Grünes Wunder im Roten Meer

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Um Saudi-Arabien als Urlaubsdestination weiterzuentwickeln, wurde das „Red Sea Project“ ins Leben gerufen. Auf 22 Inseln soll bis 2030 das ehrgeizigste und umweltfreundlichste Tourismuszentrum der Welt entstehen.

Die Kennzahlen des so genannten „Red Sea Projects“ sind schon lange, bevor der erste Ziegel überhaupt verbaut wurde, eine eigene Angelegenheit: 28.000 m2 Strand, Wüste, Berge und Vulkangebiete auf 22 Inseln werden bis 2030 dem laut Erbauern „ehrgeizigsten und umweltfreundlichsten Tourismusprojekts der Welt“ zugehören.

Red Sea Project als BIP-Booster

In seiner Endausbaustufe soll das ultimative Vorhaben, an der saudiarabischen Westküste im Roten Meer gelegen, das BIP des Wüstenstaates um 5,86 Milliarden Dollar erhöhen. Zudem sollen damit langfristig 70.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Mega aber trotzdem naturnah?

In Anbetracht dieser Dimensionen klingt es irgendwie absurd, wenn man dabei in irgendeiner Form von Nachhaltigkeit oder Naturnähe spricht. Und doch scheint der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud und Ideengeber des „Red Sea Projects“ diese Sache tatsächlich ernst zu nehmen.

Denn: Während er im Jahr 2017 noch recht nebulose Ideen präsentierte, stellte er nun die Pläne für die erste Phase des Tourismusmagneten in spe vor: Bis 2022 sollen 3.000 Hotelzimmer, ein Flughafen, ein Yachthafen und ein Wellnesszentrum fertiggestellt werden. Alles superumweltfreundlich!

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Um nämlich den Nachhaltigkeitsaspekt auch wirklich hochhalten zu können, wurde dieser nicht nur in der offiziellen Ausschreibung verankert. Es wurde zudem bei der Auswahl der ersten beiden Architektur-Studios, die zum Zug kommen, auch auf deren einschlägige Referenzen geachtet. So hat sich der japanische Star Kengo Kuma mit seinen nachhaltigen Flachbauten mit Regionalbezug längst einen Namen gemacht. Und „Foster + Partners“ haben sich das Thema „Nachhaltigkeit“ sogar schon bei ihrer Gründung im Jahr 1967 groß auf die Fahnen geheftet. Derzeit errichtet man gar das "Grünste Büro der Welt".

Flughafen und Luxusvillen

Aber was haben die beiden Architektur-Giganten nun konkret vor? Einfach ausgedrückt kann man sagen, dass sich Kengo Kuma um die exklusivsten Luxusherbergen kümmern wird und Foster + Partners um die restlichen Unterkünfte und die Infrastruktur. Tatsächlich hat Kuma im ersten Schritt einmal 100 Ferienvillen sowie zwei Spezialitätenrestaurants, ein Spa, einen Empfangspavillon und einen Gästesteg entworfen. Sein architektonischer Mitspieler wiederum steuert den eigenen Flughafen und mehrere Hotels bei.

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Aber sehen wir uns die aktuell bekannten Konzepte der Reihenfolge nach an – und landen dabei logischer Weise zu allererst beim – Flughafen. Das Design des Terminals zielt darauf ab, jedem Reisenden die Erfahrung eines Privatflugzeug-Terminals zu vermitteln. Das will man dadurch erreichen, dass nicht in großen Hallen, sondern in kleineren Räumen gedacht wird. Diese sollen das Gefühl von Luxus und Individualität generieren.

Dünen als Vorbild

Die Form der Dachschalen ist von den Wüstendünen inspiriert, und Ausleger an der Land- und Luftseite spenden den Passagieren Schatten. Eine grüne Oase im Herzen des Flughafens soll verdeutlichen, dass hier alles mit nachhaltigen Dingen zugeht. Und der Flughafen zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden wird.

