Von Webshops & Lieferdiensten: Diese Unternehmer wurden kreativ
Die Wirtschaftskammer NÖ sucht gemeinsam mit dem KURIER innovative Konzepte, kreative Maßnahmen und neue Geschäftsideen, die niederösterreichische Unternehmerinnen und Unternehmer aufgrund der Corona-Pandemie entwickelt haben.
Mit der Aktion „Mutmacher – Chancen durch Kreativität“ werden die Dynamik der einzelnen Betriebe und der Branche aufgezeigt und kreative Impulse zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geliefert. Sie sind die „Mutmacher“ des Jahres 2021!
Mitmachen können alle Unternehmen Niederösterreichs. Alle Informationen sowie die Einreichung der Projekte unter wko.at/noe/mutmacher
Regionaler Lieferdienst boomt
St. Pölten. Fahrradbote Andreas Grubner kutschiert Pakete, Einkäufe und Christbäume durch die Landeshauptstadt
Bis zu 80 Kilometer legt Andreas Grubner an manchen Tagen zurück – und das fast nur mit Muskelkraft. Der gebürtige Pielachtaler ist Fahrradkurier in St. Pölten (www.derfahrradkurier.at). 2015 hat sich der gelernte Holztechniker, der eigentlich Musiker werden wollte, selbstständig gemacht. Seitdem ist er aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken und liefert beinahe alles binnen einer Stunde in ganz St. Pölten.
Während andere Branchen in den vergangenen Monaten coronabedingt still standen und immer noch stehen, war Grubner viel unterwegs: „Der klassische Botendienst hat stark zugenommen. Zwar hatten wir weniger Nachfragen von Firmen, dafür hat sich die Nachfrage in den Privatbereich verlegt.“ So wurde Grubner etwa beauftragt, Einkäufe zu erledigen oder Dokumente abzuholen. Grubner arbeitet außerdem seit eineinhalb Jahren mit einer regionalen Greißlerei zusammen, so viele Bestellungen wie in den vergangenen Monaten gab es noch nie: „Wir zählten vier- bis fünfmal so viele Aufträge wie sonst“, erinnert sich Grubner an das Frühjahr. Vor allem Pensionisten hätten den Lieferdienst für Einkäufe genutzt. Einige haben das weiterhin beibehalten.
Lieferung bis zu 250 Kilo
Im Vorjahr hat der Unternehmer ein Lastenrad bestellt, dieses wurde gerade rechtzeitig zum ersten Lockdown geliefert: „Das war lustigerweise perfektes Timing.“ Damit konnte der 30-Jährige nun Europaletten mit bis zu 125 Zentimeter Höhe und 250 Kilogramm Gewicht liefern.
Ursprünglich war der Botendienst nicht mehr als ein Nebenjob, Grubner wollte Musik machen. Doch er entwickelte eine Leidenschaft fürs Fahrradfahren und gründete schließlich „Der Fahrradkurier.“ „Es macht mir irrsinnig Spaß: Der Sport, der Kontakt mit den Kunden, das gibt mir viel.“ Heute beschäftigt Grubner zwei geringfügig Angestellte und eine Teilzeitkraft. Auch mit einer Rikscha trifft man Grubner regelmäßig an, diese kann für diverse Veranstaltungen angemietet werden. Zuletzt kutschierte er das Christkind durch die Innenstadt, um den Kindern eine Freude zu machen. Im Moment beobachtet man ihn häufig mit einem Christbaum am Gepäckträger. „Ich bin wirklich dankbar, dass unser Service so gut angekommen wird“, freut sich Grubner.
Coronabedingt zurück zum Ursprung
Tulln. Gemüsehändler Wilhelm Hafenrichter belieferte Lokale mit regionalen Produkten – bis diese coronabedingt schließen mussten
Schon der Großvater von Wilhelm Hafenrichter war Gemüsehändler. Er besaß eine kleine Greißlerei in Tulln, wo es Produkte aus der Region zu kaufen gab. Als Wilhelm Hafenrichters Vater übernahm, wurden die Kunden immer weniger, man kaufte lieber im großen Supermarkt als beim kleinen Greißler nebenan. Vor 18 Jahren begann man dann, sich auf den Großhandel zu fokussieren und Gastronomen und große Einrichtungen zu beliefern. Das kleine Geschäft in Tulln blieb für den Straßenverkauf bestehen – als Andenken an den Großvater. Umsatz wurde dort kaum erwirtschaftet.
„Hätte mich jemand vor einem Jahr jemand gefragt, ob ich jemals wieder darauf meinen Fokus legen würde, ich hätte verneint. Doch dann kam Corona“, erinnert sich Hafenrichter heute.
