Wenn Klaus Dutzler seine Schweine auf der Weide besucht, kommen sie oft neugierig näher, legen sich auf den Rücken und lassen sich den Bauch kraulen. „Wir kennen unsere Tiere alle. In den vergangenen Jahren haben wir sicher 100 Schweine gehabt, alle mit verschiedenen Charakteren.“
Mit seiner Frau Gunda, die das elterliche Ausflugsgasthaus am Gleinkersee bei Windischgarsten (OÖ) übernommen hat, setzt der ORF-Journalist ein Gesamtkonzept um, das Bio-Qualität, Kreisläufe und kurze Transportwege umfasst.
Die Tiere – alte Rassen wie Durroc- oder Turopolje-Schweine oder Pustataler Sprinzen-Rinder, die gängigste Rinderrasse in der Monarchie – leben im Freiland. Sie werden ohne Silage gefüttert und in einem zertifizierten Schlachtraum einen Kilometer entfernt auch geschlachtet. „Wir haben alles in sehr naher Umgebung, dadurch keine Transportwege“, erzählt er.
Den Bedarf für das Gasthaus können sie mit den eigenen Tieren nicht decken; sie kooperieren daher mit drei Bauern in der Umgebung. Sogar einen Fleischhauer, der die Tiere verarbeitet, haben Gunda und Klaus Dutzler angestellt. „Die Bauern und unser Fleischhauer Heinz Schmeissl gehen mit den Tieren so um, wie wir uns das alle vorstellen.“ Das inkludiert, alle Teile des Tieres zu verarbeiten, was dem „Nose to Tail“-Trend entspricht. Daher gibt’s ebenso Würste, Leberknödel, Milzschnitten oder Schmalz.
Fleisch-Paradoxon
Die Hoffnung, dass den Menschen durch das Schlaglicht auf die Produktions- und Arbeitsbedingungen im Großschlachthof der Gusto auf Fleisch vergeht, ist enden wollend. Psychologen nennen das das „Fleischparadoxon“: Sobald das Stück Fleisch saftig gebraten vor einem liegt, werden Aspekte wie Tierleid ausgeblendet.
Die Österreicher essen ohnehin zu viel Fleisch. „Zwei bis drei Fleischmahlzeiten pro Woche sind im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung durchaus zu empfehlen“, betont die Ernährungswissenschafterin Eva Unterberger.
Mehr Qualität und höheres Bewusstsein für den Fleischkonsum bemerkt das Team des Fleischversands „Porcella“. Sie kooperieren mit dem Verein „Turopolje-Blondvieh-Waldviertel“, dessen Mitglieder sich dem Erhalt dieser alten, in der Region schon lange heimischen Schweine- und Rinderrassen widmen. Der Hintergrund: „Erhalten kann man eine Rasse nur, wenn man sie auch vermarktet“, sagt Roman Schober, Bio-Fleischhauer in Gars/Kamp (NÖ).
Für die Kulinarik-Journalistin Buchautorin Sarah Krobarth wirkt sich zudem die Vegan-Welle auf die Qualitätsdiskussion beim Fleisch aus. „Durch die leichter verfügbaren Produkte reduzieren mehr ihren Fleischkonsum.“ Sie sieht eine Holschuld beim Konsumenten. Zeit solle man sich nicht nur zum Genießen nehmen – sondern schon viel früher, um sich zu informieren: „Wo kommt das Fleisch her, wie wurde es verarbeitet? Es ist höchste Zeit, dass wir uns zurückbesinnen, was Fleisch einmal war. Nämlich ein hochwertiges Lebensmittel, für das ein Tier gestorben ist.“
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