Wiens FPÖ-Chef Nepp bietet Sachslehner neue politische Heimat an
5,80 Euro zahlen die Wienerinnen und Wiener zusätzlich zur Basis-GIS-Gebühr monatlich an Landesabgabe, auf knapp 70 Euro jährlich summiert sich das. Geld, das nicht dem ORF zugutekommt, sondern ins Stadtbudget fließt - im Fall Wiens zweckgewidmet "für kulturelle Belange, insbesondere Altstadterhaltung und neue Medien". Im Jahr 2020 summierte sich das auf 38 Millionen Euro.
Der ÖVP-Gemeinderatsabgeordneten Laura Sachslehner ist das ein Dorn im Auge: Sie fordert via Boulevardzeitung Heute, die Landesabgabe ersatzlos zu streichen. "Gerade vor dem Hintergrund der enormen Teuerungen, die gerade alle Wienerinnen und Wiener massiv fordern, ist es höchste Zeit, dass Wien diese GIS Landesabgabe ebenfalls streicht und endlich aufhört, die Menschen in dieser Stadt zusätzlich zu belasten", so Sachslehner.
"Bemerkenswerter Sinneswandel"
Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp Dominik Nepp reagierte prompt: „Dein plötzlicher Sinneswandel ist bemerkenswert“, schrieb Nepp in einem offenen Brief an die „liebe Laura“, hätten Sachslehner und die übrige ÖVP-Fraktion doch erst Ende September im Gemeinderat einem entsprechenden Antrag der Blauen ihre Unterstützung versagt.
Dass die frühere türkise Generalsekretärin jetzt FPÖ-Forderungen kopiere und medial thematisiere, sei aber "eh ein bissl mutig von dir", daher bietet Nepp Sachslehner in weiterer Folge einen Platz bei den Freiheitlichen an.
Interne Differenzen vermutet
Denn: "Glaubt man dem Flurfunk in den Rathausgängen, dann weiß man, dass sowohl deinem ÖVP-Parteichef Karl Mahrer als auch deinem Klubobmann Markus Wölbitsch deine regelmäßigen medialen Störfeuer missfallen", so Nepp.
Weil sich bei der ÖVP nichts ändern werde, um die Koalition mit den Grünen nicht zu gefährden, müsse Sachslehner einen Ausweg aus "dieser vertrackten Situation" finden, wolle sie "konsequent sein und ernstgenommen werden". Wer ständig gegen die eigenen Überzeugungen stimme, werde nämlich "immer unglaubwürdiger".
Verstärkung geortet
Nepps Lösung: ein Parteiwechsel Sachslehners. Offensichtlich meint der Landesparteichef, die vor zwei Monaten in der Bundespartei geschasste Donaustädterin wäre eine Verstärkung für die FPÖ.
Zur weiteren Motivation erinnert Nepp die 28-Jährige an Vorgängerinnen und Vorgänger wie Wolfgang Aigner, Ursula Stenzel oder Wolfgang Kieslich. "Sie haben sich in der ÖVP in einer ähnlichen Lage wie du befunden und haben als Konsequenz einen klaren Schnitt gemacht, den sie niemals bereut haben. Es steht dir frei, auch selbst diesen Schritt zu setzen", schließt Nepp.
Sachslehner: "Völlig absurd"
Die solcherart Umworbene zeigt jedoch keinerlei Interesse an den blauen Balzversuchen. "Das ist natürlich völlig absurd", sagte Sachslehner auf KURIER-Nachfrage, "ich habe immer wieder betont, dass die ÖVP meine Partei bleibt".
Dass die Türkisen in der Vergangenheit gegen eine Abschaffung der Landesabgabe gestimmt haben, begründet sie damit, dass die ursprüngliche Idee der Zweckwidmung für die Altstadterhaltung etwas Positives sei.
12 Prozent für die Altstadt
Jetzt habe sie sich die Verwendung aber genauer angesehen und festgestellt, "dass es sich lediglich um ein Körberlgeld für die Stadt Wien handelt". Gerade einmal 12 Prozent sollen im Schnitt der letzten Jahre dafür aufgewendet worden sein, behauptet Sachslehner. Angesichts dessen und der generellen Teuerung sei die Landesabgabe "absurd".
Fakt ist aber, dass gemäß einer Anfragebeantwortung von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) zwischen 2010 und 2019 zwar tatsächlich nur 12 Prozent in die Altstadterhaltung flossen, doch auch der übrige Betrag wie vorgesehen der Kultur zugutekam – der mit 33 Prozent größte Teil floss in die Filmförderung.
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