Betriebsübergabe: „Kein Sprung ins kalte Wasser“

Betriebsübergabe: „Kein Sprung ins kalte Wasser“
Die Übergabe sollte ein organischer Prozess sein, rät Friedrich Jank, Präsident der Notariatskammer für Oberösterreich

Wie eine Betriebsübergabe im Idealfall ablaufen sollte, weiß Friedrich Jank, Präsident der Notariatskammer für Oberösterreich, aus Erfahrung.

Die aktuelle Pandemie beeinflusst so gut wie alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Bemerken Sie mehr Interesse an der Vorbereitung von Übergaben beziehungsweise Übernahmen?

Friedrich Jank: Wir verzeichnen Anfragen zu Unternehmensübertragungen im gewohnten Umfang. Nach jeder Krise gibt es eine Phase des Innehaltens, der wirklich erhöhte Beratungsaufwand entsteht häufig etwas zeitverzögert. Denn nach deutlichen Krisen werden verstärkt die Möglichkeiten des Umgründungssteuerrechts in Anspruch genommen.

Die Nachfolge zu regeln, gehört zu den wichtigsten und schwierigsten Aufgaben eines Unternehmerlebens. Worin liegt dabei die größte Herausforderung?

In der Suche nach dem geeigneten Nachfolger. Bei vielen Familienbetrieben, aber auch in der Landwirtschaft, finden sich unter den eigenen Nachkommen keine geeigneten Nachfolger. Selbst für gut geführte Unternehmen, die bereit sind, im Zuge der Übertragung des Unternehmens in die nächste Generation auf familienfremde Führungskräfte zu setzen, ist es nicht einfach, geeignete Fachkräfte zu finden.

Was raten Sie in diesem Fall?

Früh mit der Nachfolgeplanung beginnen, die eigenen Angehörigen in die Planung der Weitergabe einbinden, gegebenenfalls frühzeitig auch familienfremde Führungskräfte in das Unternehmen holen und diese involvieren, damit Vertrauen gebildet wird.

Betriebsübergabe: „Kein Sprung ins kalte Wasser“

Jedem Generationenwechsel wohnt auch ein Neubeginn inne

von Notar Mag. Friedrich Jank

Präsident der Notariatskammer für Oberösterreich

Wie sollte die Einbindung im Idealfall erfolgen?

Die vorgesehenen Nachfolger sollten sich so früh wie möglich mit Betrieb, Mitarbeitern und Kunden vertraut machen. So haben sie die Chance, das Vertrauen der Übergebergeneration zu erlangen und können in diesem Zusammenhang folglich auf die Übertragung von Verantwortung und Mitspracherechten, auch bei schwierigen Aufgabenstellungen, pochen. Übergeber sollten den Nachfolgern die Möglichkeit zur Gestaltung einräumen und deren Ideen zulassen.

Wie könnte das in der Praxis aussehen?

Am besten funktioniert es, wenn auf eine Einarbeitungsphase eine Übergangsphase folgt, in der Alt und Jung gemeinsam zusammenarbeiten und letztere tatsächlich auch in Verhandlungen mit Kunden und Geschäftspartnern einbezogen werden. Die Übergabe sollte ein organischer, lebendiger Prozess sein, kein Sprung ins kalte Wasser. Ein wichtiger Moment ist sicher auch die „Inthronisation“, die, wenn man so will, feierliche Übertragung der Entscheidung und Verantwortung an die junge Generation.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Nachfolge zu regeln – welche ist die gebräuchlichste?

Die Unternehmensnachfolge ist kein einheitlich definierter Begriff. Dabei kann es einerseits um die Übertragung der Vermögenswerte des Unternehmens gehen, um den Verkauf oder die Schenkung eines Unternehmens oder aber auch um die Weitergabe der Managementaufgaben auf einen Geschäftsführer beziehungsweise um die Verpachtung eines Unternehmens.

Unser Rechtssystem kennt daher keine Fixierung auf ein bestimmtes Modell, wir können aus beinahe unbeschränkten Möglichkeiten wählen. In der Praxis sind alle Varianten häufig. Die meisten Unternehmensübergaben haben Elemente des Kaufs oder der Schenkung in sich, abhängig davon, ob es sich um Verträge im Familienbereich oder unter Fremden handelt.

  • Von den aktuell aktiven Unternehmen in Österreich sind 395.128 (73,5 Prozent) Einzelunternehmen,
  • 104.991 (19,5 Prozent) sind Gesellschaften mit beschränkter Hafung.
  • Weitere 9.392 (1,7 Prozent) fallen in die Kategorie Offene Gesellschaften.
  • Dazu kommen 2.372 Vereine (0,6 Prozent)
  • sowie 1.255 (0,2 Prozent) Aktiengesellschaften.
  • Andere Rechtsformen oder nicht protokollierte Unternehmen juristischer Personen ergänzen das Spektrum.

Immer wieder wird im Zuge der Übergabe die Rechtsform geändert. Was sollte man dabei beachten?

Unternehmer greifen heute zu den verschiedensten Rechtsformen der Unternehmensführung. Eine typisch ideale Form gibt es nicht, die Wahl der Rechtsform ist von einer Mischung aus persönlichen, rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Kriterien und der Unternehmerpersönlichkeit abhängig. Zu den Kriterien zählen der Wunsch nach Teilnahme an der Geschäftsführung genauso wie Fragen der Haftung, Kontrollrechte, arbeitsrechtliche Aspekte oder steuerliche Folgen sowie die Fragen der Kapitalaufbringung und Finanzierung.

Welche Fehler gilt es, bei der Nachfolgeregelung zu vermeiden?

Fehler und Stolperfallen gibt es an jeder Ecke. Die möglichst frühzeitige Beiziehung von Experten wie Steuerberatern und Notaren ist daher sehr wichtig. Es geht um steuerliche Fragen, um die Einschätzung des Unternehmenswerts, die Bemessung des richtigen Kaufpreises. Gegebenenfalls sind Fachleute erforderlich, die in der Branche nach geeigneten Nachfolgern oder Führungskräften suchen. Man sollte auch die Hausbanken sehr früh beiziehen, etwa im Zusammenhang mit der Finanzierung der Unternehmensnachfolge.

Der Generationenwechsel birgt aber nicht nur Risiken, sondern auch Chancen.

Das stimmt. Jedem Generationenwechsel wohnt auch ein Neubeginn inne. Er könnte genutzt werden für Innovation, digitale Transformation, Investitionen, Anpassung des Geschäftsmodells.

Ist es eigentlich sinnvoll, im Zuge einer Übergabe gleich auch das Erbe zu regeln?

Das ist sehr empfehlenswert. Es gibt neben den erbrechtlichen Ansprüchen auch die Pflichtteilsansprüche. Es ist vorteilhaft, auch diese Ansprüche mit zu bedenken und nach Möglichkeit zu regeln.

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