Eheverträge: „Gebühr ist eine echte Hürde“

Mit einem Ehevertrag kann man für den Scheidungsfall vorsorgen
Erfried Bäck, Präsident der Notariatskammer Kärnten, über Sinnhaftigkeit und Kosten von Eheverträgen und Mediation

In den USA sind sie Gang und Gäbe, hierzulande werden kaum Eheverträge abgeschlossen. Woran das liegt und warum es geändert werden sollte, erklärt Erfried Bäck, Präsident der Notariatskammer Kärnten.

Im Vorjahr wurden rund 45.000 Ehen geschlossen – wie viele dieser Paare haben Ihrer Schätzung nach einen Ehevertrag unterzeichnet?

Erfried Bäck: Nur sehr wenige, Eheverträge sind ein Minderheitenprogramm.

Grundsätzlich herrscht in Österreich Gütertrennung: Vermögenswerte, die ein Partner in die Ehe bzw. die eingetragene Partnerschaft eingebracht oder während der Ehe alleine erworben hat, bleiben während der Ehe dessen Alleineigentum. Gleiches gilt für die Verbindlichkeiten. Im Falle der Scheidung unterliegt jedoch prinzipiell das gesamte eheliche Gebrauchsvermögen sowie jene ermögensgegenstände und Ersparnisse, die während der Ehe angeschafft wurden, der Aufteilung – und zwar im Verhältnis Fünfzig zu Fünfzig.

Aber sie wären doch ein sinnvolles Instrument, um bei Scheidungen Streit zu vermeiden.

Das sind sie definitiv. Man kann im Ehevertrag viel regeln, da bleibt nicht viel zum Streiten übrig. Paare, die einen haben, haben bei einer Scheidung definitiv bessere Karten. Das gilt im Übrigen auch für Partnerverträge bei eingetragenen Partnerschaften.

Warum werden sie dann so selten vereinbart?

Der springende Punkt ist die dabei anfallende Gebühr. Die ist eine echte Hürde für Ehe-, aber auch Partnerverträge. Für die Finanz sind beide nämlich in der Regel außergerichtliche Vergleiche, die mit zwei Prozent des Verkehrswerts des Vermögens vergebührt werden müssen. Das ist den meisten Paaren zu teuer.

Soll diese Gebühr also abgeschafft werden?

Ja. Es handelt sich dabei um eine Papiersteuer aus der Zeit Maria Theresias, die absolut nicht mehr der Zeit entspricht. Außerdem sollte es meines Erachtens eigentlich im Interesse des Staates sein, wenn Bürger ihre Angelegenheiten vertraglich regeln und daher weniger streiten. Dadurch würde die Justiz spürbar entlastet.

Eheverträge: „Gebühr ist eine echte Hürde“

Bei Lebensgemeinschaften ist ein Partnervertrag enorm wichtig, da Lebensgefährten nur im Miet- und Erbrecht berücksichtigt werden.

von Dr. Erfried Bäck

Präsident der Notariatskammer Kärnten

Sie sagten zuvor, in einem Ehevertrag kann vieles geregelt werden – was beispielsweise?

Man kann unter anderem vereinbaren, was mit der Ehewohnung oder den ehelichen Ersparnissen im Fall einer Scheidung passiert. Oder was mit etwaigen Investitionen des Partners geschehen soll. Genau vordefinierte Auszahlungsansprüche oder Vermögensübertragungen zum Ausgleich von Ansprüchen können in diesen Verträgen, die der Form eines Notariatsaktes bedürfen, ebenfalls vereinbart werden.

Die klare Regelung des Vermögens ist ja gerade für Unternehmer ein wichtiges Thema ...

Absolut. Zwar sind im Besitz eines Partners befindliche Unternehmen, Unternehmensanteile sowie dem Betrieb gewidmete Vermögenswerte im Scheidungsfall von der Aufteilung grundsätzlich ausgenommen. Aber die Erfahrung zeigt, dass sich ohne klare Regelung streiten lässt, was konkret darunter zu verstehen ist. Besonders dann, wenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob bestimmte Vermögenswerte wie etwa Aktien, Unternehmensbeteiligungen oder Fahrzeuge bloße Wertanlage oder doch betriebsnotwendig sind. Man kann übrigens sowohl im Ehe- als auch Partnervertrag regeln, dass der unternehmensfremde Partner auf seinen Pflichtteilsanspruch im Todesfall verzichtet.

Die Zahl der Eheschließungen geht kontinuierlich zurück, Lebensgemeinschaften liegen im Trend. Wie wichtig ist bei diesen eine Regelung beziehungsweise ist eine solche überhaupt möglich?

