Warum wir alle einen Vogel haben sollten
Jeder kennt sie, die tragischen Geschichten von fleißigen Minenarbeitern, die nach einem Arbeitstag unter Tage nie mehr wieder das Tageslicht erblickten. Weil ihnen im Bergwerk quasi die Luft ausgegangen war.
Klar, heute wissen wir, dass in tiefen Stollen der Kohlenmonoxid-Gehalt in der Atemluft so hoch werden kann, dass man daran stirbt. Längst gehören solche Schauergeschichten aber – zumindest in modernen Minen – dunkler Vergangenheit an. Belüftungssysteme verhindern derartige Unfälle.
Kanarienvögel als tragische Lebensretter
Doch bevor diese Einzug hielten, mussten sich die Bergleute anders behelfen: Sie schnappten sich kleine Kanarienvögel und nahmen sie kurzerhand mit in die Stollen.
Hintergrund: Vereinfacht ausgedrückt nehmen die Lungen von Vögeln viel schneller Kohlenmonoxid auf, als die des Menschen. Zudem ist so ein Vogerl halt auch um etliches kleiner als ein gestandener Kumpel. Kurz gesagt: Wenn der Kanarienvogel vom Stangerl gekippt ist, sind die Bergleute aus dem Stollen geflüchtet. Und konnten sich somit rechtzeitig in Sicherheit bringen.
Dass derartige lebendige Luftwächter aus vielerlei Gründen heute nicht mehr ganz zeitgemäß sind, steht außer Zweifel. Doch genau an dieser Geschichte haben sich die Entwickler eines ausgesprochen zeitgemäßen Instruments orientiert. Gemeinsam mit den Fensterentwicklern und Wohnraumprofis von Velux hat das Architekturstudio 3XN/GXN einen hochsensiblen Sensor entwickelt, der konstant das Raumklima überwacht. Er misst alle paar Minuten CO2, Temperatur und Feuchtigkeit in der Atemluft.
AirBird der Raumwächter
Bei zu hohen oder zur niedrigen Werten löst ein Algorithmus dann ein Warngeräusch aus. Und das ist einerseits ein blinkendes Lämpchen und – wir erinnern uns an den Kanarienvogel – das Zwitschergeräusch eines solchen!
Womit die Katze aus dem Sack wäre – das ganze Teil wurde als herziges Vogerl im Origami-Stil konzipiert. Man kann es einerseits von Besprechungsraum zu Besprechungsraum mittragen oder einfach fix an den Wänden von Büroräumen montieren. Logischer Name dieses Design-Sensors: AirBird.
„Mit dem AirBird geben wir der Luftqualität eine Form“, sagt Kasper Guldager Jensen, Gründer von 3XN/GXN stolz. „Er soll die Menschen dazu anregen, bewusster auf eine bessere Luftqualität zu achten und dementsprechend zu reagieren.“ Gerade in Zeiten der Pandemie ein relevanter Aspekt! Und langfristig einer, den moderne Immobilienentwickler generell in die Errichtung smarter Bürogebäude integrieren werden.
Raumluft und Gesundheit hängen zusammen
Schließlich haben die Experten festgestellt, dass Menschen bis zu 90 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen verbringen. „Daher ist die Überwachung der Raumluft und die Ergreifung von Maßnahmen zu ihrer Verbesserung einfach besonders wichtig“, sind sie sich sicher. Tatsächlich hätten Untersuchungen gezeigt, dass niedrige Schadstoffkonzentrationen in Innenräumen die Leistung von Büroangestellten verbessern, das Lernen und Lehren für Schüler und Lehrer erleichtern und den Schlaf verbessern. Zudem kann so das Risiko von Asthma und Allergien gesenkt werden, weiß man heute.
Das betont auch Smart Office-Experte Andreas Thamm von UBM Development. Er denkt da aber gleich in größeren Dimensionen: „Über Stellschrauben wie besseres Raumklima kann man nicht nur die Motivation der Mitarbeiter steigern und deren Gesundheit fördern. Wenn es auf diese Weise gelingt, Personalkosten um einen kleinen Prozentsatz zu senken, beispielsweise durch geringere Krankenstände, sind das bei großen Unternehmen viele Millionen Euro!“
Gesundheit als neue Währung
Lasse Lind vom Entwicklerteam des AirBird geht sogar noch weiter. Er ist sich sicher: „Gesundheit und Wohlbefinden sind die neue Währung. Es geht um die Gestaltung eines besseren Lernens, von besserem Schlaf und besseren Arbeitsbedingungen. Innenräume bieten die größten Möglichkeiten, um unser Wohlbefindens zu steigern.“
Eben deshalb zwitschert der AirBird auch nicht bloß vor sich hin, wenn er etwas zu sagen hat. Vielmehr übermittelt er seine gesammelten Daten stets in Echtzeit an das „digitale Hirn“ eines modernen Büros. Damit kann der AirBird laut Entwicklerteam maßgeblich zu Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen in den damit ausgestatteten Büroräumen beitragen.
Smart Office nimmt Gestalt an
Die Entwickler dazu: „Diese Daten ermöglichen Gebäudeeigentümern nicht nur das Wohlbefinden zu verbessern, sondern gleichzeitig auch die Energiekosten zu senken.“ Ein Aspekt, der laut Thamm in Zeiten des Smart Office besonders viel Relevanz hat. So würde nicht nur an der Kostenschraube gedreht werden, betont er, sondern auch der CO2-Fußabdruck des Gebäudes im Betrieb reduziert werden.
Richtig genutzt unterstützt moderne Sensortechnik wie die des AirBird also nicht nur das Raumklima, sondern auch das in der Geschäftsführung. Und das, was man eigentlich als Klima versteht. Das des Planeten, auf dem wir leben.
Text: Johannes Stühlinger Bilder: 3XN Architects
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