Wo in Wien die Flüchtlinge leben

Wo in Wien die Flüchtlinge leben
Die Schutzsuchenden sind sehr ungleichmäßig über die Bezirke verteilt. Massive Kritik der FPÖ.

Wie sind die Flüchtlinge in Wien auf die einzelnen Bezirke aufgeteilt? Eine an sich relativ simple Frage, zu der der zuständige Fonds Soziales Wien (FSW) bis dato allerdings keine Auskunft erteilen wollte. "Niemand hat ein Interesse daran, einen Wettbewerb zwischen den Bezirken zu eröffnen", sagte zuletzt Flüchtlingskoordinator Peter Hacker im KURIER.

Licht ins Dunkel bringt die aktuelle Beantwortung einer FPÖ-Anfrage durch Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). Demnach gab es im Verantwortungsbereich der Stadt mit Stand Februar insgesamt 108 organisierte Einrichtungen für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, heißt es in dem Papier.

Gemeint sind damit jene Quartiere, die von den diversen NGOs betrieben werden und zu diesem Zeitpunkt rund die Hälfte der Flüchtlinge in Wien beherbergten. Der Rest war in privaten Einrichtungen untergebracht.

Die Momentaufnahme zeigt eine sehr ungleichmäßige Aufteilung der Flüchtlinge über die Stadt. Spitzenreiter war demnach die Landstraße mit 1356 Flüchtlingen, aufgeteilt auf vier Einrichtungen. Den Löwenanteil machte dabei das Quartier in der Zollamtsstraße aus, das im Februar noch rund 900 Personen beherbergte. Im Vergleich dazu waren auf der Wieden lediglich 20 Personen untergebracht (siehe Grafik).

Wo in Wien die Flüchtlinge leben
Die Größe und die Bevölkerungszahl eines Bezirks spielt bei der Verteilung offensichtlich aber nur bedingt eine Rolle. So kam im Februar der grün regierte 7. Bezirk (32.027 Einwohner) auf beachtliche 705 Flüchtlinge in zwei Quartieren. Im seit Herbst blau eingefärbten Simmering (97.333 Einwohner) waren es hingegen bloß 133. Ähnlich viele Einwohner hat auch Liesing, kam im Februar aber trotzdem nur auf 61 Flüchtlinge. Noch nicht berücksichtigt dabei ist allerdings das umstrittene, für 750 Personen ausgelegte Quartier in der Ziedlergasse, das inzwischen rund 110 Personen beherbergt.

Neubaus grüner Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger bleibt ob dieser Zahlen gelassen: "Mittlerweile sind in unserem Bezirk nur mehr maximal 150 Flüchtlinge. Ich hatte aber zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass hier zu viele untergebracht waren." Grundsätzlich sei es natürlich sinnvoll, auch in den großen Flächenbezirken für Quartiere zu sorgen. "Das scheitert dann aber oft an den Anrainern. Die Flüchtlinge werden dann eher in jenen Bezirken untergebracht, wo es weniger Widerstand gibt", sagt Blimlinger.

"Quartiere werden immer dort geschaffen, wo es die Möglichkeit dazu gibt, heißt es dazu auch beim FSW. Seit Februar habe es in allen Bezirken Veränderungen bei den Belegungszahlen in den Einrichtungen gegeben, "da laufend kleinere Einrichtungen aufsperren, um die großen Notquartiere zu entlasten", betont ein Sprecher des FSW.

FPÖ für Aufnahmestopp

Für die FPÖ zeigen die Zahlen vor allem eines: "Wien übererfüllt die Quote längst", sagt Klubobmann Dominik Nepp. "Anstatt sich das Gesetz wie die Bauordnungsnovelle nun so zu biegen, um noch mehr Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, muss es endlich einen Aufnahmestopp geben. Unsere Kapazitäten sind längst erschöpft. Die Infrastruktur – sei es im medizinischen, schulischen oder verkehrstechnischen Bereich – ist nicht gegeben."

Mohammed muss lachen. Der 27-jährige Asylwerber aus dem Irak lebt in der Flüchtlingsunterkunft des Roten Kreuzes in der Vorderen Zollamtsstraße im dritten Wiener Gemeindebezirk und blättert durch das Integrationshandbuch "Angekommen" (herausgegeben vom Österreichischen Roten Kreuz), das das Leben in Österreich auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Dari (Neupersisch, gesprochen in Afghanistan) erklärt.

Wo in Wien die Flüchtlinge leben
Vordere Zollamtsstraße, Flüchtlinge, Angekommen, Integrationshandbuch
"Erfährt man damit auch, wie man Frauen in Österreich kennenlernen kann?", scherzt der 27-Jährige. Dabei weiß er längst, was auf Seite 44 unter dem Punkt "Wie begegne ich Frauen?" im Kapitel "Gleichberechtigung für alle" steht. Da wird nämlich erklärt, dass es "normal ist, dass Frauen unverhüllt auf die Straße gehen" und dass das nicht bedeute, dass sie berührt werden will. "Das war in Bagdad, wo ich herkomme, auch so", sagt Mohammed.
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Außerdem wird erklärt, dass man in Österreich auch Frauen zur Begrüßung die Hand reicht. "Das wusste ich schon", sagt Mohammed, der in Bagdad als Englischlehrer gearbeitet hat. Er hat sich via Google über Österreich informiert, bevor er hierher geflohen ist.

Dass er jetzt in einem Handbuch nachschauen kann, wenn er sich mit den Gegebenheiten in Österreich nicht auskennt, findet er "absolut wichtig". "Dadurch kann ich mir viele Fehler in der Zukunft ersparen." Mohammed wusste zum Beispiel noch nicht, dass man, wenn man krank ist, in Österreich einfach zum Arzt geht und nicht in die Notfallambulanz im Spital. "Das ist in Bagdad anders", sagt er. Auch das "berühmte Mülltrennen" - wie es Integrationsexperte Heinz Faßmann nennt - wird im dem Büchlein erörtert. "Der Müll wird getrennt. Es gibt eigene Behälter für Papier, Plastik, Glas, Metalldosen und für alle Übrige (= Restmüll)", ist in dem Buch zu lesen. "Ja!", sagt Mohammed. "Das wusste ich schon."

146 Seiten umfasst das Handbuch. 60.000 Bücher sollen demnächst an Flüchtlinge in den verschiedenen Asylunterkünften aller Hilfsorgansiationen ausgegeben werden.

Rechte und Pflichten

Wo in Wien die Flüchtlinge leben
Das Buch klärt über Rechte und Pflichten auf, über Gleichstellung, Homsexualität, das Bildungs-, Gesundheits- und Asylverfahren. Es erklärt auch, wann Kinder in der Schule fehlen dürfen, wohin man sich wenden muss, wenn man keinen Job findet, wie Handyverträge abgeschlossen werden oder wo es in Österreich "Halal"-Fleisch zu kaufen gibt. "Das ist sehr sehr wichtig", sagt Mohammed. "Ich weiß nicht, welche Fleischsorten es hier gibt und wo ich Halal-Fleisch kaufen kann", sagt Mohammed.
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"Das Buch ist als Handreichung zu verstehen. Die Flüchtlinge sollen verstehen, wie Österreich tickt", sagt Gerald Schöpfer, Präsident des Roten Kreuzes. Integrationsexperte Faßmann ergänzt: "Integration ist immer eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie kann nicht nur von den Asylwerbern erbracht werden, dazu braucht es auch die Mehrheitsbevölkerung."

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