Und wie verbringen Sie die Zeit an der Algarve?
Ich habe Schwimmen gelernt! Und das mit 69. Meine Mutter hat früher immer versucht, mich dazu zu bringen. Hat aber nichts genutzt. Jetzt haben mein Mann und meine Freundin Sue es mir beigebracht. Jetzt denke ich: Wie zum Teufel konnte ich das vorher nicht können? (lacht) Es ist nie zu spät, neue Dinge zu lernen.
Und Sie stecken voller Tatendrang, Ihr neues Album heißt „The Best Is Yet To Come“, das Beste kommt noch.
Absolut, denn das ist, worauf wir alle warten, nach so einem langen, harten Jahr: Dass uns das Beste noch bevorsteht. Ich hoffe, wir können im Sommer wieder unser normales Leben führen. Ich danke Gott für die wunderbaren Wissenschaftler. Ich warte noch auf meine Impfung, ich reise dafür nicht extra nach England, weil ich nicht zehn Tage in einem Hotel in Quarantäne sein will.
Sie sind eine Ikone der Achtzigerjahre, die gerade wieder ein Comeback feiern. Was ist so speziell an dieser Zeit?
Es war eine fantastische Zeit, um Spaß zu haben. Die Musik war toll, und die Kerle hatten alle lange Haare, wie Jon Bon Jovi. Trotzdem bewege ich mich nach vorne. Sogar im Lockdown rufe ich jeden Montag, Mittwoch und Freitag meinen Gesangscoach an. Ich habe viel Power in der Stimme, ganz Achtziger, so halte ich sie in Form, bis ich wieder auftreten kann.
Und die alten Klassiker wieder anstimmen können.
Ich liebe es, die Klassiker zu singen. Ich bin stolz auf sie. Die Leute fragen mich oft, ob ich nicht müde sei, sie zu singen. Absolut nicht! Ich empfinde große Zuneigung für sie. Und die Leute wollen sie hören. „Holding Out For A Hero“, „It’s A Heartache“, „Total Eclipse of the Heart“ – meine Güte, wenn ich die nicht spiele, bin ich dran. (lacht)
Ihr größter Hit ist „Total Eclipse of the Heart“, mehr als sechs Millionen Mal wurde der Song gekauft.
Mehr als 50.000 Singles gingen damals pro Tag über den Ladentisch.
Auch das Video ist legendär. Können Sie uns erklären, worum es darin eigentlich geht? Es wird bevölkert von einer bunten Mixtur aus Ninja-Tänzern, Schwimmern, Buben mit Tauben ...
(lacht) Wer weiß schon, was sich da abspielt? Du weißt nie ganz genau, was in Jim Steinmans Kopf so vor sich geht. Er hat den Song geschrieben und wundervolle Storyboards dazu gezeichnet. Wir wurden damit für den Grammy als bestes Video des Jahres nominiert, aber ich verlor gegen Michael Jackson mit „Billie Jean“. Mit Jim zu arbeiten war wahrscheinlich die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.
Gab es in den Achtzigerjahren mehr Spaß, ist es wilder zugegangen?
Nein. Aber wenn du älter wirst, genießt du es mehr. Du musst dann niemandem mehr etwas beweisen. Du gehst einfach raus und hast Spaß.
Ein weit verbreiteter Irrtum über Sie: Sie hätten Ihre raue Stimme vom Rauchen vieler Zigaretten.
Heiser war sie schon immer, sie nannten mich den weiblichen Rod Stewart. Das intensivierte sich durch meine Operation an den Stimmbändern. Es war mir strikt verboten, danach zu reden. Aber können Sie sich mich vorstellen, ohne zu reden? Ich war also sehr schlimm. Der Arzt meinte, das haben Sie sich selbst zuzuschreiben, Sie sind jetzt auf sich alleine gestellt. Aber dann hatte ich meinen ersten Hit in Amerika, und ich bin sicher, das hatte viel mit meiner kantigen Stimme zu tun.
Und Sie denken nicht daran, die Füße hochzulegen und in Pension zu gehen?
Nein. Ich liebe, was ich tue. Und ich werde nicht in Pension gehen. Mein Hobby ist das Singen. Auf der Bühne zu stehen und zu performen. Ich werde auch weiter auf Tour gehen. Ich bin nun mal aus der Arbeiterklasse. Und ich habe immer noch den Arbeitsethos wie einst. Die Schule habe ich ohne irgendeine Qualifikation verlassen. Was ich aber hatte, war Entschlusskraft. Ich ging an einem Freitag von der Schule ab und war fest entschlossen, Montag einen Job zu haben.
Ist Ihnen das gelungen?
Ich habe alle Geschäfte in Skewen, meinem Dorf in Wales, um eine freie Stelle abgeklappert. Welches Geschäft, das war mir egal. Gerne als Verkäuferin. Es ist mir gelungen. Am Montag hatte ich gleich zwei Jobs.
So hat alles angefangen.
Später habe ich begonnen, auch nachts zu arbeiten. Ich startete mit zwei Mal pro Woche. Aber dann fragten sie mich, ob wir auch sechs Nächte auftreten könnten. Daraufhin habe ich meinen Tagesjob aufgegeben. Ich dachte, es sieht gut aus für mich. Doch dass eine Plattenfirma auf mich aufmerksam würde, in der Hoffnung, ich sei der nächste Star? Dass ich einmal Hits landen werde, das hätte ich nie im Leben gedacht. Wenn du wie ich aus einem kleinen Dorf in Wales kommst, glaubst du nicht, dass du das schaffen kannst. Es stand wohl in den Sternen geschrieben, Darling. (lacht)
Es schien ja schon vorgesehen zu sein, dass Sie entdeckt werden.
Ja, ich trat damals in einem beliebten Nachtclub auf. Es gab zwei Stockwerke. Und der Talente-Scout war im falschen gelandet. So hat er mich gehört. Er erzählte Songschreibern in London von mir, die mich einluden, ein Demo zu machen. Eines davon war „Lost In France“. Das war 1974. Zwei Jahre später bekam ich einen Telefonanruf. Es war die Plattenfirma, und sie sagten, sie wollten mich für fünf Jahre unter Vertrag nehmen. Das hat sich fantastisch angefühlt.
Sie feiern im Juni Ihren 70. Geburtstag. Wie werden Sie ihn begehen?
Eigentlich sollte ich an diesem Tag auf Tour in Deutschland sein und mit meiner Band feiern. So aber werden es Robert und ich sein, die hier Champagner trinken. Ich bin sicher, es wird trotzdem ein wunderbarer Tag. Und kein Wölkchen am Himmel kann ihn trüben.
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