Erbsen, Linsen, Bohnen: Gesund, aber auf die Zubereitung kommt es an
„Die Guten ins Töpfchen“, gurrten schon die Tauben bei Aschenputtel. Recht hatten sie: Erbsen, Bohnen und Linsen sollten viel öfter auf unserem Speiseplan stehen. Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien, erklärt im Interview warum.
Warum sind Hülsenfrüchte in anderen Ländern so beliebt und bei uns so selten auf den Tellern zu finden?
Jürgen König: Hülsenfrüchte waren früher auch bei uns ein übliches und wichtiges Lebensmittel, leider hat sich unsere Ernährungskultur mit der sogenannten „Fresswelle“ in den Nachkriegsjahren stark von Hülsenfrüchten ab- und stattdessen Fleisch und Fleischprodukten zugewendet.
Was macht Hülsenfrüchte ernährungstechnisch so interessant?
Hülsenfrüchte sind relativ eiweißreich und damit eine gute Alternative zu tierischem Eiweiß. Zudem ist das Eiweiß von hoher Qualität und vor allem in der Ergänzung mit Getreide – wie etwa in dem klassischen Gericht Linsen mit Knödel – von höherer Wertigkeit als Fleischeiweiß. Zudem enthalten Hülsenfrüchte einen hohen Anteil an Ballaststoffen, die von besonderer gesundheitlicher Bedeutung sind.
Wie oft sollten Hülsenfrüchte verzehrt werden?
Die Österreichische Ernährungspyramide empfiehlt drei Portionen Gemüse und/oder Hülsenfrüchte pro Tag. Bei abwechslungsreicher Ernährung mit viel Gemüse wären also zwei bis drei Mahlzeiten mit Hülsenfrüchten pro Woche eine gute Basis. Laut den Ergebnissen unseres Ernährungsberichtes ist die tatsächliche Aufnahme an Hülsenfrüchten mit etwa fünf bis zehn Gramm pro Tag jedoch weit unter diesen Empfehlungen.
Azukibohnen
Die Azukibohne ist in Asien ein kleiner Star: Weil sie süßlich schmeckt, wird sie auch zu Desserts verarbeitet. Bei uns ist sie relativ unbekannt. Schade, denn sie zählt zu den proteinreichsten Gemüsesorten überhaupt.
Limabohnen
Limabohnen wurden schon von den Inka geschätzt. Sie sind besonders groß und leichter verdaulich als ihre Kollegen.
Sojabohnen
Sojabohnen sind hervorragende Protein- Lieferanten und daher ein Muss in der veganen oder vegetarischen Küche. Noch dazu ist sie wandlungsfähig wie kaum eine zweite: Soja lässt sich vielfältig verarbeiten.
Käferbohnen
Was ihren Eiweißgehalt betrifft, halten sie locker mit Thunfisch mit. Käferbohnen zeichnen sich durch cremige Konsistenz und zart-nussigen Geschmack aus.
Belugalinsen
Sie sind klein und schwarz und erinnern geschmacklich an Maroni: Belugalinsen brauchen nicht eingeweicht zu werden und liefern dem Körper viel Eiweiß und Kohlenhydrate.
Rote Linsen
Als Suppe, im Salat oder als Keim – aufgrund ihres nussigen Aromas schmecken rote Linsen immer. Und sie liefern extrem viel Eisen und Magnesium.
Mungobohnen
Mungobohnen werden in Indien vor allem zu Eintöpfen verarbeitet. Hierzulande sind sie in erster Linie als gekeimte Sprossen am Salat zu finden. Sie sind reich an Eiweiß, Kalium, Magnesium, Zink sowie an Vitamin E, B1, B2, B6 und C.
Gelbe Linsen
Gelbe Linsen zeigen ihre Farbe erst, wenn sie geschält sind. Sie sind kleiner als ihre braunen Verwandten und haben daher eine kurze Kochzeit. Ihr würziges Aroma macht sie ideal für Suppen, Eintöpfe oder Salate.
Erbsen
Pal-, Mark- und Zuckererbsen sind bei den grünen Erbsen die gebräuchlichsten Sorten. Sie unterscheiden sich im Grad ihrer Süße. Allen gemein ist, dass sie viel Eiweiß, wertvolle Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten.
