Regnet es mehr, wenn weniger Flugzeuge in der Luft sind?
Wer mit Bauern und Winzern über das schlechte Wetter im Frühjahr spricht, der hört von manchem gleich die Begründung für die lang anhaltende Regenperiode: „Weil weniger Flugzeuge am Himmel sind, regnet es heuer so viel.“ Doch stimmt das? Oder ist das nur eine moderne Bauernregel, die auf Erfahrung, aber nicht auf Wissenschaft beruht?
Eigene Regeln
Der Meteorologe Nikolas Zimmermann von Ubimet hat hierauf eine klare Antwort: „Nein, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“ Dennoch wundert es ihn wenig, dass manche Bauern, die ständig im Freien sind und den Himmel beobachten können, auf solche Schlüsse kommen: „Wir erleben es in der Praxis häufig, dass sich Menschen ihre eigenen Regeln machen, die auch hin und wieder zutreffen, aber eben keine wissenschaftlich exakte Basis haben.“
Ein Grund für das aufkommende Gerücht mit den Flugzeugen, die das Wetter beeinflussen, könnten Meldungen vom vergangenen Frühjahr sein. Da hat es geheißen, dass die Prognosequalität der Wettermodelle abgenommen habe, weil die Flugzeuge keine Daten liefern: „Doch bald hat man gemerkt, dass die Satelliten mittlerweile genügend Daten zur Verfügung stellen können“, erläutert Zimmermann.
Frühling 2020
Und er erinnert an den Frühling 2020: „Als im März und April im härtesten Lockdown fast kein Flugzeug in der Luft war, war das Wetter durchgängig gut.“
Übrigens: „Auch Kondensstreifen von Flugzeugen beeinflussen das tägliche Wetter nicht, wenn man davon absieht, dass diese an manchen Tagen vom Wind verweht werden und den Himmel mit dünnen Zirruswolken verschleiern können“, sagt der Wetterexperte.
Treibhauseffekt
Auf das tägliche Wetter haben diese künstlichen Wolken nahezu keine Auswirkungen. „Allerdings untersuchen Forscher seit vielen Jahren, ob diese Wolken Einfluss auf die Strahlungsbilanz der Atmosphäre und damit auf das Klima haben. Die zentrale Frage ist hierbei, ob die Kondensstreifen wie ein Glasdach den Treibhauseffekt leicht verstärken, oder ob sie die eintreffende Solarstrahlung wie ein Spiegel reflektieren“, erklärt Zimmermann.
Aufgrund mehrerer Studien geht der Weltklimarat IPCC davon aus, dass insgesamt der erste Faktor überwiegt, also dass Zirruswolken mehr dazu beitragen, dass sich die Erde erwärmt, als dass sie sich abkühlt.
Bockierte Wetterlage
Doch warum war es dann in Österreich und weiten Teilen Europas im heurigen Frühjahr so lange kalt und regnerisch? Das hat laut Zimmermann einen anderen Grund: „Wir sprechen hier von einer blockierten Wetterlage: Über Wochen hinweg blieb das Tiefdruckgebiet in unseren Breiten, während weiter östlich, etwa in Sibirien, ein Hochdruckgebiet dominierte.“
Gibt es einen Grund dafür, dass es in letzter Zeit häufiger solche blockierten Wetterlagen gibt? „Solche Phänomene gab es schon immer – auch vor der Industrialisierung. Ob es sie aufgrund des Klimawandels häufiger gibt, das ist in der Wissenschaft derzeit noch nicht ganz klar“, gibt der Meteorologe zu. „Hier ist die Studienlage nicht eindeutig.“ Was aber sicher ist: „Blockierte Wetterlagen führen aufgrund des Klimawandels heutzutage rascher zu extremeren Wetterereignissen. Bei einem Dauer-Hoch haben wir schneller eine Dürre- und Hitzeperiode. Ein längeres Tief führt schneller zu Starkregen.“
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