Die Rolle der Papas hat sich geändert. Warum prominente Vorbilder öffentlich zeigen, wie sie in der Beziehung zu ihren Kindern aufgehen, und wieso gerade das so wichtig ist.
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Sitzt mit der Tochter am Babytisch und genießt imaginären Lindenblütentee. Lässt sich von seinem süßen Fratz seelenruhig das Gesicht mit Deckfarben anmalen, und, um Gottes Willen, trägt sein Kleinkind im Kleinkindertragegurt am Körper, ohne Angst zu haben, dass ihm davon Brüste wachsen!
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Sanft ist das neue Stark. Und es sind gerade Hollywoods Action-Superstars, die uns das vor Augen führen: Dwayne „The Rock“ Johnson, Chris „Thor“ Hemsworth, Hugh „Wolferine“ Jackman, dazu „Männersport“-Helden wie Basketballer LeBron James, Steph Curry oder der kürzlich verstorbene Kobe Bryant, der jede freie Minute mit seinen vier Töchtern verbrachte und schließlich mit einer von ihnen, der zweitältesten Gianna, auf dem Weg zu einem Basketballspiel mit dem Hubschrauber abstürzte.
Keine Pantoffelhelden
Alles keine Wappler jedenfalls, so viel steht fest. Beinahe erstaunlich, diese Seite von derart harten Jungs zu sehen. „Viele sogenannte männliche und weibliche Eigenschaften werden uns von außen, von der Gesellschaft, zugeschrieben“, erklärt Paar- und Sexualberaterin Barbara Zuschnig. Und diese Zuschreibungen, wie oft sie auch für „überwunden“ erklärt werden, erweisen sich als ausgesprochen hartnäckig. Mann tut eben gewisse Dinge – und andere nicht.
Im Sitzen pinkeln? Gott bewahre! Über persönliche Dinge sprechen? Brrrr – bäh! Zuhören, nachgeben, verzeihen, Dinge einfach zulassen? „Für viele Männer ist das noch immer schwierig. Aber in der Beziehung mit Kindern muss man diese empathische Beziehungsarbeit leisten, Kinder machen einen ,weich’. Und bei manchen Männern führt das dazu, dass sie beginnen, ihre Männlichkeit in Frage zu stellen. Bin ich noch attraktiv? Bin ich noch ein Mann?“, sagt Barbara Zuschnig.
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Diese Verunsicherung kommt aber nicht daher, dass man „unmännliche“ Dinge tut, sondern dass von verschiedenen Seiten Einfluss genommen wird. „Mah, der steht ja so unterm Pantoffel!“, „Mit dem ist ja gar nichts mehr los!“, „So ein Softie!“. Aber auch ganz ohne gute Freunde und Kollegen kann's einem passieren, dass man sich mit dem allseits suggerierten „Idealbild“ eines Mannes vergleicht, dem Helden aus Film und TV, dem idealtypischen Draufgänger, entschlossen, hart, rücksichtslos – und erkennt, dass man mit ihm nicht mehr sehr viel gemein hat. Statt sich über diesen Fortschritt zu freuen, rutscht da so mancher in eine veritable Krise.
Hat Matthew McConaughey Angst, seine Freunde könnten glauben, dass er unterm Pantoffel steht, weil er viel Zeit mit der Familie verbringt? Sicher nicht.
Typisch Bub, typisch Papa
„Buben sind sportlich, wild, abenteuerlustig, fokussiert, fordernd – Mädchen kompromissbereit, sanft, anpassungsfähig ... Dass uns diese Eigenschaften von Kind an zugeschrieben werden, macht uns früher oder später Probleme“, erklärt die Expertin, die in ihrer Wiener Praxis mit vielen Männern arbeitet, die genau darunter leiden. Sie sind verunsichert, haben Angst, den Ansprüchen, ein „echter Mann“ zu sein, nicht gerecht werden zu können. „Davon müssen wir weg“, fährt Barbara Zuschnig fort, „denn jeder Mensch hat all diese Eigenschaften mehr oder weniger stark ausgeprägt in sich. Wir sollten weniger Energie aufwenden, um sie als männlich und weiblich einzuordnen, sondern lieber versuchen, all unsere Talente auch zu nutzen. Die Begriffe männlich und weiblich als konstruktive Polarität betrachten – und beide Energien zuzulassen, sich also erlauben, ein ganzer Mensch zu sein.“
Herausforderungen sind da, um angenommen zu werden. Ben "Batman" Affleck mit Töchtern Violet und Seraphina.
Eine neue Herausforderung für uns. Früher hatte „Papa sein“ ja vor allem eine wichtige Regel: Möglichst wenig da sein. Das brachte Mama in die Situation, den Vater bei Bedarf als eine Art Krampus einzusetzen: „Soll ich das dem Papa erzählen?“ und „Wart nur, bis der Papa kommt!“ sind Klassiker. Tat man doch mal was mit dem Kleinkindnachwuchs, warf man ihn forsch hoch in die Luft und fing ihn wieder auf, am besten vor Publikum, damit alle sahen, was für ein toller, starker Papa man ist. Wusste man nicht mehr weiter oder das Kleine fing an zu weinen, konnte man immer noch genervt „Schatz!“ rufen und es der Mama unter die Nase halten.
Arnold Schwarzenegger schneidet seinem Sohn Patrick die Haare. Schon dessen ganzes Leben lang. Zuwendung mit Tradition.
Aber Herausforderungen sind doch genau das, was wir suchen, oder? Dass uns gerade in dieser Hinsicht die Role-Models weitgehend fehlen, brachte den legendären dänischen Familientherapeuten Jesper Juul dazu, Männer als Amateure zu bezeichnen, wenn’s um Kinderbetreuung geht. Tatsächlich fehlen Vorbilder, denn der „abwesende Vater“ ist ein Jahrtausende altes Traditionsmodel. Umso besser also, dass es diese Bilder der sanften Actionhelden mit ihren süßen kleinen Kindern gibt. Weil’s eben tatsächlich so ist: Nur wirklich starke Männer können auch mal sanft und schwach sein.
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