Kichererbsen
Kichererbsen sind bei uns vor allem getrocknet erhältlich. Eine Portion deckt 70 % des täglichen Folsäure-, 50 % des täglichen Ballaststoff-, 25 % des täglichen Eisen- und 20 % des täglichen Zinkbedarfs ab.
Wie werden Hülsenfrüchte idealerweise zubereitet?
Sie müssen in der Regel relativ lange gekocht werden – mit Ausnahme von frischen Erbsen und Fisolen. Die bedeutenden Inhaltsstoffe Eiweiß und Ballaststoffe leiden unter längerem Kochen kaum. Einweichen von getrockneten Hülsenfrüchten hilft, die Kochzeiten zu reduzieren und trägt zu einer besseren Verträglichkeit bei, wenn das Wasser nicht weiter verwendet wird. Aber dadurch kommt es auch zu Verlusten an Vitaminen und Mineralstoffen, die sich im Einweichwasser lösen können.
Dürfen Hülsenfrüchte auch roh genossen werden?
Hülsenfrüchte sollten fast immer gekocht werden, da sie verschiedene Verbindungen – Lektine, Proteaseinhibitoren, cyanogene Glycoside – enthalten können, die nach kurzem Erhitzen zerstört werden. Zuckererbsen jedoch können ohne Weiteres auch roh gegessen werden.
Viele bekommen Blähungen vom Verzehr der Hülsenfrüchte. Woran liegt es?
Blähungen können durch zwei Zucker – Stachyose und Raffinose – ausgelöst werden, die wir nicht aufspalten und die daher im Dickdarm von den dort vorkommenden Bakterien zu blähenden Gasen verstoffwechselt werden. Auch die Ballaststoffe aus Hülsenfrüchten werden manchmal schlecht vertragen, vor allem, wenn sie nur selten konsumiert werden. Aber die Dickdarmflora kann sich in gewissen Grenzen an diese Lebensmittelbestandteile anpassen.
Für jedes Böhnchen ein Tönchen, heißt es im Volksmund. Tatsächlich enthalten Hülsenfrüchte die Zuckermoleküle Rhamnose, Raffinose und Stachyose. Diese können nicht im Dünn-, sondern erst im Dickdarm verwertet werden. Dabei entstehen Schwefelgase. Eigentlich entweichen sie geräusch- und geruchlos – außer der Dickdarm ist arm an Bakterien. Dann kommt es zu Blähungen. Das kann man dagegen unternehmen:
1. Das Einweichen
Hülsenfrüchte werden üblicherweise vor dem Kochen eingeweicht. Man sollte warmes Wasser verwenden und dieses unbedingt vor dem Kochen wegschütten, da die unverdaulichen Oligosaccharide an das Wasser abgegeben werden.
2. Das Kochen
Wer zum Wasser Kaliumcarbonat zufügt, reduziert die Zuckermoleküle noch einmal.
3. Die Würze
Für alles ist ein Kraut gewachsen – auch in diesem Fall. Kreuzkümmel im Kochwasser hilft ungemein. Auch Fenchel, Anis, Ingwer, Bohnenkraut, Dill, Oregano, Rosmarin, Salbei und Thymian beruhigen den Darm.
Sind Hülsenfrüchte ernährungstechnisch also positiv zu bewerten?
Hülsenfrüchte sind ein äußerst positiver Bestandteil unseres Speiseplans. Wie bei allen Lebensmitteln gilt natürlich auch hier: Die Menge macht’s. Ein Thema, vor allem bei Sojabohnen, sind die sogenannten Phytoöstrogene, die eine gewisse hormonähnliche Wirkung haben sollen. Ihre Bedeutung ist aber umstritten. Bei sehr einseitiger Ernährung mit einem hohen Anteil an Sojabohnen sollte man sich grundsätzlich Gedanken über eine abwechslungsreichere Ernährung machen, nicht nur wegen einer möglichen Wirkung von Phytoöstrogenen.
Wie genießen Sie Hülsenfrüchte?
Ich selbst genieße Hülsenfrüchte in sehr verschiedenen Zubereitungsarten, meistens gekocht in Form von Currys mit roten Linsen oder Bohneneintopf mit Kartoffeln und ein wenig Fleisch. Sehr gerne esse ich auch Erbsensuppe oder grüne Erbsen sowie Fisolen in einer Gemüsepfanne.
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