American Football: Männer, Muskeln & Millionen
Härter, schneller, stärker – wow! American Football ist ein Sport der Superlative, die wahre „Millionenshow“. Die stärksten Jungs, die schönsten Mädchen, die meisten Zuschauer. Vor allem beim ultimativen Spektakel, dem „Super Bowl“, dem Endspiel um die US-Meisterschaft.
Und wenn's am Sonntag, den 7. 2., vor den TV-Schirmen abläuft, so what?! 111 Millionen Haushalte sahen das Finale bisher allein in den USA, 800 Millionen Fans weltweit – diesmal werden es eben um die 75.000 mehr sein, die normalerweise im Raymond James Stadium in Tampa, Florida, live dabei sein würden. Und nicht nur um die, gerade wegen des Lockdowns richtet man sich heuer auf neue Rekordeinschaltquoten ein. Man darf also davon ausgehen, dass die Preise für TV-Werbung noch einmal ordentlich in die Höhe schnalzen werden. 5,6 Millionen Dollar kostete ein 30-Sekunden-Spot im Vorjahr, so „billig“ wird die Sendezeit heuer nicht zu haben sein.
Prost, Mahlzeit!
Ob sich der Lockdown-Effekt auch auf die Snack-Industrie auswirkt? Man wird sehen, kann sich aber kaum vorstellen, dass die Zahlen noch zu steigern sind: 4.000 Tonnen Popcorn wurden vergangenes Jahr während des Matches verdrückt, dazu noch lockere 14.000 Tonnen Chips. Die US-Pizza-Dienste machen ein Drittel ihres Jahresumsatzes an diesem wichtigsten Sonntag der Saison, 120 Millionen Liter Bier trinken alleine die Amerikaner. Prost, Mahlzeit.
Mit phänomenalen Geschäftseinbußen müssen dafür die Schwarzmarkthändler rechnen: Sie konnten für ihre Tickets bisher zwischen 4.000 und 25.000 Dollar kassieren – DEN Verdienstausfall müssen sie erst mal wo reinspielen. Die billigsten offiziellen Karten kosteten in den vergangenen Jahren übrigens um die 900 Dollar.
Kraft & Köpfchen
Wer jetzt allerdings „verrückte Amerikaner“ denkt und meint, das Ganze habe mit Sport eh nichts zu tun, irrt gewaltig. Natürlich, an den zerhackten Spielfluss muss man sich gewöhnen, und die tatsächliche Action dauert oft nur wenige Sekunden. Wer sich allerdings mit den Regeln auseinandersetzt, kann einem Lauf durch die Mitte, der in Sekundenbruchteilen in einem riesigen Menschenknäuel endet, und vor dem während eines Time-outs minutenlang beratschlagt wurde, durchaus etwas abgewinnen. Weil er weiß, dass es zum Beispiel darum ging, im vierten und letzten Versuch bitter umkämpfte 20 Zentimeter zu überwinden, um weiterhin am Ball zu bleiben.
Wir sehen also, Strategie ist gefragt, und genau das sollte doch den Feldherrn in jedem von uns wecken. Köpfchen alleine bringt einen im Football allerdings auch nur bedingt weiter. Da braucht es schon noch etwas mehr: Schmalz. Mark. Physis.
Wer sich jedoch ein Spiel nur eben so oberflächlich anschaut, könnte allzu schnell dazu verleitet sein, knapp die Hälfte der Spieler als adipöse Vertreter der Neigungsgruppe sportliches Vollkontaktgrillen zu kategorisieren, die Grillzangen und Dosenbier nur kurz zur Seite gelegt haben. Doch Vorsicht liebe Freunde: Die Herren, die mit den ausgeprägten Love-Handles in ihren auf Taille geschnittenen Jerseys beinahe so wirken, als würden sie jetzt selber lieber vor der Glotze sitzen und Nachos mit Cheese-Dip und Jalapenos in sich reinstopfen, sehen nur so gemütlich aus. In Wahrheit explodieren sie in Sekundenbruchteilen auf eine Geschwindigkeit zwischen 27 und 29 km/h. Das entspricht einer 100 Meter-Zeit von etwa 12,5 Sekunden – und das mit 120 bis 150 kg auf den Rippen! Wird man von so einem Typen getroffen, ist es, als ob einen ein Hummer auf offener Straße abschießt. Als Fußgänger. B-R-U-T-A-L.