Flughafen als Tor in eine andere Welt

"Der Flughafen des ,Red Sea Project’ ist als Tor zu einem der einzigartigsten Resorts der Welt und als integraler Bestandteil des Besuchererlebnisses geplant", so Gerard Evenden, Studioleiter bei Foster + Partners. Inspiriert von den Farben und Texturen der Wüstenlandschaft versuche man mittels nachhaltigem Design, eine ruhige und luxuriöse Reise durch das Terminal zu schaffen. Logischer Nachsatz: "Unsere Vorschläge respektieren die extreme Umweltsensibilität der Region und verfolgen einen 'Light-Touch'-Ansatz, der die wunderbare biologische Vielfalt der Inseln am wenigsten beeinträchtigt", so Evenden.

Das Design unserer Anlagen wurde von den in der Natur vorkommenden Elementen der Insel inspiriert.

von Kengo Kuma, Architekt

Das bedeutet vor allem zweierlei: Einerseits werden sämtliche Bauten nicht vor Ort hochgezogen, sondern vielmehr in möglichst großen Fertigteilen angeliefert und vor Ort nur noch verschraubt. Ein bisschen wie Lego für Erwachsene, also. Damit soll jedenfalls Bauzeit und anfallender Abfall gleichzeitig reduziert werden. Außerdem wurden beide Architektur-Studios dazu angehalten, möglichst wenig Beton für die Errichtung der Komplexe zu verwenden.

Red Sea Project aus Spezialholz

Diesen Ansatz haben vor allem Kengo Kuma und seine Mitarbeiter besonders ernst genommen: Sie setzen bei ihren Entwürfen fast ausschließlich auf besonders resistentes Accoya-Holz, das für die salzhaltige Umgebung geeignet ist. Zudem werden ihre Luxus-Pavillons allesamt mit Lehmputz versiegelt. Kuma selbst sagt: "Wir wurden von der Red Sea Development Company ausgewählt, da wir die Vision des Kunden teilten, ein einzigartiges Luxus-Tourismusziel im Nahen Osten zu schaffen."

Und so präzisiert der japanische Meisterarchitekt: „Das Design unserer Anlagen wurde von den in der Natur vorkommenden Elementen der Insel inspiriert. Dem relativ flachen Gelände der ausgewählten Insel folgend arbeiten wir mit niedrigen, horizontalen Räumen. Diese ordnen wir so an, dass sich das Dach sanft wölbt und so eine harmonische Beziehung zum ebenfalls gewellten Sandboden eingeht.“

Wasservillen auf Korallenbasis

Ähnlichen Überlegungen folgend wurden die Wasservillen nicht den Sanddünen, sondern den Meereskorallen nachempfunden. Ihre spiralförmige Ausprägung macht zudem einen 360-Grad-Blick über das Meer möglich, wie Kuma betont.

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Zitat: "Der Grundriss der Korallenvillen spiegelt die Form der Gebäude wider, die sich sanft nach oben schlängeln, einen inneren Seehof schaffen und die Privatsphäre von den benachbarten Gebäuden sichern.“ Auch eines der beiden Spezialitätenrestaurants wird auf dem Wasser angesiedelt und in seiner Form von den Korallenriffen geprägt sein.

Nachhaltigkeit durch moderne Technik

Wie aber lässt sich nun das Errichten künstlicher Bauten nahe besonders empfindlicher Korallenriffe noch als naturnah darstellen? So: "Der beste Standort für die Wassergebäude wurde durch genaue bathymetrische Untersuchungen, Biodiversitätsstudien und meerestechnische Studien ausgewählt, um Schäden am Korallenriff zu vermeiden und die Meeresströmungen nicht zu stören", so Kuma.

Fazit:

In der Tat versucht man beim „Red Sea Project“ nach allen Regeln der Kunst Naturnähe zu vermitteln. Allein, bei einem Vorhaben dieser Dimension fällt es einfach schwer zu glauben, dass der Bau an bedrohten Korallen und Co. spurlos vorübergehen wird. Luxusurlauber, insbesondere Taucher, werden sich aber gewiss über die besondere Naturnähe, die ihnen ermöglicht wird, freuen. Zumindest in den ersten Jahren …

Text: Johannes Stühlinger Bilder: Foster + Partners; Lucianr

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