Feinste Shades of Grey

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Sie sind die Großmeister des monochromen Interior Designs. Für die Gestaltung der niederösterreichischen Weinmanufaktur Clemens Strobl bekommt das Architektenteam Destilat nun den German Design Award 2021 verliehen.

Ein selbstbewusster Bauherr ist wohl das, was sich jeder Architekt wünscht. Einer, der weiß, was er will, und dabei nicht allzu viele Vorgaben macht. So wie Auftraggeber Clemens Strobl, der sich für seine biologische Weinmanufaktur „möglichst wenig Design“ wünschte. Der Winzer aus Oberösterreich ließ einen verfallenen Meierhof in Mitterstockstall am Wagram zu Wohnraum und Arbeitsstätte umbauen. Das farb- und formreduzierte Konzept, das das Architektur- und Designbüro Destilat ablieferte, sorgt auch international für Aufsehen.

Architektur ohne Anfang und ohne Ende

Während spektakuläre Weingüter von Stararchitekten seit langem zum Aushängeschild der größten Weinanbaugebiete Europas zählen, ist die Verbindung von Wein und Architektur in den letzten Jahren auch in Österreich angekommen. Mit dem neu eröffneten Weingut wurde allerdings kein dekonstruktivistischer Bau á la Gehry in die Weinviertler Kulturlandschaft gegrätscht. Harald Hatschenberger, Thomas Neuber und Henning Weimer von Destilat haben stattdessen ein subtiles und stimmiges Verbindungsstück geschaffen, das zwischen Historie und Gegenwart vermittelt. 

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Eine zurückgenommene Kulisse in feinsten Shades of Grey zeichnet die Weinmanufaktur Clemens Strobl aus.

Zeit ist allerdings ein Begriff, den die Architekten in ihrem eigenen Designvokabular abgeschafft haben. „Es gibt keine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es gibt nur das, was man daraus macht. Design ist ein Prozess ohne Anfang und ohne Ende, ein Feld von großer Neugier, ein Depot von Ideen“, sagen sie über ihr kreatives Leitbild.

Es gibt keine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es gibt nur das, was man daraus macht.

Das Gesamtkonzept der Weinmanufaktur Clemens Strobl vereint die alte Bausubstanz des Gutshofes aus dem 19. Jahrhundert mit zwei langgestreckten Giebelhäusern und einem zentralen Hof zu einer stilistischen Einheit. Eines der ursprünglichen Wirtschaftsgebäude konnte samt Backsteinmauen restauriert werden, das andere wurde durch einen Neubau ersetzt. Verbunden werden die beiden Kubaturen durch einen verglasten Überbau, der mit seiner Stahlgitterkonstruktion an die Industriearchitektur der Pionierzeit erinnert.

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Geschliffener Estrich, Heraklitplatten und grau lasierte Altholzfichte bestimmen die puristische Materialwelt.

International ausgezeichnetes Design

„Wie der Entwurf sämtliche Bereiche der Weinmanufaktur unter einem Dach miteinander vereint, wurde architektonisch höchst elegant gelöst“, heißt es in der Jurybegründung des Iconic Awards, mit dem das Projekt 2020 ausgezeichnet wurde. „Der offene Charakter ermöglicht spannende Blickachsen von einem Bereich in den anderen, wobei die übergreifende klare, minimalistische Designsprache einen insgesamt sehr modernen und hochwertigen Eindruck entstehen lässt.“

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Die Manufaktur und der restaurierte Meierhof in Mitterstockstall

Mit dem Konzept konnte das Architektentrio auch den German Design Award in Gold holen, der Anfang 2021 verliehen wird. In der Kategorie „Large workspace interior of the year“ ist das Projekt für den Dezeen Award nominiert, der das „klare Design“ des Weinguts hervorhob. „Feinsinnig am Altbestand orientiert und dennoch selbstbewusst als Neues erkennbar“, ist die Maxime, die die Architekten für sich selbst bei der Umsetzung des Großprojektes ausgaben.

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Eine schwarze Metalltreppe führt zu einem Meetingbereich im ersten Stock.
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Die beiden Giebelbauten sind durch eine Glaskontruktion miteinander verbunden.

Eine puristische Materialwelt

Aufnahmen aus dem Inneren der Manufaktur wirken wie Fotos im Schwarz-Weiß-Filter. Doch die Abwesenheit von Farbe ist hier Programm. Destilat lieferte seinem Auftraggeber Strobl die bestellte Abwesenheit von Design in Form einer „äußerst reduzierten Farb- und Formensprache und einer ebenso puristischen Materialwelt. Geschliffener Estrich am Boden und weißes Heraklith an der Decke, das zusätzlich Schall absor­bierend wirkt, changieren in lichten Nebeltönen“, beschreiben die Architekten die Materialien, für die sie ein besonderes Faible haben. 

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Der kubische Verkostungsraum verlinkt die beiden Giebelbauten im Inneren.

Grau in all seinen Schattierungen stellt das Weinmachen in den Mittelpunkt.

von Destilat, Architekten und Designer

„Auch der Küchenblock zeigt sich in grau lasierter Altholzfichte, während die Ausschnitte des massiven ‚Bausteins‘ ein weißes Innenleben aus unbehandelten Multi Force Bauplatten zum Vorschein bringen“, heißt es weiter. In dieser Welt aus feinsten Shades of Grey soll nichts vom Wesentlichen ablenken, wie die Architekten meinen. „Grau in all seinen Schattierungen stellt das Weinmachen in den Mittelpunkt.“

Text: Gertraud Gerst Fotos: Monika Nguyen, Destillat

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