Noch ein kleines Beispiel, das die Schnellkraft dieser Kerle deutlich macht: Calais Campbell, ein Defensive-Line-Spieler der Baltimore Ravens, 2,03 m groß und knapp 140 kg schwer, springt aus dem Stand satte 88 cm hoch. Also beinahe einen Meter. Jared Cook, als Tight-End mit 117 kg auch kein Hemd, kommt aus dem Lauf sogar auf 104 cm. Defensive End Cameron Wake (125 kg) bringt es so auf satte 116 cm und wäre damit auch beim Basketball im Spitzenfeld. Zum Vergleich: Michael Jordan sprang etwa 117 cm hoch.
Zeit für Superhelden!
Okay, das waren die schweren Jungs. Aber Football hat auch Glamour, quasi ein bisschen Hollywood. Ballempfänger wie Wide Receiver und Runningbacks, also die Flügelflitzer und Mittelstürmer, wenn wir das hier locker übersetzen wollen, sind die schillernden Aushängeschilder des Spiels, die es auch – was die Geschwindigkeit anbelangt – tatsächlich mit Usain Bolt & Co. aufnehmen können. Dabei aber gleichzeitig mit beinahe unmenschlicher Physis protzen: Nehmen wir einen Runningback wie Craig Heyward: Bei einer Größe von 1,80 m wog er zwischen 120 und 130 kg, sprintete dabei aber wie ein Leichtathlet.
Will man sich dem Mann wirklich in den Weg stellen, wenn er mit dem Ball in der Hand auf einen zuläuft? Angeblich brachte er einen gegnerischen Verteidiger – Brian Bosworth, 120 kg schwer und selbst als ziemlich „böser Junge“ bekannt – zum Weinen, nachdem er ihn sechs Mal hintereinander über den Haufen gerannt hatte. Duell der GigantenUnd dann sind da natürlich noch die Quarterbacks, also „Regisseure“ des Spiels, vergleichbar mit den klassischen 10ern im Fußball. Sie sind die absoluten Superstars des Spiels, ihre Namen werden oft zu regelrechten Legenden. Joe Montana, Dan Marino, Brett Favre, Joe Namath, Terry Bradshaw – mit Joe Theismann gehört auch ein halber Österreicher zum Kreis der Großen.
Die Herren sind dann auch ganz gerne mit Politikern befreundet und mit Supermodels verheiratet, wie etwa Tom Brady, den Gatten von Gisele Bündchen und Verehrer von Donald Trump.
Die schöne Gisele hat ihm vor einiger Zeit verboten, über diese obskure Leidenschaft zu sprechen, dürfte politisch den besseren Überblick haben.
Auf dem Feld ist „Mr. Bündchen“ allerdings kaum zu schlagen, da hat er trotz physischer Defizite einen einzigartigen Überblick. Wieder einmal zerbröselte Aaron Rodgers, der technisch vielleicht beste Quarterback aller Zeiten, mit den Green Bay Packers an seiner Nemesis. Im Finale treffen Tom Bradys Tampa Bay Buccaneers auf die Kansas City Chiefs, die Champions des Vorjahres. Und die haben mit dem 25-jährigen Patrick Mahomes einen Quarterback, der die Zukunft des Sports verkörpert: Härter, schneller, stärker.
Gilt der 37-jährige Rodgers derzeit mit Pässen von über 70 Yards als Mann mit dem „stärksten Arm“, meint Großmaul Mahomes, er bringe es locker auf über 80 Meter.
Muss er erst beweisen, aber die freche Ansage bringt Würze ins Spiel – und mit gemessenen 100 km/h hat er zumindest schon einmal den härtesten Pass aller Zeiten geworfen. Das Finale gegen den bald 44-jährigen Tom Brady könnte durchaus eine endgültige Wachablöse sein. In einer Woche wissen wir mehr ...
Übrigens: Österreichische Teams wie die Raiders aus Innsbruck oder die Vienna Vikings gehören zu den besten Europas. Insgesamt gibt es in Österreich inzwischen 41 Vereine, also genügend Möglichkeit, den Sport selbst mal zu probieren: football.at
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