Von D wie Dosenbrot bis Z wie Zahnarzt: Die Pandemie weckt den Erfindergeist

Auch Priesterweihen und Gottesdienste werden übertragen
Niederösterreichische UnternehmerInnen lassen sich nicht kleinkriegen. Die WKNÖ holt mit der Initiative „Mutmacher“ kreative Maßnahmen und innovative Geschäftsideen vor den Vorhang

Die Wirtschaftskammer NÖ sucht gemeinsam mit dem KURIER innovative Konzepte, kreative Maßnahmen und neue Geschäftsideen, die niederösterreichische Unternehmerinnen und Unternehmer aufgrund der Corona-Pandemie entwickelt haben.

Mit der Aktion „Mutmacher – Chancen durch Kreativität“ werden die Dynamik der einzelnen Betriebe und der Branche aufgezeigt und kreative Impulse zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geliefert. Sie sind die „Mutmacher“ des Jahres 2021!

Mitmachen können alle Unternehmen Niederösterreichs. Alle Informationen sowie die Einreichung der Projekte unter wko.at/noe/mutmacher

Live-Übertragung aus der Kirche

Ratzersdorf: Filmproduzent Helmut Stamberg ermöglicht, sich trotz Corona von Verstorbenen zu verabschieden.

Seit zwanzig Jahren ist Helmut Stamberg  aus Ratzersdorf (St. Pölten) hauptberuflich Filmproduzent. „Ich habe einen Familienbetrieb mit meiner Frau und meiner Tochter“, erzählt er. 1985 hat er mit dem Filmen angefangen. Anfang der 1990er-Jahre wurde er zufällig Zeuge eines Banküberfalls. Er packte seine Kamera aus und hielt alles fest. Seine Bilder wurden vom ORF gezeigt. „Da habe ich gemerkt, dass man damit Geld verdienen kann“, erzählt er und löste einen Gewerbeschein. Da begann auch seine Zusammenarbeit mit dem ORF.

2020 war eine Herausforderung für ihn – fast 50 Prozent seiner Aufträge brachen plötzlich weg – sowohl der ORF als auch Firmenkunden fuhren die Produktionen zurück. 

Es tat sich allerdings ein neues Geschäftsfeld für ihn auf, das er dank seines Unternehmergeistes für sich zu nutzen wusste: Er begann, Begräbnisse und Trauerfeiern zu filmen. „Ein Freund von mir war verstorben. Zu der Zeit galten schon Beschränkungen bei Begräbnissen. Das fand ich sehr schlimm, dass sich so viele Menschen nicht verabschieden konnten“, erzählt der ehrenamtlich engagierte Unternehmer. Er investierte in Equipment, damit Live-Übertragungen via Internet möglich wurden: „Das sind intime, berührende Momente, da soll das rundherum stimmig sein.“ Rasch zeigte sich, dass Nachfrage nach seinem neuen Service da war. Er konnte auch Kollegen ins Boot holen, denen Aufträge abhandengekommen sind.  www.stamberg.at 

Pioniere der Zahntechnik 

Korneuburg. Das Unternehmen cool-IT digitalisiert die Herstellung von Kronen und Co.

Von D wie Dosenbrot bis Z wie Zahnarzt: Die Pandemie weckt den Erfindergeist

Sabine Stiller und die Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice

Das Korneuburger Unternehmen cool-IT beschäftigt sich seit 2014 mit der Digitalisierung im Dentalbereich. Im Auftrag der Firma Dekema haben sie nun eine Software (trixCAD) entwickelt, mit der der gesamte Workflow zur Herstellung von Kronen, Inlays und Veneers im Keramik-Pressverfahren digitalisiert werden konnte. „Damit wird enorm Zeit gespart und es kann präzise gearbeitet werden“, erklärt Geschäftsführerin Sabine Stiller. Das händische Herstellen von Ausgussformen aus Wachs ist damit Geschichte. 

Im Jahr 2020 war das Unternehmen  bereit, mit seiner Software die Dentalbranche zu revolutionieren – nur die Vermarktungsplattformen fehlten.  „Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr mit unserer Innovation richtig durchstarten können“, sagt  Stiller. Im September ist die Internationale Dentalschau in Köln, wo die Korneuburger Firma  vertreten sein wird und darauf hofft, Kunden  zu finden.

