Zwei Männer tot: Mutmaßlicher Doppelmörder seit Herbst in U-Haft
Bisher unbemerkt von der medialen Öffentlichkeit sitzt seit vergangenem Herbst ein möglicher Doppelmörder in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft.
Wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, am Dienstagnachmittag der APA bestätigte, wird gegen den 52-Jährigen wegen zweifachen Mordes und schweren Raubes ermittelt. Demnächst dürfte gegen den Mann Anklage erhoben werden. "Das Ermittlungsverfahren befindet sich in der Enderledigung", sagte Bussek.
Der Mann steht im Verdacht, Mitte Mai und Ende September des Vorjahrs zwei Männer, die er auf einer schwulen Datingplattform kennengelernt hatte, in seiner Wohnung in Wien im Zuge von Chemsex getötet zu haben. Er soll ihnen jeweils zur Luststeigerung im Übermaß Liquid Ecstasy in den linken Oberarm gespritzt und dabei - laut Staatsanwaltschaft zumindest mit bedingtem Vorsatz - den Tod der beiden Männer billigend in Kauf genommen haben.
Polizei ging von Drogentod aus
Der eine starb nach Informationen der APA am 30. September, der andere bereits am 14. Mai, wobei die Polizei in diesem Fall zunächst von keinem vorsätzlichen Tötungsdelikt, sondern einem "Drogentod" ausgegangen war.
Am 26. Oktober meldete die Wiener Polizei einen "bedenklichen Todesfall" in einer Aussendung. Damals hieß es, dass ein "Fremdverschulden derzeit nicht ausgeschlossen werden kann".
Einem dritten Mann, mit dem er sich im Juni 2021 zu einem Date getroffen hatte, soll der Verdächtige ebenfalls eine chemisch hergestellte psychoaktive Substanz gespritzt und diesen damit außer Gefecht gesetzt haben. Der Mann überlebte, der 52-Jährige soll ihm jedoch seine Wertsachen abgenommen haben. Die Staatsanwaltschaft geht von schwerem Raub aus.
Flüssiges Ecstasy
Auf die Spur des 52-Jährigen war man gekommen, nachdem man im Oktober in seiner Wohnung einen toten 43-Jährigen gefunden hatte, mit dem er sich Ende September zu Sex verabredet hatte. Der Verdächtige ging erst am 25. Oktober auf eine Polizeiinspektion und erklärte, in seiner Wohnung befinde sich eine Leiche.
Nach seiner Festnahme meinte der 52-Jährige, die beiden hätten „Slamming“ betrieben, also zwecks zusätzlichem Lustgewinn intravenös psychoaktive Substanzen konsumiert. Er habe versucht, beim 43-Jährigen „eine Vene zu finden“.
Der tote Mann wies eine Einstichstelle im linken Ellenbogenbereich auf, wobei im Zuge der Erhebungen dessen Schwester den Strafverfolgungsbehörden klar machte war, dass er sich die Substanz nicht selbst injiziert haben konnte: er hatte eine Behinderung am rechten Arm, die es ihm der Aussage der Schwester zufolge unmöglich gemacht hätte, sich eine Spritze in den anderen Arm zu setzen.
Anlässlich dieses Fundes erinnerten sich die Behörden, dass es im vorangegangenen Frühjahr bereits einen Toten in der Wohnung des 52-Jährigen gegeben hatte.
Im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen schrillten die Alarmglocken. Bei toxikologischen Untersuchungen an der ersten Leiche waren Spuren von GHB (Gammahydroxybuttersäure, Anm.) gefunden worden, woraus sich Liquid Ecstasy zusammensetzt.
Ein Gutachten ergab, dass dieser Mann den Wirkstoff in einem Ausmaß aufgenommen hatte, der einer Vergiftung gleichkam. Todesursächlich war eine dadurch bewirkte Sauerstoffunterversorgung. Auffällig: auch diese Leiche wies eine Einstichstelle am linken Ellenbogen auf.
Wochenlang neben Leiche gelebt
Für den Tatverdächtigen - wie Christina Salzborn, die Sprecherin des Wiener Landesgerichts, auf APA-Anfrage mitteilte, befindet er sich seit Oktober in U-Haft - gilt die Unschuldsvermutung. Auffällig ist, dass er im Zusammenhang mit dem Fall vom Herbst die Leiche wochenlang in seiner Wohnung belassen und neben dieser gelebt haben dürfte.
Die Ausweise des von Angehörigen abgängig gemeldeten Mannes hatte er verbrannt. Dem Vernehmen nach soll es auch konkrete Hinweise geben, dass er an der Leiche sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Die Justiz hat zur Frage der Klärung der Zurechnungsfähigkeit bzw. Gefährlichkeit des 52-Jährigen einen psychiatrischen Sachverständigen bestellt.
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