Abgedrehter Baumhaus-Stil

Antony-Gibbon-1-1024x576
Der für Waldbauten berühmte Architekt Antony Gibbon gibt mit seinem neuesten Projekt seine eigene DNA preis. Oder, besser gesagt: Der Mann hat in Sachen Baumhäuser einfach den Dreh raus.

Vielleicht hat es damit zu tun, dass Holz als Baustoff gerade mächtig im Aufwind ist. Vielleicht sind es aber auch nur kindliche Phantasien, in die Erwachsene sich flüchten, weil ihnen die Realität zu steril ist. Tatsache jedenfalls ist: Baumhäuser boomen.

Antony Gibbons Baumhaus-Welt

Und das so sehr, dass sich manche Architekten auf dieses durchaus spitze Feld der Architektur spezialisieren. Der Südtiroler Peter Pichler zum Beispiel. Oder eben der Brite Antony Gibbon. Während der Zaha-Hadid-Schüler Pichler allerdings seine Baumhaus-Affinität eher für PR-Zwecke nutzt und sein Geld mit Bauten in den Emiraten verdient, setzt Gibbon inzwischen besonders intensiv auf Holzhütten. Mit außergewöhnlicher Akribie entwirft er seit Jahren die unterschiedlichsten Lebensräume in Baumwipfeln.

Antony-Gibbon-3-1024x576

Seine Entwürfe und die daraus resultierenden Strukturen gelten als zeitgenössisch und stehen im Einklang mit unserer Zeit. Weil sie stets das Thema Nachhaltigkeit verfolgen. Außerdem wird seinem Schaffen gleichzeitig Nostalgie und Zukunftsorientiertheit, Dystopie und Utopie nachgesagt. Vor allem aber sind seine Entwürfe – von denen einige bereits auch realisiert wurden – einfach durch die Bank das, was man landläufig als „schön“ bezeichnet.

Baumhaus mit Spezial-DNA

Und in eben diese Kategorie reiht sich auch seine neue Baumhausreihe ein. Unter dem Namen „Helix“ gruppiert er in einem dichten Wald lauter baugleiche Holztürme, die in sich verdreht möglichst zwischen den Bäumen verschwinden. Dieses spiralförmige Baumhaus-Konzept ist über zwei Geschoße organisiert, zwischen den Baumwipfeln erhöht und über eine spiralförmige Kerntreppe zugänglich.

Antony-Gibbon-2
Antony-Gibbon-6

Womit die gedrehte Erscheinung dem Namen „Helix“ wohl eindrucksvoll gerecht wird. Gleichzeitig aber drängt sich der Verdacht auf, dass mit der so generierten Erinnerung an die Struktur der Doppelhelix der DNA etwas weniger Offensichtliches gemeint sein könnte.

Was ist Mimikry?

Und wenn man in der Biografie des Herrn Gibbon etwas tiefer gräbt, wird man auch recht bald fündig: Gibbon interessiert sich seit seiner Jugend für die so genannte Biomimikry. Also die Nachahmung der Natur zum Zwecke der Lösung menschlicher Probleme. Die Idee, Natur zu imitieren, liegt also in seiner architektonischen DNA. Und so ist es weiter logisch, dass er seine neuesten Baumhäuser nicht in Baumwipfel baut, sondern eigenständig neben Bäumen auf deren „Augenhöhe“ erwachsen lässt. Indem er Baum-DNA sozusagen integriert.

Weil dieses „Baumhaus“ eben nicht auf die Unterstützung durch umliegende Bäume angewiesen ist, werden die Auswirkungen auf die Umwelt weiter minimiert.

Aber, klar, diese Überlegungen sind bloß Interpretationen. Weit realer sind die Details der Helix-Häuser. Die Außenseite des prototypischen Baumhauses ist mit Holzlattenbalken verkleidet, die einen Blick auf die Treppe ermöglichen. Diese führt wie eine Spindel hinauf zum Wohnraum. Auf nur 100 Quadratmetern treibt Gibbon in seinen Helix-Bauten die Idee, klein aber o-ho(ch) zu wohnen, auf die Spitze.

Baumhaus für Baumkronen-Blick

Es gibt gerade genug Platz für eine Kochnische und ein kleines Badezimmer im ersten Stock. Das Schlafzimmer befindet sich im zweiten Stock. Eine ganze Wand besteht aus Glas, woduch viel natürliches Licht eingelassen und eine atemberaubende Aussicht ermöglicht wird. Es scheint wahrlich einfach zu sein, auf kleinem Raum zu leben, wenn man jeden Morgen mit dem Blick in die Baumkronen aufwacht.

Antony-Gibbon-1-1024x576

Allerdings sind diese Baumhäuser nicht als Wohnhäuser gedacht, sondern als  Wochenendrefugium. Vor allem aber ist Helix natürlich extra-umweltfreundlich: Beim Bau wird auf lokale Ressourcen gesetzt. Die extrem kleine Grundfläche sorgt für möglichst geringe Auswirkungen auf den Boden und das Land, auf dem eine „Helix“ steht.  Und weil dieses „Baumhaus“ eben nicht auf die Unterstützung durch umliegende Bäume angewiesen ist, werden die Auswirkungen auf die Umwelt weiter minimiert.

Möbel auf Baum-Basis

Gibbons großes Gespür für die Kombination von modernem Design mit natürlichen Elementen zeigt sich allerdings nicht nur in seinen Gebäudeentwürfen. Vielmehr hat er inzwischen ein weiteres Feld für sich entdeckt: Das Entwerfen wunderschöner Möbel. Freilich aus Holz. Sein Anspruch an sich selbst dabei: Die Möbel sollen so vollständig sein, wie es ein Baum in seiner Gesamtheit ist.

Bleibt nur zu hoffen, dass Gibbon bei seiner Arbeit nicht irgendwann einmal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.

Text: Johannes Stühlinger Bilder: Antony Gibbon Design

Lesen Sie weiter im UBM Magazin, der Plattform für Immobilienwirtschaft, Stadtplanung und Design.

Kommentare