Trotz Umsatzeinbußen konnten Stiller und der zweite Geschäftsführer Georg Reh alle 17 Mitarbeiter halten und mussten niemanden in Kurzarbeit schicken. Sie arbeiten im Homeoffice. „Wir hatten hier wohl einen Riecher und das ganze Team im Februar entsprechend ausgestattet“, so die 47-Jährige. Den Optimismus hat sie nicht verloren, das liege an ihren Mitarbeitern. „Sie  haben immer positive Gedanken und gute Ideen eingebracht. Ohne ihre Motivation hätte ich wohl auch das eine oder andere Mal das Handtuch geworfen“, ist sich Stiller sicher. 

Backfrische Spezialitäten aus der Dose

Bäckerei Deiser: Auch das Bundesheer schätzt die Produkte von Österreichs einzigem Dosenbrot-Produzenten

Von D wie Dosenbrot bis Z wie Zahnarzt: Die Pandemie weckt den Erfindergeist

Bäckermeister Christian Deiser bietet als einziger Betrieb in Österreich Dosenbrot an, die Nachfrage ist groß

Etwas Besonderes sind die knusprigen Köstlichkeiten, die bei der Bäckerei Deiser in Baden aus dem Ofen kommen. Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“ produziert man eine kleine, feine Palette hochwertiger Brote ohne Zusatzstoffe und mit Rohstoffen aus der Region. Neben einem Finnen-Körndl-Brot oder der Tataren-Kruste (Roggenmischbrot mit tatarischem Buchweizen) sticht eine Spezialität besonders hervor. Ist Deiser doch die einzige Bäckerei in ganz Österreich, die Dosenbrot erzeugt. 

Das Dosenbrot ist reich an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Ballaststoffen und kann in der Dose jahrelang überdauern. Die Nachfrage stieg infolge des ersten Lockdowns 2020 enorm – bis zu 6.000 Dosenbrote werden pro Tag produziert. Zu den Kunden von Bäckermeister Christian Deiser zählen Zivilschutzverbände und Survivalshops, aber auch viele Private. Das Rezept fürs Brot kommt von Christian Deiser persönlich: „Die lange Haltbarkeit des hochwertigen Roggenvollkornbrots ist mit zehn Jahren angegeben, es hält aber wahrscheinlich noch viel länger.“ Für die Produktion wurde extra eine vollautomatische Dosenverschließmaschine angeschafft. „Die gefüllten Dosen müssen Sekunden, nachdem das Brot aus dem Ofen gekommen ist, verschlossen werden“, schildert Deiser. In die Dose kommen Roggenvollkornbrot, Eiweißbrot und sogar Schokokuchen. 

Heeresauftrag

Die Qualität des Badener Dosenbrotes hat auch das Bundesheer überzeugt, die Bäckerei hat eine Ausschreibung für sich entschieden und wird die Soldaten künftig mit Schmackhaftem aus der Dose beliefern. Dabei ist der Betrieb nicht nur wegen seiner Produkte einzigartig. Seit 2018 ist man zu hundert Prozent energieautark, als einziger Bäckereibetrieb Europas. Mit eigenem Strom aus Fotovoltaikanlagen, Wärme aus dem eigenen Biomasseheizwerk, Wasser aus dem eigenen Brunnen sowie  einer eigenen Mühle und Elektrofahrzeugen. 

Deiser-Brot gibt es in  rund 550 Supermärkten in Ostösterreich, das Dosenbrot kann man direkt über die Bäckerei beziehen: www.bäckerei-deiser.at

Papier macht Schule: Seitenweise druckfrische Erfolgsgeschichten 

Von D wie Dosenbrot bis Z wie Zahnarzt: Die Pandemie weckt den Erfindergeist

Gustav Glöckler und Geschäftsführer Karl Knipfer

Wöllersdorf: Aus Papier macht die Buchdruckerei- und -binderei Brüder Glöckler GmbH in Wöllersdorf (Bezirk Wr. Neustadt - Land) vor allem Schulbücher. Reise- und Möbelkataloge sowie andere gedruckte Werbeformate tragen aber auch maßgeblich zum Umsatz bei – 2020 blieb das aber aus. Mit ihrem zweiten Standbein, dem Schulbuchverlag, sind sie dennoch gut über das Jahr gekommen. Rund 50 Prozent der Aufträge sind für Schulbücher. Davon kommen rund 30 Prozent aus dem eigenen Haus. Bei dem Schulbuchspezialisten wird die Druckerei und die Binderei unter einer Hand geleitet. Das sei eine große Zeit- und Kostenersparnis, so Firmenchef Gustav Glöckler. 

