Die Geschichte begann 2013
In den USA tauchte das erste derartige „Restaurant“ 2013 auf, in London startete ein Unternehmen 2018. Mit der Lieferservice-Sparte „Uber Eats“ nahm diese Entwicklung Fahrt auf.
Uber-Gründer Travis Kalanick kaufte erst im Vorjahr 100 „Ghost Kitchens“ mit der Absicht, die Flächen an Fast-Food-Unternehmen zu vermieten. Der Lieferdienst Deliveroo verfügt über 16 solcher Küchen in Großbritannien. Die Grenzen zwischen Restaurant und Lieferdienst verschwimmen, Lieferservices entwickeln sich zu „Food-Plattformen“, die völlig neue Konzepte hervorbringen.
Im deutschsprachigen Raum ist es noch unüblich, Küchenflächen als Dienstleistung anzubieten. Das wird sich demnächst ändern, glaubt Foodtrend-Expertin Hanni Rützler. Sie sieht im Thema „Geisterküchen“ im soeben erschienen neuen „Food Report 2021“ einen der wichtigen Trends für die nächste Zeit: „Ich glaube, das hat die stärkste Innovationskraft. Das Konzept der Ghost Kitchen wird die Gastrobranche langfristig verändern.“ Dieses Geschäftsmodell werde zunehmen – zumal in der Krise viele Gastronomen aus der Not sozusagen auf den Geschmack gekommen sind. „Wenn es eine Chance für eine Neupositionierung oder ein zweites Standbein sein soll, muss man es bewusst machen. Daher ist wichtig, es strategisch zu gestalten und nicht nur auszuliefern.“ So könnten interessante Partnerschaften zwischen Gastronom und Lieferdienst entstehen.
Ähnlich argumentierte der deutsche Gastro-Berater Benedikt Löcken jüngst in der Frankfurter Allgemeinen. Geister-Küchen seien eine Chance für Gastronomen, neue Konzepte zu testen. Und zwar, ohne gleich das wirtschaftliche Risiko einer hohen Investition in ein eigenes, physisches Restaurant einzugehen.
Viele Spielarten
Denn in der Ghost Kitchen-Nische sind zahlreiche Spielarten möglich: Vom Restaurant, wie man es kennt, das eine zusätzliche „Ghost Kitchen“ unter anderem Namen ausschließlich für Lieferungen betreibt. Hin zu Kooperationen zwischen Restaurant und Lieferdienst oder Küchen, die das Liefer-Unternehmen betreibt und an „virtuelle Restaurants“ vermietet. Darauf setzt etwa Uber Eats gerne, in Großbritannien setzt der Lieferdienst „Deliveroo“ auf dieses Geschäftsmodell.
Was Gastro-Interessierte während des Lockdowns ebenfalls bemerkt haben werden: Viele etablierte Restaurants bis in die Top-Gastronomie gingen den umgekehrten Weg und funktionierten ihre Küchen sozusagen zur „Ghost Kitchen“ um. Freilich setzten sie statt der durchkomponierten, mehrgängigen Speisefolgen, die perfekt arrangiert serviert werden, auf transportfähige Gerichte, die in Rex- oder Schraubgläser gefüllt werden können.
Man kann davon ausgehen, dass ein nach Hause geliefertes Szegediner Krautfleisch aus der Steirereck-Küche kein minderwertiges Fast Food ist. Innovative Zustelldienste, die ihre Abnehmer etwa in Wien in „Geisterküchen“ bekochen, setzen schon länger auf schnelle Lieferung, aber Qualität in der Küche. Etwa „Rita bringt’s“, „Basenbox“ oder seit Kurzem auch „Onobox“, die sich auf vegetarische Kost aus Bio-Zutaten spezialisiert hat.
Buchtipp:
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