Sie kennen das: Das Stanitzel (auf dem bereits die ersten Tropfen Malaga Richtung Waffelspitze kullern, was Sie zu panischem Schlecken animiert) in der einen Hand, fischen Sie sich mit der anderen – währenddessen Sie bezahlen – mit zwei abgespreizten Fingern winzige Servietten aus dem Spender auf der Budel. Doch hilfreich sind die nicht. Stattdessen schrecklich hart, eine Anmaßung zwischen Schmirgelpapier und Pergament, dünn noch dazu, ihre Saugkraft: null.
Mund abwischen? Möglich, aber sinnlos. Während Stoff Flüssigkeit aufnimmt, ist mit dem Fetzerl bloß Verreiben möglich. Ob im Gesicht oder am Gewand: Man vergrößert das Problem. Bei uns, aber vor allem bei Kindern, die beim freudigen Eisschlecken wenig Disziplin zeigen – an ihren verschmierten Gesichtern ist die halbe Eiskarte ablesbar. Wollen die uns papierln?
Alles Tradition
Die Antwort ist: nein. Wie so manches, das überholt ist, steckt eine gewisse Tradition dahinter. Ursprünglich wurden die Papierchen in Italien verwendet, damit der Eisverkäufer das Stanitzel nicht mit der Hand berührt. Ihr Zweck war also ein hygienischer – und nicht, sich Mund oder Finger abzuwischen.
Silvio Molin-Pradel sieht die Situation gelassen. Ihm gehört der Eissalon-Schwedenplatz in Wien, zudem ist er beim Verein der italienischen Eiserzeuger in Österreich. Die mangelhafte Saugkraft der Servietten ist bekannt, sagt er. „Doch um sich die Mundwinkel abzuputzen, sind sie ausreichend.“ Immerhin: Kleine Kinder erhalten bei ihm echte Servietten. Wir anderen müssen besser aufpassen. Der Profi lacht: „Eisessen muss man auch können.“
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