Fluss-Surfen auf der größten künstlichen Welle Europas
Das Wasser der Traun donnert mit einem mächtigen Lärm vorbei. Rund 24.000 Liter pro Sekunde sind es hier in Ebensee im Salzkammergut. Sie türmen sich zu einer mächtigen, Respekt einflößenden Welle auf – der größten künstlichen Europas. Fluss-Surfer wechseln sich ab, sie zu bezwingen. Viele wirft die Welle schnell ab.
Nicht immer geht es ganz glimpflich aus. „Wenn das Brett auf den Kopf knallt, kann es schon sein, dass man sich eine Platzwunde holt“, sagt Initiator Maximilian „Max“ Neuböck. Das komme schon ein bis zwei Mal pro Woche vor.
So läuft der Selbstversuch
Na servus, das sind Aussichten. Die freizeit will nicht nur zuschauen, sondern ausprobieren. Aber zuerst hält Neuböck eine Unterlassungserklärung zum Unterschreiben für allfällige Verletzungen entgegen. Und prüfend fragt er noch: „Alkohol? Illegale Drogen?“ Nachdem ihm die Nüchternheit glaubhaft versichert wurde, geht es zum Einstieg.
„Wir drängen uns kurz vor. Das wird eh nicht lange dauern“, erklärt er den Wartenden mit einem Grinser. Die quittieren das mit hämischem Gelächter. Gut, wer die Schlange nicht respektiert, hat sich das verdient. Dafür wird der Respekt vor dem, was kommen soll, immer größer. Das Rauschen des Flusses ist noch lauter. Die künstliche Welle ist 10 Meter breit, 1,5 Meter hoch.
Das Board kommt ins Wasser. „Gib den hinteren Fuß noch etwas zurück“, rät Neuböck und lässt die Hand los, die er sicherheitshalber gehalten hat. He, Überraschung, das lässt sich gar nicht so schlecht an. Ein paar Sekunden gleitet das Board auf der Welle. Waren die Wellenreit-Schnupperkurse in Kalifornien gar nicht umsonst? Hochmut kommt vor dem Fall. Schon geht das Gleichgewicht flöten. Sturz in die kalte Traun.
Kurz vorher hat es geregnet. Wassertemperatur: 13 Grad. „Durch die Welle durchtauchen“, hat Neuböck vorher geraten. Ein paar Kraulschläge und der Ausstieg ist erreicht. Es ist etwas frisch, aber der Neoprenanzug wirkt. „Wir fahren das ganze Jahr durch. Auch im Winter bei drei, vier Grad Wassertemperatur“, hat Neuböck erzählt.
400 Meter weiter fing 2007 bei einer natürlichen Welle Neuböcks Fluss-Surfkarriere an. Und weil er das immer machen wollte, begann er von der künstlichen Welle zu träumen. Es sollte noch einiges an Wasser die Traun hinabfließen, bis die Idee Wirklichkeit wurde. Und es sollten noch viele Ideen gewälzt und Berechnungen angestellt werden, bis 10.000 Kubikmeter Erdreich verfrachtet und 2.000 Kubikmeter Beton verbaut wurden. „Das haben sich viele in Ebensee nicht vorstellen können, was das wird.“ Gekostet hat „The Riverwave“ zwei Millionen Euro, seit vergangenem Sommer wird gesurft. „Das größte Problem am Projekt war, dass Behörden nicht wussten, was man für Genehmigungen braucht.“
Neuer Versuch
Eine neuer Versuch steht an. Der wird wohl nicht mit einem eleganten und bewussten Sprung ins Wasser enden wie bei dem Könner, der gerade seinen Ritt beendet. Überhaupt umfasst die Leash, die Verbindungsleine zwischen Board und Surfer, bei Anfängern nicht den Knöchel, sondern gleich den ganzen Bauch. Und der Helm sieht auch nicht unbedingt sexy aus. Aber sicher ist sicher und Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. „Ich verwende auch immer einen“, hat Neuböck vorher gesagt. Hinein ins Wasser, rauf auf die Welle. He, so schlecht geht das wieder nicht. Uneleganter Sturz in die kalte Traun. Ein paar Kraulschläge und der Ausstieg ist erreicht.
Ab wann würde das wirklich gut aussehen? „Man kann als blutiger Anfänger kommen. Nach zwei bis drei Stunden kann man das halbwegs. Bis man aber Tricks kann, dauert es Jahre“, sagt der Chef der Anlage. Dass Snowboarder bessere Anfänger als Skifahrer sind, wie man es so oft hört, will Neuböck nicht bestätigen. „Das ist eine Sache des Gleichgewichts.“
Welle arbeitet dagegen
Aber selbst ausgewiesene Profis, die die Tücke des Ozeans kennen, müssen auf der Riverwave nicht sofort brillieren. „Das Surfen ist anders als am Meer. Dort schiebt die Welle an, hier arbeitet sie gegen dich. Wenn man gut im Ozean ist, muss man nicht unbedingt gut am Fluss sein. Man braucht schon ein bis zwei Tage, bis man es hat.“
Riverwave in Ebensee
freizeit-Redakteur Daniel Voglhuber mit Neoprenanzug.
Riverwave in Ebensee
Er bekommt Hilfe vom Anlagen-Chef .
Riverwave in Ebensee
Und er bleibt einige Sekunden auf der Welle.
Gerade brilliert einer, der aussieht wie aus einem Poster entsprungen: gegerbte Haut, Dreadlocks. Er nutzt die volle Breite der Welle aus, reitet von links nach rechts und wieder zurück. Nach 30 Sekunden ertönt ein Pfiff. Er taucht ab. Länger geht nicht, weil sonst die anderen warten müssten. Immerhin kommen bei warmen Temperaturen bis zu 80 Menschen pro Tag. Aber das genüge ohnehin: „30 Sekunden surfen ist wie 30 Sekunden sprinten.“
Jene, die den Lifestyle zelebrieren, schauen zwischen Aufenthalten im Baskenland, Portugal und Bali gern vorbei. Aber nicht nur: „Natürlich gibt es die blonden, braun gebrannten, arbeitslosen Surfer, die nichts anderes machen. Aber es sind mehr Durchschnittsbürger, die nach der Arbeit kommen und schnell ein bis zwei Stunden surfen.“
Ein paar Mal geht es noch hinein ins Wasser, rauf auf die Welle. He, so schlecht läuft das gar nicht. Sturz ins Wasser. Ein paar Kraulschläge und es geht zum Ausstieg. Das Urteil des Profis Neuböck? „Ich glaub, du hast zu bald aufgegeben. Da wären noch ein paar Sekunden gegangen.“ Well done.
Wer auf „The Riverwave“ surfen will, muss sich ein Tagesticket (Preis: Mo–Fr 24 €, Fa–So 29 €) online auf
theriverwave.com für den gewünschten Tag vorab buchen.
Personen mit Jahres-/Woche- und Wochenendkarten können hingegen jederzeit kommen. Für Anfänger gibt es Basiskurse für Personen ab 12 Jahren um 129 €. Voraussetzung: man muss schwimmen können. Wenn es der Wasserstand der Traun zulässt, wird im Salzkammergut gesurft. Das ist bei rund 300 Tagen im Jahr der Fall.
Adresse: Langwieserstraße 35b. 4802 Ebensee
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