Moderne Maschinen

Neben dem einheitlichen Management sei die moderne Technik ein wichtiger Teil des Erfolgskonzeptes. Im Herbst 2019 investierte der Familienbetrieb in eine Digitaldruckmaschine, im Herbst 2020 in die modernste Offsetdruckmaschine, womit auch geringere Auflagenanzahl hergestellt werden können. „Zuvor haben wir nie unter 1.000 Auflagen produzieren können – jetzt sind auch nur zehn oder 50 Stück möglich“, erklärt Glöckler. 

Die Nachfrage nach mehr Büchertitel und zugleich weniger Auflagen pro Titel habe man zum Glück frühzeitig erkannt, so Glöckler. Auch eine Entwicklung hin zu E-Books und E-Learning ist zu beobachten. Im Moment sehe er das gedruckte und gebundene Buch als krisensicheres Produkt. „Das Buch ist eine sehr wichtige Grundlage, um Wissen zu vermitteln und die Fantasie zu beflügeln oder in andere Welten einzutauchen“, sagt Glöckler.

Neben den Großauflagen möchte man auch im neuen Jahr mit der Herstellung der Kleinauflagen fortsetzen. Zusätzlich hofft man darauf, dass wieder Aufträge für Reisekataloge eingehen werden. 
www.gloeckler.co.at

Vom Handtuch zur Mund-Nase-Maske: Ein Ausnahmejahr im Webegewerbe  

Von D wie Dosenbrot bis Z wie Zahnarzt: Die Pandemie weckt den Erfindergeist

Thomas Pfeiffer reagierte rasch auf die geänderte Situation

Kautzen: Mund-Nase-Masken aus einem speziellen Baumwollhohlgewebe wurden 2020 bei HERKA Frottier in Kautzen (Bezirk Waidhofen a. d. Thaya) hergestellt. Der dichte Stoff sorgt für einen Luftaustausch, wobei die Aerosole aus der Luft gefiltert werden. Die Masken können als Kochwäsche gewaschen werden und sind damit umweltfreundlicher als Einweg-Masken. Der Familienbetrieb in vierter Generation zählt zu den ersten Großherstellern von MNS-Masken. Dafür wurde die gesamte Produktion umgestellt. Eine Herausforderung, denn die In-House Konfektion ist für die Verarbeitung von Frottierstoffen zu Handtüchern eingestellt. Die Alternative dazu war viel Handarbeit. 

Ein Schritt, der den Frottierbetrieb vor größeren Umsatzverlusten bewahrte. Die Handtücher werden an Hotels, Golfklubs etc. verkauft und diese hatten Corona-bedingt geschlossen. Fünf bis sechs Wochen konnten keine Frottiertücher verkauft werden. „Die Masken haben mir darüber weggeholfen“, sagt Thomas Pfeiffer, Geschäftsführer der Herka GmbH.

Großherstellung

Sechs Wochen lang lief die Masken-Produktion. Zu Spitzenzeiten wurden wöchentlich je 10.000 Meter Stoff hergestellt, das reicht für rund 200.000 Masken. Von April bis Mai wurden ausschließlich Masken verkauft – insgesamt zirka 300.000 Stück. Danach ist die Nachfrage zurückgegangen und die Produktion wurde zurückgefahren. „Die Zeit war spannend und herausfordernd und das hat uns sehr gutgetan“, so Pfeiffer. Möglich war das durch Flexibilität, Know-how und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mittlerweile werden kaum noch Masken verkauft. 

Für 2021 hat man bereits viele neue Ideen, wie der übrige Stoff verarbeitet werden soll. www.herka-frottier.at

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