Wiener Rotenturmstraße: Begegnungszone prolongiert Clinch

Bis zu 60.000 Passanten sind an stark besuchten Tagen auf der Rotenturmstraße unterwegs
Vassilakou ließ Umgestaltung von Rotenturmstraße bereits ausschreiben, Bezirkschef Figl ist dagegen.

Für Markus Figl ist es mit der Gelassenheit vorbei: „Das ist zum wiederholten Male ein Alleingang von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou“, echauffiert sich der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt (ÖVP) am Dienstag. Grund für die Aufregung ist eine Ausschreibung der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) vom vergangenen Freitag, in der die „Planung der Rotenturmstraße neu“ vergeben wird. „Neue Verkehrsorganisation: Begegnungszone“ ist in den Unterlagen zu lesen. Während Figl nun fürchtet, dass diese Form der Umgestaltung damit einzementiert ist, will man im Rathaus nichts Ungewöhnliches an der Ausschreibung erkennen.

Zur Erinnerung: Anfang Mai hatte Maria Vassilakou (Grüne) vorgeschlagen, die Rotenturmstraße in einem Zug mit dem Schwedenplatz umzugestalten – und zwar in eine Begegnungszone. Der frühest mögliche Baubeginn ist 2019, da aufgrund der EU-Ratspräsidentschaft für die Wiener City eine Bausperre gilt. Bezirk und Geschäftsleute sollen eingebunden werden, betonte sie. Ziel sei ein Neugestaltungskonzept, das alle mittragen können.

Bezirksvorsteher Figl, der wegen der Öffnung der Anrainerparkplätze mit Vassilakou im Dauerclinch liegt, nahm diesen Vorstoß relativ ruhig auf, forderte aber eine „Diskussion auf Augenhöhe, wo man nicht von vornherein fertige Wunsch-Antworten präsentiert bekommt, die nur noch umgesetzt werden sollen.“

Doch Letzteres ist mit dem Papier der MA 19 aus seiner Sicht nun wohl eingetreten. „Die Ausschreibung mit dem Zwang der Umgestaltung in eine Begegnungszone ist reiner ideologischer Aktionismus“, sagt Figl. Der Bezirk stehe nicht hinter dem Projekt. Denn Verkehrsexperten hätten in der Vergangenheit bezweifelt, dass eine Begegnungszone richtig wäre, im Raum sei auch eine Fußgängerzone gestanden. Letztere präferiert eine lokale Bürgerinitiative.

Rathaus kalmiert

Die Ausschreibung sei ein normaler Vorgang, entgegnet das Büro Vassilakou. Sie diene der Vorbereitung anstehender Entscheidungen. In einem ersten Schritt suche man Interessenten für die Oberflächengestaltung der Rotenturmstraße, in einem zweiten Schritt sollen diese ab Mitte August konkrete Ideen liefern. Eine Jury werde die Vorschläge anschließend bewerten, erklärt eine Sprecherin. „Darin besitzt die Bezirksvorstehung Innere Stadt eine gewichtige Stimme und sie wird gebeten, davon – als gewählte Vertreterin der Bürger – Gebrauch zu machen“, betont sie.

Fix sei jedenfalls, dass eine Lösung zugunsten der Fußgänger gefunden werden soll. Denn laut Passantenzählungen passieren die Straße täglich nur 3000 Autos, aber 60.000 Fußgänger. „Angestrebt wird die Verkehrsorganisation durch eine Begegnungszone“, sagt die Sprecherin. Diese könne verschiedene Erscheinungsformen haben, die nun ausgelotet werden sollen.

Wirtschaftskammer für Umgestaltung

Weniger tragisch sieht man die Ausschreibung bei der Wiener Wirtschaftskammer (WKW). „Das Vorgehen war nicht akkordiert“, räumt Dieter Steup, WKW-Obmann im ersten Bezirk ein. „Aber wir wehren uns prinzipiell nicht gegen eine Veränderung – egal, ob das eine Fußgängerzone oder eine Begegnungszone wird. Es ist notwendig, dass etwas getan wird.“ Die Meinung der betroffenen Geschäftsleute zum Umbau sei großteils positiv, erklärt er.

Während das politische Gezerre um die Begegnungszone in der City wohl noch andauern wird, wird eine solche unterdessen in der Josefstadt Realität. Nach rund drei Monaten Bauzeit eröffnet am Donnerstag die viel diskutierte Begegnungszone Lange Gasse.

Mitarbeit: Alina Neumann

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