Origami aus Metall und Holz

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Obwohl die vom Studio Stipfold entworfene Blackbird Cabin gar nicht für den Bau gedacht ist, sorgt sie für mächtig Aufsehen. Oder vielleicht gerade deshalb?

In der Tat dauerte der Erstentwurf dieses Hauses kürzer, als das Falten so manches Kranichs in Origami. „In nur wenigen Stunden wurde die Blackbird Cabin skizziert,“ heißt es von den Machern. Den Architekten des Studios Stipfold. Und doch ist es das vermutlich größte Origami-Kunstwerk, das die Welt je gesehen hat. Oder eigentlich niemals sehen wird. Denn gebaut soll diese architektonische Meisterleistung gar nie werden …

1000 Kraniche für ein Wunder

Aber bevor wir uns um eine (un-)mögliche Realisierung der Blackbird Cabin kümmern, entfalten wir die vielen Falten dieses ungewöhnlichen Origami-Werks. Und werfen erst einmal einen Blick auf die Geschichte dieser berühmten Kunst der Papiergestaltung. Entstanden im Jahr 610 nach Christi Geburt entwickelte sich die Faltkunst langsam weiter, verbreitete sich über den Erdball. Und damit auch diese Erzählung: Der japanischen Legende zufolge wird demjenigen, der tausend Origami-Kraniche faltet, von den Göttern ein Wunsch erfüllt.

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Mit diesem Gedanken spielt nun die Idee der Blackbird Cabin. Vereinfacht ausgedrückt, erfüllt dieses gefaltete Einfamilienhaus dem Betrachter unterschiedliche Wünsche. So kann man etwa auf jeder Seite eine Art Eingangsbereich sehen. Wenn man sich einen wünscht. Denn eingeplant ist skurriler Weise gar keiner. „Die Blackbird Cabin ist wie ein Origami-Faltwerk als einzelnes Stück gedacht. Als ein Flugzeug, um genau zu sein,“ so die Architekten.

Blackbird Cabin soll überall landen

Jede Faltung dieses Flugzeugs soll aus jedem Blickwinkel interessante Profile generieren. Laut Stipfold ist es eben die daraus erwachsende Mehrdeutigkeit des Design, die es an jedem Ort denkbar macht. „Das Flugzeug soll einfach in jeder Umgebung landen können und überall gleichermaßen fremd wie natürlich wirken“, heißt es in der philosophischen Anleitung von Blackbird Cabin. Egal ob in einer Großstadt, am Strand oder in der Wildnis.

„Wer glaubt, dass dieses Design zu imposant oder gar zu bedrohlich für einen entspannenden Hüttenrückzug ist, der irrt“, mahnen da auch gleich die Architekten. Schließlich sei die Innenseite des gigantischen Faltobjekts nicht wie seine Außenhülle aus kaltem Metall, sondern mit warmer Holzfurnier verkleidet. „Diese bildet einen mehr als ausreichenden Kontrast zu den Stahlmöbeln und den kühlen Bauelementen“, ist man sich sicher.

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Gleichzeitig aber würde die so eindrucksvoll gefaltete Außenhülle das dringend notwendige Gefühl der Sicherheit vermitteln, meint Stipfold. „Blackird Cabin ist ein Ort, an dem man für sich sein kann, ohne dass klare Wege dorthin führen. Man kann sich dem Gebäude von jeder Seite nähern und es wird von jedem Blickwinkel auffallen und in jedem Betrachter andere Assoziationen hervorrufen.“

Und was ist mit der Küche?

Diesem Gedankenspiel steht wiederum eine überraschende Detailverliebtkeit bei anderen Aspekten gegenüber. So wurden etwa ein Parkplatz sowie eine überdachte Terrasse explizit gestaltet. Und die Küche hat man von der aluminiumverkleideten Kücheninsel über den offenen Kamin, die sich miteinander eine Dunstabzugshaube teilen, bis hin zur klaren Textur der einzelnen Elemente exakt durchgeplant. Über den Hintergrund dafür kann man nur Mutmaßungen anstellen: Vielleicht soll dem Objekt damit ein Zentrum, eine Seele verliehen werden? Vielleicht aber kocht man im Hause Stipfold einfach sehr gerne.

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Jedenfalls aber hat dieses Konzept dem Studio mächtig Rückenwind verschafft. „Es ist tatsächlich unser bekanntestes Projekt geworden“, räumt man ohne Umschweife ein. Das allerdings auch aus dem Grund, weil Blackbird Cabin von den Architekten als Sukkus ihrer konzeptionellen Arbeit im Allgemeinen wahrgenommen wird. Zitat: „Das Projekt entstand in einem ungefilterten Prozess, ohne äußere Zwänge. Das somit auch ungefilterte konzeptionelle Design hilft uns immer wieder aufs Neue dabei, Kreatives zu entwickeln und unsere Mission als Designer zu verstehen. Es manifestiert unsere Kernvision und lässt zu, dass wir sie ständig weiterentwickeln.“

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Genau das bedeutet schlussendlich wohl, dass Blackbird Cabin nicht nur nicht gebaut werden soll. Sie darf gar nie gebaut werden! Sonst würde etwas in Stein gemeißelt, das ständig weiterentwickelt werden soll. Und somit trotz seiner harten Bestandteile Metall und Holz genau so filigran ist, wie ein Kranich aus Papier.

Text: Johannes Stühlinger Bilder: Studio Stipfold

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