Ganz harmlos ist der Brauch um den dunklen Gesellen nicht. Wie man mit Ängsten umgeht und was im Ernstfall zu tun ist
"Das Gruseln und der Reiz daran gehören zum Krampusbrauchtum dazu", sagt Andrea Hammerer, Klinische Psychologin und Psychotherapeutin. "Und das Böse hat natürlich eine spezielle Anziehungskraft, besonders dann, wenn das Gute – in diesem Fall der fromme Nikolo – am Ende siegt, wie wir es etwa auch aus Märchen oder Krimis kennen."
Reiz hin oder her: Viele Menschen verfallen Ende November, wenn vielerorts die ersten Krampusse laut durch die Straßen ziehen, in regelrechte Panik. "Ich höre immer wieder von etlichen Patientinnen und Patienten, dass sie sich nicht mal mehr vor die Haustür, geschweige denn zur Busstation trauen", sagt Hammerer, die in Salzburg seit sieben Jahren Anti-Krampusangst-Seminare organisiert. Mithilfe lokaler Krampusvereine wird versucht, Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch Konfrontation mit verkleideten Kramperln die Angst zu nehmen.
Sich Ängsten stellen
Wenn sich jemand vor Krampussen fürchtet, sei diese Angst jedenfalls ernst zu nehmen. "Wird sie irrational, entsteht aus ihr aber eine Einschränkung", sagt Hammerer. Letzteres habe "in den meisten Fällen nicht mit traumatischen Kindheitserinnerungen, sondern mit dauerhafter Vermeidung zu tun". Viele Betroffene wollten vielleicht bereits des Öfteren einen Krampuslauf besuchen, sind dann aber aus Panik weggelaufen und haben sich nie bis zum Ende der Situation gestellt. "Damit konnten sie auch keine positiven Erfahrungswerte sammeln." Betroffenen rät die Angsttherapeutin, das Spektakel aus der zweiten oder dritten Reihe zu beobachten und auf sich wirken zu lassen.
Erleben lassen
Als Erziehungsmaßnahme sollten Besuche vom Krampus keinesfalls eingesetzt werden. Experten haben jedoch Zweifel, ob es sinnvoll ist, den Krampus als Gegenspieler zum gütigen Nikolaus zu verbannen. "Grundsätzlich gehört der Krampus ein Stück weit zu unserer Kultur dazu. Ich empfehle daher, Kinder nicht künstlich von Krampusläufen fernzuhalten." In gesunden Dosen und aus der Distanz könne man Kinder ohne Bedenken erfahren lassen, dass keine ernste Gefahr droht. "Als gruselige Gestalt kann der Krampus sogar gute Dienste leisten, wenn es darum geht, Kindern einen gesunden Umgang mit ihren Ängsten beizubringen."
Im Ernstfall
Wenn Fälle von Körperverletzung und Sachbeschädigung bekannt werden, bekommen Krampusläufe einen bitteren Beigeschmack. Wichtig zu wissen: Auch für Krampusse und Perchten gilt das Gesetz. Straftaten jeglicher Art, ob Körperverletzung oder Sachbeschädigung, die zur Anzeige gebracht werden, werden strafrechtlich verfolgt. Wer eine Attacke erlebt oder bei anderen beobachtet, sollte den Angriff, genauso wie jede andere Straftat, umgehend der Polizei melden.
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