Bei Lebensgemeinschaften ist ein Partnervertrag enorm wichtig, da Lebensgefährten nur im Miet- und Erbrecht berücksichtigt werden. Ansonsten gilt das Zivilrecht. Unterhalts-, und Vermögensansprüche sowie Beistandspflichten gibt es hingegen nicht. Weiters fehlen normative Regelungen für den Fall, dass beide gemeinsam ein Unternehmen besitzen oder ein Partner im Betrieb des anderen mitarbeitet.

Was kann daher bei Lebensgemeinschaften alles geregelt werden?

Im Prinzip all das, was auch bei Ehe- und Partnerverträgen vereinbart wird – von Vermögensfragen bis zu Beistandspflichten, der Obsorge für gemeinsame Kinder und der Mitarbeit im Unternehmen. Man kann sogar regeln, dass Geschenke, die sich die Partner gegenseitig machen, im Trennungs- beziehungsweise Scheidungsfall zurückgegeben werden müssen oder eben nicht.

Wann sollten diese Verträge am besten abgeschlossen werden?

Natürlich ist es sinnvoll, bei Ehepaaren und eingetragenen Partnerschaften die Verträge vor der Heirat oder der Verpartnerung abzuschließen. Aber prinzipiell kann man sie jederzeit machen. Das gilt auch bei Lebensgemeinschaften.

Rund ein Drittel aller Ehen in Österreich hat internationalen Bezug. Was gilt es in diesen Fällen zu beachten?

In diesen Fällen sollte unbedingt die Rechtswahl im Ehevertrag aufgenommen werden. Oder festgehalten werden, welches Recht bei einer Scheidung zur Anwendung kommen soll. Dabei gilt es zu bedenken, dass es in anderen Staaten keine Gütertrennung wie in Österreich gibt.

Als Folge der Corona-Krise wird ein deutlicher Anstieg bei Scheidungen erwartet – ist angesichts der Krise aber auch ein gestiegenes Interesse an Ehe- und Partnerverträgen zu bemerken?

Momentan noch nicht, aber es könnte durchaus kommen. Etwa dann, wenn sich ein Paar mit vielen Streitereien scheiden lässt. Das kann für Familie, Freunde oder Bekannte dann sehr wohl ein Anlass sein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und doch einen Ehevertrag abzuschließen.

Informationen und Beratung finden Sie unter notare.at.

Dr. Erfried Bäck studierte Jus an der Karl Franzens Universität Graz, wo er 1984 promovierte. Seit 1999 ist er als öffentlicher Notar in Spittal an der Drau tätig, zu seinen Schwerpunkten zählen neben dem Scheidungs- und Familienrecht unter anderem Bauträger-, Liegenschafts, Gesellschafts- und Stiftungsrecht.
 

Eheverträge: „Gebühr ist eine echte Hürde“

Auf der Suche nach der außergerichtlichen Lösung

Mediation: Mithilfe eines unparteiischen Dritten finden Streitparteien einen für alle passenden Kompromiss

Wenn Konflikte festgefahren sind und eine für alle zufriedenstellende Lösung unmöglich scheint, gilt der Gang zum Richter oft als einziger Ausweg. Doch bevor es tatsächlich so weit kommt, setzen die Streitenden immer öfter auf Mediation. „Sie kann ein tolles Instrument sein, wenn die Streitparteien auf einer Wellenlänge liegen – und nicht auf Kämpfen aus sind“, sagt Erfried Bäck, Notar in Spittal an der Drau und Präsident der Notariatskammer Kärnten. 

Rasch und unkompliziert

Vor allem private Konflikte wie Ehestreitigkeiten, Unterhaltsfragen, Obsorge für Kinder, Erbteilungen oder Vermögensaufteilung bei einer Trennung, können mit Mediation häufig rasch und unkompliziert, und vor allem ohne Gang zu Gericht, gelöst werden. „Aber auch bei Unternehmensübergaben, die immer wieder konfliktbesetzt sind oder bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern kann Mediation dazu führen, dass günstiger, schneller und weniger verletzend eine Lösung gefunden wird“, sagt Bäck. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, wenn auch in Zukunft miteinander kommuniziert oder sogar gearbeitet werden soll.

Transparent, fair und klar

Wichtigste Grundsätze dafür sind die Offenlegung aller Informationen, Fairness, absolute Vertraulichkeit – und Klarheit. Um diese zu finden, wird gemeinsam mit einem oder mehreren Mediatoren in Gesprächen herausgefiltert, was den Involvierten wirklich wichtig ist. „Es geht darum, zu erkennen, was eigentlich hinter den Emotionen steht“, beschreibt Bäck. Dazu benötige es viele Fragen, die so Bäck, das wesentlichste Element der Gesprächsführung seien. Ziel dieser Technik, die auch in der Psychologie oft angewendet wird, ist es, die Streitparteien selbst die Lösung finden zu lassen anstatt ihnen eine solche überzustülpen. Denn was gemeinsam erarbeitet wird, wird in der Regel meist besser angenommen als etwa Richtersprüche.

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