Im One-Stop-Shop zur Immobilie
Betongold ist beliebter denn je. Immobilientransaktionen können jedoch so manchen Stolperstein beinhalten, sagt Markus Kaspar, Notar in Wien.
Auch in Zeiten der Pandemie sehen viele Menschen Immobilien als krisensicheren Hafen an und haben in Wohnungen oder Häuser investiert. Worauf führen Sie das zurück?
Markus Kaspar: Immobilien sind etwas zum Angreifen, Anschauen, etwas Reales. Das ist offensichtlich gerade in unsicheren Zeiten für viele eine große Beruhigung. Dazu kommt, dass sie in der Regel nicht an Wert verlieren, sondern vielfach sogar gewinnen.
Nach wie vor werden Immobiliengeschäfte oft ohne kompetente Beratung abgeschlossen…
...was ich für nicht besonders klug halte. Man nimmt, zumindest beim Kauf, dafür doch größere Summen in die Hand. Dazu kommt, dass man als Laie einiges übersehen kann.
Was beispielsweise?
Für Unternehmer etwa macht es einen Unterschied, ob die Immobilie ins Betriebs- oder Privatvermögen fällt. Letzteres kann unter Umständen einige Vorteile, beispielsweise steuerlicher Natur, bringen. Außerdem spielt das Erbrecht mit: Wenn etwa eine GmbH ein Gebäude kauft und das Unternehmen einige Jahre später verkauft wird, kann die Immobilie nicht vererbt werden. Außer sie wird herausgekauft, was jedoch teuer werden kann. Diese Themen werden in Beratungsgesprächen häufig angesprochen. So mancher hat bereits auch böse Überraschungen erlebt, wenn er sich nur auf Vertragsvorlagen aus dem Internet verlassen hat: Bei Mietverträgen haben Befristungen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen oder beim Immobilienerwerb gab es wegen der grundbücherlichen Belastungen Probleme und Komplikationen.
Gerade bei Kauf, Verkauf oder Übergabe schätzen 83 Prozent der Österreicher die rechtlich einwandfreie Abwicklung
Wie können in diesem Zusammenhang Notare bei Immobiliengeschäften unterstützen?
Als unparteiische Rechtsberater sind wir Notare wichtige Ansprechpartner bei Immobiliengeschäften und können für die Rechtssicherheit aller Beteiligten sorgen. Das ist diesen auch sehr wichtig. Die Immobilienstudie 2020 der Österreichischen Notariatskammer hat gezeigt, dass 83 Prozent der Österreicher gerade bei Kauf, Verkauf oder Übergabe von Immobilien die rechtlich einwandfreie Abwicklung sehr schätzen. 78 Prozent legen Wert auf eine kompetente Beratung. Und immerhin fast drei Viertel der Befragten ist es wichtig, dass Streit vermieden wird. Das zeigt eindeutig, dass Kauf, Verkauf und die Übertragung von Immobilien doch auch stark mit Streit und Unannehmlichkeiten in Verbindung gebracht werden.
Wie können Notare dazu beitragen?
Wie gesagt, wir sind unparteiische Berater. Dazu kommt, dass wir quasi ein „One Stop-Shop“ bei Immobiliengeschäften sind. Der erste Schritt ist die Vorbereitung für die Vertragsabwicklung. Darunter fallen der Blick ins Grundbuch, um die Eigentumsverhältnisse der Liegenschaft zu überprüfen, und auf das Lastenblatt, um zu sehen, ob die Immobilie beispielsweise mit Hypotheken oder Servituten belastet ist. Danach folgen Vertragserstellung, die Übernahme der Treuhandschaft, die ein wichtiger Aspekt zur Absicherung von Käufer und Verkäufer ist, sowie die Beglaubigung der Unterschriften. Auch die Abwicklung der Finanzamtserfordernisse, also entweder die Selbstberechnung von Grunderwerb- und Immobilienertragssteuer einschließlich der gerichtlichen Eintragungsgebühr oder die Übermittlung der Abgabeerklärung, gehört zum Paket. Der letzte Schritt ist die Antragstellung für die Eintragung ins Grundbuch.
Wie sieht es bei Mietverträgen aus?
Da können wir ebenfalls für rechtskonforme Verträge sorgen, etwa in Hinblick auf Befristungen. Weiters kümmern wir uns um die Vergebührung der Mietverträge, sofern es sich nicht um Wohnungen handelt. Bei diesen sind ja die Gebühren vor einigen Jahren abgeschafft worden.
Sie haben das Erbrecht erwähnt. Oft werden Immobilien nicht vererbt, sondern zu Lebzeiten verschenkt. Wo liegen die Vorteile einer Schenkung zu Lebzeiten und was sollte man dabei bedenken?
