Zuhause in der Gruft: "Ich kann auch ohne Geld leben"

Diana H., 54, ist obdachlos. „Seit 1990 wurschtle ich“, erzählt sie. In der Gruft findet sie „eine Familie“.
Früher hat Diana H. ehrenamtlich in der Gruft geholfen. Seit 1990 ist sie selbst Klientin dort.

Eine Iso-Matte, ein Schlafsack, ein Rucksack. Seit Kurzem auch ein handgestrickter roter Schal und eine bunte Wolldecke. Das sind die Habseligkeiten von Diana H. Die 54-Jährige hat die Nacht in der Notschlafstelle der Gruft in der Barnabitengasse in Mariahilf verbracht und sitzt jetzt auf "ihrem Platz" im Aufenthaltsraum. Es ist der rechts außen, gleich gegenüber der Essensausgabe.

Seit fünf Tagen nimmt Frau H. die Versorgung der Caritas wieder in Anspruch. Obdachlos ist sie aber schon seit 1990 –mit Unterbrechungen. "Mein Leben ist schön langsam abgebröckelt", erzählt sie. Die 54-Jährige sieht nicht so aus, wie man sich eine obdachlose Frau vielleicht klischeehaft vorstellt. H. ist gepflegt, ihre Haare sind frisch gewaschen, sie trägt Ohrstecker und eine Kette.

Zuhause in der Gruft: "Ich kann auch ohne Geld leben"
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Vor die Tür gesetzt

Damals, 1990, lebte sie in Griechenland bei ihrer Mutter. Doch die setzte sie vor der Tür. "Sie hat mir netterweise noch ein Ticket nach Wien bezahlt", erzählt Diana H. Von da an wollte sie nichts mehr mit ihrer Familie zu tun haben. "Und seitdem wurschtle ich."

In Griechenland versuchte sie, sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Und oft, wenn sie ein bisschen Geld verdient hatte, sei sie im Kaufhaus gestanden und habe sich stundenlang nicht entscheiden können, was sie mit dem bisschen Geld kaufen soll. Duschgel? Kleidung? Etwas zu essen? Vitamine statt "echten" Essens. "Man muss ja immer langfristig denken", sagt sie.

Zurück in Wien stand Diana H. auf der Straße. In der Gruft fand sie Zuflucht. "Ich kannte die Gruft, weil ich dort zu Weihnachten einmal ehrenamtlich geholfen habe." Die Gruft, sagt sie, sei "wie ein Wattebausch, in den man hineinfällt. Ich kann hier schlafen, duschen und essen."

Jeden Tag um 7 Uhr muss Frau H. die Notschlafstelle verlassen, ab 7.30 gibt es Frühstück in der Gruft. Bis 12 Uhr versucht sie, geduscht zu sein. Nach dem Mittagessen sitzt sie mit anderen Obdachlosen zusammen – zum Plaudern oder zum Sudoko-Lösen. "Wir sind wie eine Familie mittlerweile. Wir sind alle sehr anstrengend, aber so ist Familie halt."

Nachmittags nimmt H. Termine beim Arbeitsmarktservice wahr. "Ich tu’ mir schwer mit Jobs", sagt sie. "Ich bin eine kaputte Persönlichkeit. Das wird nicht besser im Alter." Sie habe immer funktioniert, aber der "Lebenssaft", der sei ihr mittlerweile ausgegangen.

Bis zur Pension

Oft scheitere es an "K.o.-Kriterien". 54, das sei für viele Arbeitgeber zu alt, und: Egal, was sie interessieren würde, sie brauche dafür immer eine Ausbildung. Früher habe sie als Stewardess, als Reiseleiterin, als Redakteurin gearbeitet. Doch den Druck am Arbeitsplatz, den halte sie nicht mehr so gut aus.

Noch bekommt Diana H. Mindestsicherung, doch sie überlegt, diese nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Der Leistungsdruck sei kaum auszuhalten, dazu das schlechte Gewissen, auch als Obdachlose einmal etwas zu machen, was ihr Freude bereitet.

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"Ich kann auch ohne Geld leben", sagt sie. Der emotionale Stress sei ihr das Geld nicht wert. "Ich weiß, dass das auch bedeutet, dass ich bis zur Pension auf der Straße leben werde." Das nimmt Diana H. in Kauf. "Es ist keine bittere Erfahrung, in der Gruft zu sein. Es ist eine gute." Diana H. hält kurz inne: "Die Gruft ist Familie. Letztlich komme ich immer hierher zurück."

Gruft Winterpaket
50 Euro für einen winterfesten Schlafsack und eine warme Mahlzeit.

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