Und damit die Schließung der Gastronomie: „Uns sind über Nacht zahlreiche Abnehmer weggefallen.“ Hafenrichter musste sein Geschäftsfeld ändern. Binnen eines Tages krempelte er seine Firma um, holte einen regionalen Bäcker und einen Heurigenbetrieb ins Boot und begann, Hauszustellungen anzubieten (www.hafenrichter.at). „Teilweise hatten wir bis zu 120 Lieferungen am Tag im ganzen Tullnerfeld“, schildert Hafenrichter. Die Nachfrage konnte nur mit Teamwork bewältigt werden: „Meine Mutter hat von zuhause aus telefonisch die Bestellungen aufgenommen. Wir haben alle zusammengehalten“, erzählt der Unternehmer.
Ein Produkt nach dem anderen wurde dem Sortiment hinzugefügt: Mittlerweile werden neben Obst und Gemüse Marmeladen, Kaffee, Bio-Produkte, Öle, Müsli, Milchprodukte, Honig und vieles mehr angeboten. Sogar eine kleine Vinothek wurde eröffnet.
Vergrößerung geplant
Die starke Nachfrage blieb über die Sommermonate bestehen. Das kleine Geschäft in der Innenstadt platzt mittlerweile aus allen Nähten und wird immer beliebter. Während andere ihre Mitarbeiter coronabedingt kündigen mussten, meldete der 42-jährige Gemüsehändler kurzerhand sogar eine neue Mitarbeiterin an.
Im kommenden Jahr wird ein neues Geschäft eröffnen, dreimal so groß wie das alte. Seit Oktober gibt es in der Gemeinde Tulbing einen „KastlGreißler“, ein Selbstbedienungsladen in einem Container. 15 weitere an mehreren Standorten sind geplant. „Corona hat uns zurück zum Ursprung geschickt. Wenn das mein Großvater sehen würde“, meint Hafenrichter.
Webshop mit einleuchtender Idee
St. Pölten. Die Lampen von Bernhard Winkler können direkt vom Schaufenster weg nach Hause bestellt werden
Wer hat noch nie beim Schaufensterbummel ein schönes Wohnaccessoire für die eigenen vier Wände entdeckt – und sie dann doch nicht gekauft? Weil sie zu schwer war, um sie den ganzen weiten Weg nach Hause zu schleppen?
Bernhard Winkler kennt das Problem. Und gleichzeitig auch jenes, vor dem er als Webshop-Betreiber steht: „Unsere Kunden klagen, dass sie vor der Bestellung ihre Wunschlampe nicht ,in echt’ sehen können.“ Eine Lösung musste her: Der Online-Shop ging „offline“.
Seit 2015 betreiben Andrea und Bernhard Winkler einen Webshop für Lampen und Beleuchtungssysteme (www.myLeuchte.com). Während sich die Unternehmer aus Wolfsbach (Bezirk Amstetten) am internationalen Parkett bereits erfolgreich etabliert haben und Kunden in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien beliefern, ist man in Österreich noch weniger bekannt.
Daher entschied man sich kurzerhand, die Leuchten in Schaufenstern in der St. Pöltner Innenstadt auszustellen, um auch bei regionalen Kunden wahrgenommen zu werden. Auf insgesamt zehn Laufmetern werden rund 100 Leuchten präsentiert, die mit einem QR-Code versehen sind, der mit dem Smartphone gescannt werden kann. So kommt man direkt zur gewünschten Lampe im Webshop. Alternativ kann auch die angegebene URL direkt im Browser des Handys eingegeben oder mittels sogenannter Near Field Communication (kurz NFC) eingekauft werden. Die gewünschte Leuchte wird anschließend samt Preis, Lieferzeit und allen Artikelinformationen im Webshop geöffnet. Via Smartphone kann sie bestellt, bezahlt und nach Hause geliefert werden.
„Gerade jetzt, wenn es früh dunkel wird, strahlen unsere Schaufenster besonders schön“, freut sich der Unternehmer. „Smart Window Shopping“ nennt sich Winklers Innovation. Winkler zeigt vor, wie regionales Einkaufen auch in Zeiten von Corona stattfinden kann, wenn der Handel geschlossen wird.
Fokus auf Beratung
Über 25.000 Leuchten hat Winkler im Sortiment: Wohn- und Badezimmerlampen, diverse Außenbeleuchtung sowie sogenannte „smarte“ Lampen, die über eine Fernbedienung oder eine App gesteuert werden können.
Der 41-Jährige studierte E-Business an der FH Steyr und arbeitete beratend bei einer Digitalagentur. „Unsere Stärke ist sicherlich die Kundenberatung. Das unterscheidet uns von großen internationalen Marktplätzen. Wir sind telefonisch erreichbar und helfen, individuelle Wohnräume richtig zu erleuchten“, erläutert Winkler.
Zahlreiche Kunden haben das „Smart Window Shopping“ bereits genutzt: „Wir sind vom Feedback derart begeistert, dass wir die Schaufensterflächen bereits verlängert haben“, freut sich Winkler.
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