System der Wohnbeihilfe "kaputt": Wiener Grüne legen "Wohngeld" vor

Sozialer Wohnbau in Wien
Seit 23 Jahren wurden die Einkommensgrenzen nicht angehoben. Dadurch fielen viele aus dem Bezieherkreis.

Die Wiener Grünen haben am Dienstag das "Grüne Wohngeld" vorgestellt. Die Idee: Wohnbeihilfe und Mietbeihilfe sollen zusammengeführt, der Bezieherkreis erweitert und vor allem die Einkommensgrenzen angehoben werden.

Denn: "Die Wohnbeihilfe in ihrer derzeitigen Form ist eigentlich kaputt", sagte Landesparteichefin Judith Pühringer.

Das Herzstück des Modells sei die Anpassung der Einkommensstufen der Wohnbeihilfe an das heutige Preisniveau und damit die "Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der Wohnbeihilfe zur Bekämpfung von Armut", sagte Wohnsprecher Georg Prack.

Herausgefallen

Die Einkommensgrenzen wurden seit mittlerweile 23 Jahren nicht mehr angehoben. Dadurch seien viele Menschen, die im Jahr 2000 noch anspruchsberechtigt waren, inzwischen aus der Wohnbeihilfe gefallen. Konkret sei die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher vom Höchststand von 59.000 im Jahr 2018 auf 38.000 im Jahr 2021 gefallen, so Prack: "Berücksichtigt man das Bevölkerungswachstum in diesem Zeitraum, müssten derzeit eigentlich etwa 70.000 Haushalte Wohnbeihilfe beziehen."

Dementsprechend sind die Ausgaben der Stadt für die Wohnbeihilfe von 92 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 53 Millionen Euro im Jahr 2021 gesunken. Berücksichtigt man den Verbraucherpreisindex und die gestiegenen Bevölkerungszahlen, müssten die Ausgaben 2021 bei 133 Millionen liegen. Die Wirkung der Wohnbeihilfe sei also real um 80 Millionen Euro gesunken, rechneten die Grünen vor. Die Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor.

Inflationsdruck

"Die bittere Wahrheit ist: Die Wohnbauhilfe in der aktuellen Form taugt nicht mehr für eine wirkungsvolle Armutsbekämpfung", sagte Pühringer. Das rote Wien müsse aufhören, sich auf den Erfolgen der Sozialpolitik vor 20 Jahren auszuruhen: "Das sind längst vergangene Lorbeeren." Die galoppierende Inflation verleihe dem Thema besondere Dringlichkeit, so die Grünen.

Das "Grüne Wohngeld" würde das Grundsystem der Wohnbeihilfe beibehalten, in dem unter Berücksichtigung des Einkommens sowie der Haushalts- und Wohnungsgröße (bis zu einem bestimmten Maximum) ein zumutbarer Wohnaufwand von einem anrechenbaren Wohnaufwand abgezogen wird, um die Höhe der Leistung zu bestimmen.

Valorisierung

Sowohl der Bezieherkreis als auch die erhaltenen Leistungen für die Anspruchsberechtigten würden sich durch die Anpassung der Einkommensstufen sowie eine, ebenfalls von den Grünen vorgeschlagene, jährliche Valorisierung jedoch deutlich erhöhen.

Außerdem wollen die Grünen junge Menschen in Ausbildung unterstützen. Durch das für die Wohnbeihilfe erforderliche Mindesteinkommen sind viele junge Menschen in Ausbildung (insbesondere Lehrlinge und Studierende) von der Unterstützung ausgeschlossen, daher solle dieses Mindesteinkommen für Menschen unter 26 in Ausbildung generell entfallen.

Zusammenführung

Zudem sollen die Wohnbeihilfe und die Mietbeihilfe für Pensionistinnen und Pensionisten zusammengeführt werden. Manche Wienerinnen und Wiener müssen zwei Anträge bei zwei verschiedenen Stellen einbringen, um ausreichend Unterstützung zu bekommen.

Im Landtag am Mittwoch wollen die Grünen ihr Wohngeld-Modell "prominent" einbringen. Betont wurde auch, dass die Anpassung der Einkommensgrenzen per Verordnung möglich wäre. Dafür brauche es "keine Gesetzesänderung und keine Notkompetenz", sagte Pühringer.

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