Afrika-Feeling in Mörbisch: So wohnt Sänger Waterloo
Man kann nicht behaupten, der Mann wäre ein Stubenhocker. Vielgereist ist er, die ganze Welt hat er gesehen, und dabei immer ein Lied auf den Lippen gehabt. Nach Mexiko, Syrien, Kenia, Tansania, Ägypten und an viele andere exotische Plätze haben ihn seine Reisen geführt, weit, weit weg von zuhaus’. Doch eben das braucht ein lebenslustiger Abenteurer auch, irgendwann zumindest: ein Zuhause. Und zwar eines, in dem er sich bedingungslos gut aufgehoben fühlt. In Mörbisch am See im Burgenland hat der Sänger Hans Kreuzmayr, besser bekannt als Waterloo, es gefunden.
„Schon in der ersten Nacht, in der wir hier geschlafen haben, ging es uns so, als würden wir bereits seit 20 Jahren hier wohnen – so wohl haben wir uns auf Anhieb gefühlt“, erzählt er. Wir sitzen mit ihm und seiner Frau Andrea auf der von Pampas-Gras und einem Olivenbaum umgebenen Terrasse. Hund Maxi ist uns zur Begrüßung gleich freudig bellend entgegengelaufen. Andrea hat soeben ein Blech mit Blätterteigtascherln mit Marmelade in den Backofen geschoben. Vor uns liegt ein Garten, in dessen Rasenmitte eine stattliche Spielwiese in Form eines Dreiecks wuchernd belassen wurde, für wild wachsende Blumen, Bienen und Insekten aller Art. Der Blick in die Ferne ist atemberaubend und entschleunigend zugleich: Der Neusiedler See nimmt, idyllisch wie episch, das gesamte Sichtfeld ein, links wie rechts, und natürlich gen Horizont. Die Lage, das Haus, der Garten – es ist ein Domizil, genau wie es Waterloo gesucht hat. Und zwar lange.
„Fühlen uns hier wie in Afrika“
Das fünfte Haus ist es für den Sänger mit der prägnanten Haarmähne, aus der vorne ein weiß gefärbter Streifen hervorsticht. Mit der dritten Frau. Seit 19 Jahren ist er mit Andrea verheiratet und beide wurden in ihrer alten Heimstatt, in einem vom gelernten Tischler selbst gebauten Holzhaus in Schleißheim bei Wels, ihres Lebens nicht mehr froh. Das dauerhaft schlechte Wetter schlug auf die Stimmung – sie wollten weg, auf die Sonnenseite des Lebens. Das Nordburgenland bietet das. Und ist so etwas wie Heimat für seine Frau, die früher in Mattersburg gearbeitet hat. Fieberhaft wurde jahrelang gesucht, doch nichts gefunden. Bis sie beim Spazierenfahren mit dem Auto auf dieses Juwel stießen. Liebe auf den ersten Blick. „Wir fühlen uns hier wie in einer verkleinerten Version von Afrika“, sagt Waterloo. Die Landschaft, der Blick auf den See weckt in ihm Erinnerungen an seine vielen Reisen, besonders in ostafrikanische Staaten wie Kenia oder Tansania ist bei seinen beinahe dreißig Besuchen eine große Liebe entstanden. Der Wohlfühlfaktor in Mörbisch liegt für das Paar allerdings nicht allein in der Schönheit der Natur begründet.
