1947 begann seine mittlerweile 96-jährige Mutter Gertrud, ebenfalls als Dentistin, in der Praxis mitzuarbeiten. „Es war kein leichter Anfang für sie, mein Großvater war wahnsinnig streng und ein unglaublich schwieriger Lehrmeister. Aber sie hat dadurch auch viel gelernt.“ Von den Patienten wurde sie sofort ernstgenommen, erzählt der Sohn.
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„Meine Gehschule ist auch hier herinnen gestanden“, sagt er und deutet auf ein Eck der behaglich eingerichteten Ordination. „Die Patienten haben beim Windelwechseln zugeschaut.“
In die Fußstapfen von Mutter und Großvater zu treten, war eine recht spontane Entscheidung. Die Ordination habe ihn als Jugendlicher kaum interessiert – und eigentlich wollte er an die Boku.
Zahn allein zu wenig
„Meine Mutter erzählt immer, dass ich einmal nach Hause gekommen bin und gesagt habe ,Ich habe mich auf der MedUni angemeldet'.“ Weil ihm, wie er sagt „Zahn allein zu wenig war“, machte er zusätzlich noch die Ausbildung zum Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen. Zehn Jahre war er am AKH, 30 Jahre Primarius im Sanatorium Hera, und vor einigen Jahren ist er ganztags in die Praxis zurückgekehrt. Diese führt er seit nun schon über 20 Jahren gemeinsam mit Ehefrau Susanne, einer diplomierten zahnärztlichen Assistentin.
Und die nächste Generation steht schon in den Startlöchern. Sohn Christoph ist bereits mit Humanmedizin und Zahnklinik fertig, Tochter Viktoria ebenso in wenigen Wochen – und auch die jüngste Tochter Johanna, die kurz vor der Matura steht, will Medizin studieren. Allerdings nicht Zahnmedizin.
Kinder treten in Fußstapfen
Dass nun auch seine Kinder denselben Weg einschlagen wie er, habe ihn positiv überrascht. „Ich habe sie eh einmal gefragt: ,Warum macht ihr eigentlich alle Zahnmedizin?' Sie meinten, weil ich ihnen jeden Tag vermittelt habe, dass das ein toller Beruf ist. Das freut mich natürlich, ich mache es auch wahnsinnig gern.“ Er könne sich – so wie seine Mutter, die bis 79 gearbeitet hat – noch nicht vorstellen, aufzuhören.
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Auch wenn das eine oder andere Erlebnis der anderen Art darunter ist. „Ein Patient wollte sich einen Zahn entfernen lassen und hat selbst eine Zange mitgebracht, eine normale Kombizange aus der Werkzeugkiste.“
Die Aufgabe finde er auch nach vier Jahrzehnten immer noch spannend. „Kein Weisheitszahn ist wie der andere!“, schwärmt er. Mit hörbarem Enthusiasmus erzählt er auch von kieferorthopädischen Operationen, bei denen er Patienten mit Kieferfehlstellungen zu einem normalen Äußeren verhilft. „Die Medizin hat mir einfach vermittelt, dass man für die Menschen da sein muss“, sagt der Arzt.
Die Patienten wissen das zu schätzen. „Wir haben einen irrsinnig soliden Patientenstock. Es gibt auch noch eine Handvoll Patienten, die schon zu meinem Großvater gegangen sind – und deren Enkel mache ich jetzt die Zahnspangen“, erzählt Schlossarek. Denn auch die Patienten kommen nun schon in der dritten und vierten Generation.
Angst vor dem Zahnarzt
Keine Frage, in den letzten 103 Jahren hat sich am Gebiet der Zahnmedizin einiges getan. „Die neuen 3D-Aufnahmen im Röntgen sind sensationell.“ Eine Sensation war seinerzeit auch das Röntgengerät des Großvaters, eines der Ersten in Wien. „Ich kann mich sogar noch an das Gerät erinnern, das war so ein Riesending auf Rädern, das immer durch die Ordi geschoben wurde.“
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Bei allen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts blieb eine Sache unverändert: die Angst vor dem Zahnarztbesuch. Wobei Männer die eindeutig ängstlicheren Patienten sind, wie Schlossarek feststellt. „Frauen kollabieren nur ganz selten, bei den Männern jeder dritte.“
Doch der Arzt will mit dem schlechten Image aufräumen – und beruhigen: „Das ist ein Ruf, der Zahnärzten wohl noch die nächsten 100 Jahre nachhängt – dabei kommt er aus einer anderen Zeit. Wirklich jede Behandlung ist heutzutage schmerzfrei möglich.“
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