Männer lieben Frauen, Frauen lieben Männer, daneben gab in der Welt der Superhelden bisher nichts. Doch dieses Bild bekommt zunehmend Risse, und diese sind auch gewollt. In der US-Comicszene scheint man nämlich darum bemüht, verschiedene sexuelle Identitäten abzubilden.
Das geschieht jetzt sogar im wohl berühmtesten Helden-Comic: Jon Kent, Sohn von Superman, verliebt sich in der neuesten Ausgabe „Son of Kal-El“ in den Reporter Jay Nakamura, den er noch vom College kennt. Vor Kurzem trat schon in einer anderen Reihe – Aquaman – ein schwarzer, schwuler Held auf, während sich Batmans Assistent Robin kürzlich als bisexuell outete.
Jeder braucht Helden
Der DC-Verlag hat den Tag, an dem er die sexuelle Identität von Superman junior verkündete, gut gewählt – der 11. Oktober ist nämlich der Coming-out-Tag. Autor Tom Taylor erläutert den Schritt so: „Ich habe immer gesagt, dass jeder Helden braucht und dass jeder es verdient, sich in seinen Helden zu sehen.“ Er sei dem DC-Verlag und Warner Bros. dankbar, dass sie diese Idee teilen.
Und er fügt hinzu: „Das Symbol von Superman stand schon immer für Hoffnung, Wahrheit und Gerechtigkeit – heute steht es für etwas mehr, denn heute können sich mehr Menschen in dem mächtigsten Superhelden der Comics wiedererkennen.“
Diesem Befund kann Stefanie Rappersberger viel abgewinnen – sie ist Psychologin, Sexualpädagogin und Lehrgangsleiterin bei der Gesellschaft für Sexualwissenschaften (ÖGS).
„Mit solchen Bildern wird Vielfalt sichtbar gemacht – insbesondere bisexuelle Menschen wurden bisher von der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen. Und das, obwohl sie außerhalb der heterosexuellen Menschen einen der größten Anteile in der Gesellschaft ausmachen“, weiß die Psychologin.
Hetero oder homo
Das habe auch damit zu tun, dass sie von ihrer Umgebung entweder als hetero- oder als homosexuell wahrgenommen werden – abhängig davon, ob sie derzeit gerade mit einem Mann oder einer Frau zusammen sind.
„Bisexuelle Menschen sind besonders oft von Diskriminierung betroffen und haben nur wenige Ansprechpersonen, mit denen sie über ihre sexuelle Orientierung reden können. Ihre Umwelt betrachtet das entweder als Phase oder ist der Meinung, dass Bisexuelle sich nicht festlegen wollen“, sagt Rappersberger.
Viele tun sich solche Diskussionen dann erst gar nicht an und verzichten auf ein Outing. „Sie verbleiben in ihrer hetero- oder auch homosexuellen Beziehung und belassen es dabei. Daneben gibt es auch Menschen, bei denen sich die sexuelle Orientierung im Laufe ihres Lebens verändert. Dass man sich als schwul oder als bi offenbart, kann für einige zwar eine Erleichterung sein, für andere ist es hingegen einschränkend, weil sie sich damit festlegen, was sie aber nicht wollen“, erklärt die Sexualpädagogin.
Ein langer Prozess
Ein Coming-out kann für die Betroffenen – nicht nur für Bisexuelle, sondern auch für Homosexuelle oder Transmenschen – eine schwierige Phase und ein sehr langer Prozess sein. „Welcher Kraftakt so ein Outing für manche ist, darüber machen sie heterosexuelle Menschen oft gar keine Vorstellungen“, meint Rappersberger. Hilfe gibt es bei den „Courage“-Beratungsstellen.
Manche Menschen würden ihre sexuelle Orientierung immer für sich behalten, „weil sie wissen, dass ihre Familienmitglieder oder auch das Umfeld sich damit schwer tun“, weiß die Psychologin. Einige offenbaren sich nur ihren engsten Freunden und Verwandten, andere gehen damit ganz offen um.
Gute Nachrichten
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Es gebe immer mehr geglückte Outings – wie das auch bei Superman junior der Fall ist. Figuren wie er tragen zur Akzeptanz von Bisexualität in der Gesellschaft bei.
Die Angst von Eltern, dass ihre Kinder schwul, bisexuell oder eben anders sein könnten, weil sie diesen Menschen in Filmen, Büchern oder in der Realität begegnen, ist laut Rappersberger unbegründet. „Menschen werden nicht homosexuell, nur weil sie davon hören. Sie fühlen sich höchstens in ihrer eigenen Identität bestätigt. Man ist eben schwul oder man ist es nicht.“ Junge Menschen können also getrost weiterhin ihren „Superman“ lesen.
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