Wiens Spitalskonzept geht ungewisser Zukunft entgegen
„Da wird immer davon geredet, was nicht alles gemacht wird für die alten Leute - und dann passiert sowas, was kein Mensch versteht“, ärgert sich Edith Garnich. Seit sechs Jahren lebt die 94-Jährige im Geriatriezentrum Favoriten des Kaiser-Franz-Josef-Spitals (SMZ Süd). Doch vor zwei Tagen hat sie erfahren, dass sie wie rund 90 Mitbewohner in ein anderes Heim übersiedeln muss. Wann genau und wohin, weiß sie noch nicht: „Man muss nehmen, was kommt“, sagt sie fatalistisch.
Der Grund: Das Geriatriezentrum muss Platz machen für die Onkologie des SMZ Süd, die schon völlig in die Jahre gekommen ist. Gebaut in den 60er-Jahren, macht der Pavillon tatsächlich keinen zeitgemäßen Eindruck mehr: Patienten sind in Sechs-Bett-Zimmern untergebracht, Besprechungszimmer müssen für die Patientenversorgung und für die Unterbringung Verstorbener herangezogen werden. Auf den Gängen ist es dunkel und eng.
Im nahe gelegenen Geriatriezentrum steht hingegen ein moderner Bau zur Verfügung. Allerdings müssen jetzt auch die dortigen 116 Pflege-Mitarbeiter an anderen Standorten untergebracht werden. Für sie kam die Entscheidung völlig überraschend. Außerdem gehen der Stadt Wien 90 Pflegeplätze für chronisch kranke Senioren verloren.
Bis Ende des Jahres, so versichert man im Krankenanstaltenverbund (KAV), sollen in Kooperation mit dem Fonds Soziales Wien neue Quartiere für die 90 Bewohner (darunter 16 Wachkoma-Patienten) gefunden werden. Anfang 2021 soll dann das neue Onkologie-Zentrum fertig sein. Auch die Rheumatologie wird in das neue Zentrum übersiedeln, kündigt Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin des KAV, an.
Was nun aber unter KAV-Mitarbeitern für besonderen Unmut sorgt: Mit der Maßnahme wird einmal mehr das Spitalskonzept 2030 grundlegend geändert, das eine Konzentration der medizinischen Leistungen auf sechs Standorte vorsieht, um Doppelgleisigkeiten zu verhindern. Zwar ist in dem Konzept ein Onko-Zentrum für das SMZ Süd geplant, nicht aber eine Schließung des Geriatriezentrums.
Viele Mitarbeiter sehen Sparzwänge hinter dieser Entscheidung, nachdem die Kosten für das Krankenhaus Nord derart aus dem Ruder liefen, dass für andere Spitäler kein Geld übrig bleibt. Kölldorfer bestreitet das.
Wie mehrfach berichtet, mussten schon im Krankenhaus Hietzing und im Wilhelminenspital große Bauprojekte auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Und das, obwohl beide Häuser zum Teil in einem bereits sehr desolaten Zustand sind.
Immer wieder kam es auch vor, dass geplante Übersiedlungen von Abteilungen gestoppt wurden oder eine geplante Abteilung kurzerhand von einen auf den anderen Standort verlegt wurde.
So ist es nun offenbar auch im SMZ Süd: Keine Rede ist mehr von dem vor Jahren geplanten neuen Bettenhaus, der auch die Onkologie hätte beherbergen sollen („Teilprojekt 3“ in der KAV-internen Planung).
„Wir haben viele Varianten geprüft. Ein Neubau der Onkologie hätte nicht in das Gesamtkonzept gepasst“, betont Kölldorfer. Nähere Details will Kölldorfer im Juni präsentieren, wenn das Gesamtkonzept der baulichen Maßnahmen im KAV feststeht. Wohl abermals mit der einen oder anderen Überraschung für Mitarbeiter und Patienten.
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