Zu Lebzeiten künftiger Erblasser kann in der Familie geregelt werden, wer von den Kindern die Immobilie erhält und welche Kinder allenfalls eine andere Abfindung, zu Beispiel einen Geldbetrag, erhalten. Falls mehrere Immobilien vorhanden sind, kann eine einvernehmliche Regelung betreffend die Aufteilung getroffen werden. Wichtig in diesem Zusammenhang sind oft auch die Errichtung von notariellen Pflichtteilsverzichtsverträgen. Damit soll verhindert werden, dass nach dem Ableben des Eigentümers noch Schenkungspflichtteilsforderungen gestellt werden. Durch Übertragungen von Immobilien zu Lebezeiten der Eigentümer können oftmals spätere Erbstreitigkeiten vermieden werden.
Seit April 2020 erlaubt die Notariatsordnung aufgrund des vierten Covid-19-Gesetzes nun auch, Notariatsakte digital zu erstellen und Beglaubigungen – etwa von Unterschriften – digital, ohne persönliche Anwesenheit beim Notar, durchzuführen. Das gilt auch für Kaufverträge?
Genau. Auch diese können digital erstellt werden. Natürlich ist dabei ein wichtiger Punkt, dass die Identifikation der Beteiligten korrekt durchgeführt wird und dass der Notar seine Beratungs- und Beistandspflichten erfüllen kann.
Wie läuft das konkret ab?
Noch bevor die notarielle Amtshandlung digital erfolgt, werden die Identität des Klienten mithilfe eigener Verfahren festgestellt und allfällige Prüfungen hinsichtlich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durchgeführt. Sind die Dokumente fertig vorbereitet, wird – sofern es sich um einen Notariatsakt handelt – dieser in einer Videokonferenz verlesen, dabei werden auch letzte Fragen geklärt. Schließlich bringt der Klient unter Aufsicht des Notars seine qualifizierte elektronische Signatur am jeweiligen Dokument an. Bei Vornahme von Unterschriftsbeglaubigungen versieht der Notar das Dokument mit der Beglaubigungsklausel und signiert die Urkunde mit seiner Beurkundungssignatur.
Ursprünglich war die digitale Erstellung von Notariatsakten bis Ende 2020 befristet. Hat sich daran etwas geändert?
Ja. Wir können nunmehr diesen Service unseren Klienten auch über diesen Zeitraum hinaus anbieten.
Family Business ist eine Serie der Österreichischen Notariatskammer für die heimischen Familienunternehmen.
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Österreicher setzen das eigene Zuhause mit Geborgenheit gleich
Eigentumsquote. Mehr als 59 Prozent der Österreicher besitzen zumindest eine private Immobilie, acht Prozent davon nennen zwei oder mehr Immobilien ihr Eigen
„My home is my castle“ – dieser Spruch scheint auch in Österreich zu gelten. Besonders, wenn es um die mit den eigenen vier Wänden verbundenen Emotionen geht. Demnach setzt der Großteil der Österreicher, konkret knapp 64 Prozent, ihr Zuhause mit Geborgenheit gleich – egal, ob es sich dabei um Eigentum oder Miete handelt. Das zeigt die Immobilienstudie 2020 der Österreichischen Notariatskammer. Interessantes Detail: Die Begriffe „Familie“ (61,6 Prozent) und „Sicherheit“ (53,4 Prozent) assoziieren allerdings tendenziell mehr Eigentümer mit ihrem Zuhause als Mieter das tun.
Land der Eigentümer
Wobei die Alpenrepublik auch nach wie vor ein Land der Eigentümer ist: Mehr als 59 Prozent der Österreicher besitzen zumindest eine private Immobilie, acht Prozent davon nennen zwei oder mehr Immobilien ihr Eigen. Die wenigsten Immobilieneigentümer, nämlich knapp 35 Prozent, sind dabei in Wien zu finden, die meisten (76 Prozent) im Burgenland.
Ein Eigenheim zu schaffen, ist übrigens auch der Hauptgrund für den Erwerb einer Immobilie, zeigt die Studie weiter. Zunehmend werden Immobilien aber auch als Altersvorsorge geschätzt: Für 37 Prozent der Befragten war dies das Motiv zum Immobilienkauf, im Jahr 2013 sahen das „nur“ 32 Prozent so. Neben dem Wegfall von Mietkosten und der Möglichkeit, Geld zu veranlagen, nennen die Befragten weiters die Schaffung von Unabhängigkeit und eben, etwas Eigenes zu besitzen, als Vorteile, die mit dem Eigentum von Haus, Wohnung oder auch Grundstück verbunden sind.
Dennoch mobil
Nach Immobilienart dominiert in Österreich nach wie vor das Haus – mehr als die Hälfte der Österreicher, nämlich knapp über 51 Prozent, leben in einem solchen. 44 Prozent sind in einer Wohnung daheim, drei Prozent leben in einer Wohngemeinschaft und der Rest in sonstigen Unterkünften wie beispielsweise im Studentenheim. Und doch: trotz der hohen Eigentumsquote sind die Österreicher mobil: Wie die Studie zeigt, haben mehr als 59 Prozent bereits mindestens dreimal durch Umziehen ihr Zuhause gewechselt.
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