Pilzkunde: Sind Sie ein Schwammerl oder ein Champi(gn)on?
Die eingefleischten Pilzsammler der Nation dürfen sich freuen: „Bislang war 2021 ein gutes Jahr“, sagt Alexander Hengl, Sprecher des Wiener Marktamts und selbst passionierter Schwammerlsucher. Sommersteinpilze gibt es bereits auf Märkten zu kaufen, von den Eierschwammerln gibt es mehr als genug, nur der Parasol lässt noch etwas auf sich warten. „Der Winter war nicht zu frostig und eher feucht, das mögen Pilze. So konnte ihnen auch der trockene Sommer nicht viel anhaben und das derzeitige Regenwetter passt ihnen ganz gut.“
Mindestens 40 mm pro Quadratmeter braucht es aber, damit die Schwammerl dann nach etwa sieben bis zehn Tagen in voller Pracht stehen, gibt Pilzexpertin und Direktorin der österreichischen Mykologischen Gesellschaft Irmgard Krisai-Greilhuber von der Universität Wien zu bedenken. „Wer bei der Suche Erfolg haben will, sollte Wetterprognosen und Niederschlagsmengen genau studieren.“ Während es in Vorarlberg für Pilzsammler sehr gut aussieht, gibt es im Süden mickrigere Ernten, so Krisai-Greilhuber. Denn durch den Klimawandel ändern sich auch die Gegebenheiten für Pilze.
Mehr mediterrane Pilze
So kommt etwa der mediterrane Kaiserling nun auch im südlichen Burgenland und in Kärnten immer öfter vor. „In Italien ist das sogar ein Marktpilz. Bei uns war er immer rar, jetzt ändert sich das“, sagt die Expertin. Und Hengl kann sogar bestätigen, dass er vor Kurzem bereits auf Wiener Märkten angeboten wurde.
Neben dem Kaiserling gibt es noch 10.000 andere Pilzsorten in Österreich. Allerdings sind nur wenige bekannte Speisepilze darunter. Parasol, Eierschwammerl und Steinpilz sind die beliebtesten. Danach hört die Pilzkunde beim Großteil der Schwammerl-Genießer schon wieder auf. Dabei schwärmt Krisai-Greilhuber von dem Schopftintling als fast unbekannte Delikatesse. Es ist ihr Lieblingspilz, der angebraten wie Spargel schmeckt.
Ungefährlich ist die Suche aber für unerfahrene Sammler nicht. „Fast jeder Speisepilz hat einen giftigen Doppelgänger“, warnt Hengl. Für alle, die auf Nummer sicher gehen wollen, gibt es am Naschmarkt in Wien eine kostenlose Begutachtung. Mehr als 2.000 Funde wurden dieses Jahr untersucht. Mehr als die Hälfte davon waren ungenießbar, 178 Exemplare sogar giftig.
So ähnelt der giftige Karbolchampignon beispielsweise dem Wiesenchampignon frappant und unterscheidet sich nur durch eine leuchtend gelbliche Färbung an der Stielbasis.
Aber auch der an sich beliebte Parasol muss gut erhitzt werden, um keine Verdauungsbeschwerden hervorzurufen, erklärt Krisai-Greilhuber. Sie gibt auch zu bedenken, dass Pilz-Allergien immer häufiger auftreten, ganz so wie bei einzelnen anderen Lebensmitteln. Und generell seien „Pilze schwer verdaulich und sollten nur in geringen Mengen und wirklich ganz frisch genossen werden.“
Rote Liste
Auch, wenn mediterrane Exemplare jetzt in den wärmer werdenden Norden wandern, ist die Artenvielfalt der eukaryotischen Lebewesen zunehmend bedroht.
Ein Drittel aller Pilze stehen auf der Roten Liste. Es sind allerdings nicht die Sammler, die Schaden anrichten und ohnehin maximal zwei Kilogramm Pilze brocken dürfen, sondern die Stickstoffdüngung auf Äckern, Habitatzerstörung und die Bodenversiegelung, die den Schwammerln Lebensraum nimmt. Die Expertin: „Feld- und Waldränder müssen naturbelassen bleiben und es braucht Brachflächen und Wälder– genau dort wollen Pilze wachsen und dort sollte man sie suchen.“
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