oder TikTok brachen Download-Rekorde. Zwischen virtuellem Meeting-Marathon, Nachrichten-Flut und Netflix-Abenden reduzierte sich die Offline-Zeit in den meisten Haushalten auf ein Minimum.

Dabei „klebten“ die Menschen schon vor Corona im Schnitt 3,1 Stunden pro Tag am Smartphone, wie ein aktueller Report der Analyseplattform App Annie zeigt. Während der Pandemie stieg die Smartphone-Nutzung weltweit noch einmal kräftig an, in stark betroffenen Ländern wie Italien oder China sogar um bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Jahr davor.

Schädlich für Körper und Geist

Für viele ein wirksames Mittel gegen Einsamkeit, doch die Schattenseiten des exzessiven App-Konsums ließen nicht lange auf sich warten: So warnten bereits im Mai Optiker und Augenärzte vor bleibenden Seh-Schäden. (Tatsächlich berichteten in einer US-Umfrage etwa die Hälfte der Teilnehmer von zunehmend trockenen Augen, ausgelöst durch die extrem angestiegene Screen-Zeit.)

Auch der sogenannte „Handynacken“, Verspannungen der Nackenmuskulatur durch das ständige Schielen auf das Handy, ist eine der vielen Begleiterscheinungen.

Internet-Fasten

Kurz: Jetzt, im Sommer, wäre es an der Zeit, wieder etwas abzuschalten, den Blick in die Ferne und auf das Wesentliche zu richten.

„Durch die Covid-19-Pandemie haben wir die Digitalisierung im Schnellverfahren durchlebt und beide Seiten der Medaille gespürt“, analysiert Monika Schmiderer, Expertin für Digital Detox und Autorin des Bestseller-Buches „Switch off und hol dir dein Leben zurück“.

In ihren Seminaren lernen gestresste Dauer-Surfer, den Smartphone-Konsum auf ein gesundes Maß zu beschränken. „Wenn wir wissen, dass heute 80 Prozent der Menschen in der ersten Minute nach dem Aufwachen online gehen und auf Social Media aktiv werden, wissen wir auch, dass unser Medienkonsum unser Leben konsumiert“, sagt Schmiderer. „Heute ist es wichtiger denn je, einen Weg für sich zu finden, nicht im digitalen Dauerlaufen auszubrennen.“

Der Sommer eignet sich dafür besonders gut: Wer es zu Hause nicht schafft, dem bleibt immer noch die Möglichkeit, sich in einem Digital-Detox-Camp selbst auszutricksen.

Toxische Gewohnheiten hinterfragen

Nach dem Lockdown gehen die Buchungsanfragen wieder in die Höhe, heißt es etwa aus dem Schlosshotel Fiss, das eine digitale Auszeit in den Tiroler Bergen mit geführten Meditationen und Vorträgen anbietet. Auch für Schüler gibt es während der Sommerferien spezielle Offline-Angebote: Im „Roots-Camp“ (www.rootscamp.at) etwa sind Strom, Uhr und Smartphone streng verboten, stattdessen wird gezeltet und am Lagerfeuer gegrillt. Ein Sommer, so analog wie damals.

Gerade Jugendliche leiden nach den vergangenen Monaten am übermäßigen Social-Media-Konsum: „Soziale Medien sind Vergleichsmaschinen. Der tägliche Kampf um virtuelle Anerkennung, ums Gesehen- und Geliked-Werden, schwächt unseren Selbstwert nachweislich.“

Jetzt sei es daher an der Zeit, toxische Gewohnheiten zu hinterfragen. Die gute Nachricht: „Studien zeigen, dass bereits eine einwöchige Auszeit von Social Media ausreicht, um das Wohlbefinden wieder zu erhöhen.“

3,1Stunden pro Tag verbringen Smartphone-Besitzer durchschnittlich in mobilen Apps, zeigt ein neuer Report der Analyseplattform App Annie. Das entspricht etwa einem Viertel ihres Wach-Seins.

40Prozent häufiger als im Jahr zuvor waren Smartphone-Besitzer während der Corona-Zeit online

87 Millionen Mal wurde die Video-App TikTok alleine im Juni heruntergeladen. Der durchschnittliche TikTok-User ist zwischen 16 und 24 Jahre alt und hält sich 46 Minuten pro Tag dort auf.

111Millionen Nutzer gewann die Foto-App Instagram zwischen März und Juni 2020 dazu.

250Tausend Österreicher sind internet- und onlinespielsüchtig.

 

 

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