Da ist noch etwas anderes, immens Wichtiges. „Es ist der burgenländische Spirit, der mich glücklich macht“, schwärmt Waterloo. „Die Herzlichkeit der Menschen ist einzigartig. Die Liebe, die ich hier spüre, ist mir sonst nur von den Fans meiner Musik bekannt.“ Auch die Geradlinigkeit des burgenländischen Menschenschlags schätzt er zutiefst. Hier sagt man, wie’s ist – ganz nach seinem Geschmack. „Ich bin ein Kind dieser Welt“, so Waterloo, „und ich habe viele Platzerln davon gesehen. Egal, wo man hinkommt, es ist immer das Gleiche: Überall gibt es viele tolle Menschen, und überall gibt’s viele Trotteln. Hier aber ist Neid ein Fremdwort. Die Leute sagen geradeheraus, was sie von dir wollen und was sie von dir halten – und das taugt mir.“
Sagt’s, steht auf, knöpft sich das Hemd auf und singt den Baggerfahrern, die beim Nachbarn gerade lärmend Erde verladen, spontan ein Ständchen: seinen Hit „My Little World“, mit dem er als Teil des Duos Waterloo & Robinson 1976 zum Eurovision Song Contest angetreten ist. „All I want it’s the simple life“ schmettert er den letzten Teil des Refrains in Richtung des ungewohnten Publikums. Vom Gartenzaun her ertönt Applaus – auch für die improvisierte letzte Zeile: „Und i g’frei mi schon, wenn’s fertig sad’s!“
Glorreich: Waterloo mit seinen Goldenen Schallplatten
Gemütlich: Im Wohnzimmer der Familie
Musikzimmer: Hier komponiert der Sänger
Mahlzeit: An diesem Tisch tafelt die Familie
Häuptlinge unter sich: Waterloo mit Holz-Irokese und Winnetou als Glasmalerei
Willkommen! Waterloo in seinem Garten in Mörbisch am See
Idyllisch: Die Wand hinterm Gartenpavillon hat Waterloos Frau Andrea bemalt
Malerisch: Waterloos Frau Andrea und ihr Wandgemälde
Erinnerungen: Im Wohnzimmer ruht Winnetous Silberbüchse
Den imposanten Gong hat Waterloo von einer Afrika-Reise mitgebracht
Im LP-Schrank: ein für Waterloo signiertes Udo-Jürgens-Album
Genuss: Zu Mittag gönnt sich der Sänger gern eine Zigarre
Kostprobe: Trauben vom benachbarten Winzer
Winnetous Silberbüchse
Im Inneren des 140 Quadratmeter großen Hauses umgibt sich Waterloo gerne mit Erinnerungen an Reisen – die Vorhänge im Wohnzimmer sind aus Madagaskar, der Teppich aus Damaskus –, und berufliche Erfolge. Auf einer Kommode ruht Winnetous Silberbüchse, mit ihr in der Hand gab er bei den Karl-May-Festspielen in Winzendorf den Apachenhäuptling. Hier lernte er einst auch seine Andrea kennen. Zudem lassen sich eine Friedenspfeife, eine Indianerskulptur und das Originalgewand seiner Rolle als Winnetou hier entdecken. Der erste Stock dagegen wartet mit afrikanischen Stilelementen auf. Ein Originalschild der Massai aus Kenia etwa, oder eine Büste und Masken an der Wand, die ihnen die Erlebnisse früherer Safaris erneut bildhaft werden lässt.
Ebenfalls hier: eine Trophäenwand. Hier glänzen die Goldenen Schallplatten, die Waterloo in seiner Karriere verliehen bekam, darunter für das herzzerreißende „Hollywood“ – den Hit, den er gemeinsam mit Robinson landete und der um die Welt ging. Nicht die einzigen Meilensteine, die der Sänger gesammelt hat: Die Devotionalien im Musikzimmer im Untergeschoß dürften die Herzen von Waterloo-Fans höherschlagen lassen: Hier lässt sich etwa das Band von seiner unveröffentlichten Aufnahme mit Country-Legende Willie Nelson finden, vor allem aber zieht er sich zum Musizieren und Komponieren hierher zurück. Sound on!
Ein besonderer Geburtstag naht
Bleibt bloß noch eine Frage: Wie schafft es Waterloo, so vital und jugendlich zu bleiben? Liegt es daran, dass er sich vorwiegend vegetarisch ernährt (Fisch ist erlaubt), hauptsächlich Wasser und guten Wein trinkt und sich keinen Genuss verbietet? Vor allem liegt die Antwort aber wohl in seiner Leidenschaft fürs Leben begründet. Der Musiker sprüht vor Energie und ist ein Kraftfeld unverstellter, herzlicher Lebensfreude.
Dieses Jahr im November feiert er seinen 75. Geburtstag. Ob er den schönen Anlass denn groß feiern wird? Waterloo winkt ab. Bis auf eine kleine Schifffahrt über den Neusiedler See ist nichts Spektakuläres vorgesehen. „Wir feiern ohnehin jeden Tag“, sagt er mit einem Blick zu seiner Frau, „denn was morgen ist, weiß man nicht“. Der Mann ist mit sich im Reinen. „Sollte es eine höhere Macht geben und ich darf wieder auf die Welt kommen, habe ich bloß einen Wunsch: Bitte lass mich dasselbe Leben ein zweites Mal leben.“
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