New Kiez on the Block
In Berlins Stadtteil Kreuzberg pulsiert das Leben. Gemütliche Cafés, hippe Vintageläden, kulturelle Vielfalt und eine Bar-Dichte, die zu den höchsten der Welt zählt. Das norwegische Architekturbüro Mad Arkitekter hat einen typischen Kreuzberger Wohnblock in all seiner Diversität hergenommen und auf seine Schmalseite gestellt. Das Ergebnis ist ein Wohnhochhaus, kurz WoHo genannt, das zu einem großen Teil aus Holz gebaut wird. Mit seinen 98 Metern Höhe wird es den derzeitigen Weltrekordhalter Mjøstårnetim norwegischen Brumunddal um gut 13 Meter überragen.
Doch die Konkurrenz im höhentauglichen Holzbau schläft nicht, und die Grenzen des Machbaren verschieben sich immer weiter nach oben. Die Niederlande wollen mit ihrem geplanten Vorzeigeprojekt The Dutch Mountains demnächst noch höher hinaus als die Berliner. Die ungleichen Zwillingstürme sollen Eindhoven eine 150 Meter hohe Landmark bescheren. Aber einen Titel hat das WoHo vorerst mal gesichert: Es wird Deutschlands höchstes Wohnhaus aus Holz sein.
Eine Kreuzberger Mischung
Das Gebäude mit 29 Stockwerken wird in der Nähe des Potsdamer Platzes errichtet, direkt neben der S-Bahn-Station Anhalter Bahnhof. In vier unterschiedlichen Kubaturen, auf einer Nutzfläche von insgesamt 18.000 Quadratmetern sollen Menschen künftig arbeiten und wohnen. Bei der Aufteilung des Mixed-Use-Projektes fallen 60 Prozent auf Wohnfläche, 25 Prozent auf Gewerbefläche, und 15 Prozent sind für soziale Infrastruktur wie Co-Making-Werkstatt, Kindergärten und Gemeinschaftsräume vorgesehen.
Unser Konzept versteht sich als vertikale Interpretation eines typischen Kreuzberger Blocks. In vielerlei Hinsicht ist das WoHo eine Stadt für sich.
Dies entspricht der durchschnittlichen Flächennutzung im Kiez des neuen Hochhauses. „In vielerlei Hinsicht ist das WoHo eine Stadt für sich“, erklären die Architekten. „Unser Konzept versteht sich als vertikale Interpretation eines typischen Kreuzberger Blocks. Durch eine vielfältige Komposition von Gebäudestrukturen, die sich in Höhe und Breite unterscheiden, passt sich das Gebäude an den Maßstab der Stadt, der Nachbarschaft und der Bewohner an.“
Ein Dachgarten für alle
Zwischen den unterschiedlich großen Baukörpern des Gebäudes sollen kleine Plätze und üppige Grünzonen entstehen, die als öffentliche Räume deklariert sind. Auch das Innere des Gebäudes, wie das offen angelegte Erdgeschoß und die freie Treppe zu den oberen Stockwerken, soll öffentlich zugänglich sein.
Kurz gesagt, das WoHo will sich nach außen hin öffnen, genauso wie es der Kiezblock auf horizontaler Ebene tut. Dabei kann das Holzhaus den Berlinern obendrein einen Mehrwert bieten, nämlich eine spektakuläre Aussicht über die ganze Stadt. Der Dachgarten in luftiger Höhe wird allen Besuchern für einen ausgiebigen Rundum-Blick offen stehen. „Wir hoffen, dass das WoHo mit seinem vielfältigen Angebot für die Öffentlichkeit und die Nachbarschaft zu einem attraktiven Treffpunkt für ganz Kreuzberg wird“, beschreibt Architekt Jonny Klokk von Mad Arkitekter das angestrebte Ziel.
Hochhaus in Holz-Hybrid-Bauweise
Das WoHo soll in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet werden. Die Treppenhäuser und Fahrstuhlschächte der vier Baukörper werden eine Stahl-Beton-Konstruktion aufweisen, der Rest der tragenden Konstruktion wird aus Holz sein.
Mittlerweile ist der nachwachsende Baustoff Holz im internationalen Städtebau angekommen. Anlaufschwierigkeiten bereiten oft noch die Bauauflagen, die auf eine herkömmliche Bauweise ausgerichtet sind. Vor allem beim Thema Brandschutz gibt es noch vermehrt Vorbehalte gegenüber dem mehrgeschossigen Holzbau.
Holz hat die besseren Brandeigenschaften
Eine Ansicht, die von Experten allerdings nicht geteilt wird. Während ein Stahlträger unter der großen Hitze eines Brandes unvermittelt wegknicken könnte, brennt Holz kontrolliert. Auf der Oberfläche des Holzes bildet sich eine Schutzschicht aus Holzkohle, die für enorme Widerstandsfähigkeit sorgt.
Holz ist ein Material mit smarten Eigenschaften, das sich besonders im Neubau bewährt.
Eine Eigenschaft, die in Japan bereits seit Jahrtausenden genutzt wird. Shou Sugi Ban nennt sich die Methode der Holzversiegelung, bei der die Oberfläche karbonisiert wird. Entsprechende Holzverkleidungen sind nicht nur 100 Jahre wartungsfrei, sie stellen auch einen effektiven Brandschutz dar.
Der Baustoff der Zukunft
Für die Architekten des WoHo ist Holz der Baustoff der Zukunft. Abgesehen von seiner Wärme und der angenehmen Haptik im Wohnbereich, liege der größte Vorteil des nachwachsenden Rohstoffes in der Speicherfähigkeit von Kohlendioxid.
„Holz hat einen kleineren CO2-Fußabdruck als die meisten herkömmlichen Baustoffe. Es ist ein Material mit smarten Eigenschaften, das sich besonders im Neubau bewährt“, sagt Klokk und ergänzt: „Holz ist wichtig für die Zukunft unseres Planeten, um dem hohen Energie- und Ressourcenverbrauch in der Bauwirtschaft entgegenzuwirken.“
Text: Gertraud Gerst Renderings:Mad Arkitekter
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