Lernen für den Nachzipf: „Bloß nicht zu viel Druck machen“
Wenn Kinder und Jugendliche immer schlechtere Noten nach Hause bringen, suchen einige Rat bei Elisabeth Morbitzer. Sie ist klinische Psychologin und hat eine Praxis in Leonding (OÖ). „In der Pandemie haben einige den Anschluss in der Schule verpasst. Mit dem Leistungsabfall sind dann oft auch Versagensängste verbunden.“
Der Gedanke, dass die Sommerferien jetzt schon zur Hälfte vorbei sind, bereitet so manchem jungen Menschen Bauchschmerzen. „Wer seine Tochter oder seinen Sohn gut auf die Schule vorbereiten will, sollte jetzt besonders darauf achten, dass er so viel Normalität wie möglich in den Alltag der Kinder bringt“, ist Morbitzer überzeugt.
Sport und Freude
Was Kinder jetzt brauchen: „Sie sollen ihren eigenen Körper erfahren, indem sie zum Beispiel Sport machen, und sie sollen soziale Kontakte pflegen, also ihre Freunde im realen Leben treffen – und nicht nur im Internet.“ So können sie den Stress der vergangenen Monate am besten abbauen.
Das Zeugnis sei nach so vielen Monaten der Isolation zweitrangig: „Dem Kind zu viel Druck zu machen, ist derzeit kein guter Rat“, gibt Morbitzer zu bedenken. „Kinder und Jugendliche sind durch die Situation ohnehin massiv belastet. Das darf natürlich nicht als Argument dafür herhalten, dass Schüler bummeln dürfen – doch davon sind die meisten eh meilenweit entfernt.“
Ursachenforschung
Ob man das Kind zur Nachprüfung antreten lassen soll, hängt auch immer damit zusammen, was die Ursache für den Leistungsabfall ist: Hat der Schüler oder die Schülerin nur Schwächen in einem Fach, sollten sie auf jeden Fall versuchen, den Fünfer auszubügeln – auch wenn man heuer mit einem Fünfer automatisch aufsteigt, falls man in dem Fach im Vorjahr positiv war. Wer den Stoff nämlich bei der Vorbereitung wiederholt, startet souveräner ins neue Schuljahr und muss im kommenden Jahr nicht bangen, wenn er wieder einen Fünfer hat.
Dort, wo die Defizite besonders groß sind, sollte man einen Gang zurückschalten: „Dann ist es vielleicht die bessere Lösung, dass das Kind das Schuljahr wiederholt.“ Keine leichte Entscheidung, weiß Morbitzer: „Wenn Sie unsicher sind, scheuen Sie sich nicht, frühzeitig Experten zurate zu ziehen.“
Lustlos
Ein verlorenes Jahr ist jedenfalls nicht so schlimm, wie wenn das Kind die Lust am Lernen völlig verliert. Ist das passiert, sollte man nach dem Warum fragen. „Kein Kind ist gerne lustlos und erfolglos“, so die Psychologin. „Stellen Sie das bei ihrem Kind fest, dann zeigen Sie Verständnis, geben Sie ihm Struktur, Sicherheit und Liebe – der beste Nährboden dafür, dass Interesse an Neuem geweckt wird.“ Und Eltern sollten sich in die Lage des Kindes versetzen. „Stellen Sie sich die Frage: Wie hätte ich mich als Jugendlicher in der Pandemie gefühlt?“
Wie man sich jetzt auf den Nachzipf vorbereitet
Die Ferien haben die Schülerinnen und Schüler heute besonders benötigt. Doch spätestens nach der Hälfte der Ferien sollten diejenigen, die noch eine Wiederholungsprüfung haben, mit dem Lernen beginnen.
Wer weiß, dass er bzw. sein Kind nicht gerne alleine lernt, der sollte sich von vornherein Unterstützung holen – sei es von Verwandten, Mitschülerinnen und Mitschülern oder von Profis wie Nachhilfeinstituten. Am besten ist, wenn man sich von einem Klassenkameraden, der ein gutes Zeugnis hatte, die Unterlagen borgt: Oft sind nämlich mangelhafte Mitschriften Ursache für die schlechte Noten.
Wer Unterstützung braucht, kann auch auf Gratis-Nachhilfe zurückgreifen (weiterlernen.at). Im Netz findet man zudem viele Erklärvideos – auch von österreichischen Lehrpersonen.
Wichtig für den Erfolg ist die richtige Planung. Heißt: Bevor man startet, sichtet man den Stoff und schaut, wie viel man lernen muss. Dann teilt man sich alles in Kapitel ein und schreibt in den Kalender, wann man welchen Abschnitt lernt.
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