„Ich habe immer schon gerne gezeichnet und war kreativ. Angefangen habe ich auf Papier“, erzählt Kupfner. Es sei nicht so einfach gewesen, mit dem Sprayen anzufangen. „Ich bin so lange durch Wien gelaufen, bis ich welche gefunden habe, die gerade gesprayt haben und die habe ich dann ausgefragt.“ Es waren Fragen wie: Wo darf man sprühen? Wo bekommt man die Farben für Künstler her?
Die ersten Versuche hat sie dann gemeinsam mit einer Freundin gemacht. Ihre Familie habe einen alten Silo gehabt, der nicht mehr genutzt wurde. „Wir haben die Erlaubnis bekommen, da drinnen zu malen.“ Legale öffentliche Flächen zum Sprayen sind am Land auch 15 Jahre später noch nicht gang und gäbe. „Mein Interesse ist dann wieder eingeschlafen“, erzählt Kupfner, es war erst „Liebe auf den zweiten Blick“.
Keine Millimeterwissenschaft
Ihr Blick ist es auch, der ihr ein essenzielles Gespür für Proportionen gibt. Sie zeichnet ohne Hilfsmittel. Oft Werke mit einer Fläche von weit über 100 Quadratmetern. Etwa auf der Außenfassade des Art Hotel Vienna, die nun eine Schwalbe über drei Stockwerke ziert, das Gesamtkunstwerk bezieht die ganze siebenstöckige Fläche mit ein. „Es ist keine Millimeterwissenschaft“, entgegnet sie nur, wenn man sie fragt, wie sie so etwas Monumentales schaffen kann. Doch etwa drei Monate Planung und eine Woche Arbeit am Kunstwerk selbst, in denen sie zwischen zehn und zwölf Stunden täglich die Dosen in der Hand hatte, stecken darin.
„Das beste Kompliment war, als am Tag drei eine Frau kam, die gegenüber wohnte und sich bei mir bedankte, weil sie jetzt nicht mehr auf eine graue Wand schauen muss, wenn sie aus dem Fenster blickt“, erzählt die Waldviertlerin.
Und wenn die Anrainerin genau schaut, dann findet sie im Kunstwerk auch den Schriftzug SIUZ. Es ist der Künstlername von Sarah Kupfner, ihre Signatur mit der sie all ihre Werke zeichnet – seien es Mohnblumen an Wohnanlagen, abstrakte Grafiken in Schulen, Deckengemälde in Lokalen oder Auftragswerke an Brückenpfeilern sowie Wohnzimmern.
Doch warum dieser Name? „Ich habe lange daran gebastelt, verschiedene Buchstaben ausprobiert. SIUZ hat eine gewisse Symmetrie in sich, eine Ästethik“, erklärt Sarah Kupfner ihr Alter Ego, mit dem sie seit 2017 zur Gänze als Graffiti-Künstlerin tätig ist.
Zuvor arbeitete sie in der Architektur. Bereits seit 2010 hat sie ihre Freiluft-Werkstatt auf einem alten Firmenareal in Gars am Kamp. „Hier sind zirka 110 großflächige Bilder entstanden“, sagt sie. Viele davon mussten wieder weichen. „Es ist nicht wie bei Keilrahmen, wo man einfach neue kaufen kann, es gibt nur ein eingeschränktes Platzangebot“, erläutert sie.
Deshalb hat sie einige Werke wieder übermalt. Weitere, teils 20 Meter hohe, fallen gerade dem Bagger zum Opfer, denn die Firmenreste müssen Wohnbau weichen. Wie es ihr dabei geht, wenn die Maschinen ihre Kunstwerke zerstören? „Komischerweise weine ich mehr um die Wände, die ich noch nicht bemalen konnte“, sagt die Graffiti-Künstlerin.
Kommentare