Caritas sammelt wieder für "Gruft-Winterpaket"

Schwertner, Neuhauser, Lehner und Landau (v.li.n.re)
Heuer stellt sich die Schauspielerin Adele Neuhauser in den Dienst der Obdachlosenhilfe.

Noch sind die Nächte nicht bitterkalt - doch schon bald werden die Temperaturen weiter sinken. Eine Situation, die Menschen ohne Wohnung vor noch größere Probleme stellt. Deshalb ruft die von der Caritas betreute Wiener Obdachloseneinrichtung "Gruft" zum Spenden auf. Für 50 Euro gibt es ein "Winterpaket", das eine warme Mahlzeit und einen Schlafsack beinhaltet.

Die diesjährige "Gruft"-Winterpaket-Kampagne wird von der Schauspielerin Adele Neuhauser unterstützt. Sie betonte im Rahmen der Präsentation, wie großartig sie die "Gruft" und jene Menschen, die dort arbeiten, finde: "Ich glaube, dass es nicht jedem gegeben ist, Streetworker zu sein, aber jedem ist es gegeben, zu helfen."

"Flucht vor den Leuten“

Walter Lehner ist 51 Jahre alt - 20 Jahre hat er mit Unterbrechungen auf der Straße gelebt, im Stadtpark, im Wienerwald: "Ich bin geflüchtet. Ich wollte von den Leuten nichts mehr wissen", erzählte er bei der Präsentation des "Winterpakets" am Mittwoch. Einst gab es auch ein ganz normales Leben: Arbeit, Beziehung, Wohnung. Bis zu jenem Tag, als er seine Freundin in flagranti beim Seitensprung erwischt hat. Dann ging es abwärts: "Ich bin nicht mehr zur Arbeit gegangen, habe zu trinken angefangen."

Lange wollte er sich von den Sozialarbeitern nicht helfen lassen, erzählte Lehner weiter - auch aus "Schamgefühl". Er lebte im Freien, zu essen fand er immer etwas: "Verhungern kann man in Wien nicht, das funktioniert nicht." Schließlich nahm er doch noch Unterstützung an. Seit Februar lebt er in einer betreuten Wohngemeinschaft in Meidling und blickt wieder nach vorne: "Ich will weiterschauen, ich will noch weiter rauf." Job hat er keinen, er würde aber gerne im Tierheim arbeiten.

Bruch in der Biografie

Ein Schicksal wie jenes von Herrn Lehner könne jeden ereilen: "Obdachlosigkeit kann jede und jeden treffen", mahnte Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner. Er habe in der "Gruft" bereits ehemalige Zahnärzte oder ehemalige Selbstständige getroffen. Was den Betroffenen gemein ist: "Es sind ganz normale Biografien, die irgendwo einen Bruch aufweisen", führte Caritas-Präsident Michael Landau weiter aus. Dabei könne es sich um Jobverlust, Scheidung, Krankheit handeln - und die Abwärtsspirale wird in Gang gesetzt.

In den Wintermonaten schlafen in Wien laut Schätzungen mehrere Hundert Menschen im Freien. Pro Tag werden in der Gruft 400 warme Mahlzeiten ausgegeben. Bis Ende November wurden heuer in Summe bereits 105.594 Speisen verteilt. Und auch, wenn das Jahr 2015 noch nicht vorbei ist, steht bereits fest: "Der Negativtrend der vergangenen Jahre setzt sich fort", so Landau. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren zählte man gerade einmal 72.000 Mahlzeiten.

Zusätzliche Notquartiersplätze

Die Stadt Wien habe heuer wieder die Maxime ausgegeben, dass in der kalten Jahreszeit kein Mensch auf den Straßen erfrieren dürfe, hieß es weiters. So hat die Caritas bereits mehr als 140 zusätzliche Notquartiersplätze geschaffen. Ob die nun vorhandene Kapazität ausreiche, werde man sehen, so Landau. Denn sowohl die "Gruft" in Mariahilf als auch die zweite Einrichtung in Währing seien bereits voll belegt. Aus Sicht der Caritas wäre es überdies sinnvoll, mehr zu tun: "Obdachlosigkeit gibt es 365 Tage im Jahr", so Landau. Daher fordert die Hilfsorganisation ein Paket, das den Betroffenen Sommer wie Winter Hilfe bietet.

Überdies ist laut Landau die Bundesregierung gefordert, endlich eine Mietrechtsreform umzusetzen. Denn das Problem der nicht leistbaren Wohnungen habe bereits die Mittelschicht erreicht, führte er aus: "Die Zahl der Menschen, die in prekären Wohnverhältnissen leben oder die von akuter Obdachlosigkeit bedroht sind, ist allein in den vergangenen vier Jahren um fast 30 Prozent gestiegen."

Caritas Spendenkonto:

IBAN: AT163100000404050050

BIC: RZBAATWW

Kennwort: "Gruft Winterpaket"

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