Wiener Gemeinderat: Thema Kindergarten wurde für die ÖVP zum Bumerang
Die Proteste von Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen für bessere Arbeitsbedingungen haben am Donnerstag im Gemeinderat zu einem Schlagabtausch zwischen ÖVP und den restlichen Fraktionen geführt. Die Türkisen hatten dem Thema eine Aktuelle Stunde gewidmet, was zu Hohn aus Richtung SPÖ und FPÖ führte – habe Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) doch laut Chats ein Bundesland gegen die Nachmittagsbetreuung für Kinder „aufhetzen“ wollen.
„Ist das wirklich Zufall oder wollt ihr dieses Match Schwarz gegen Türkis in den Gemeinderat tragen?“, ätzte der blaue Klubchef Maximilian Krauss in Richtung ÖVP. Immerhin habe Kurz laut den Protokollen versucht, „1,2 Milliarden Euro an Bildungsgeldern zu verunmöglichen“.
Dass der Kindergarten als Bildungseinrichtung in Österreich „stiefmütterlich“ behandelt werde, gestand auch Bettina Emmerling von den Neos ein. Ab September würden die Bediensteten durch zusätzliche Stunden für Assistenzkräfte entlastet. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels sei auch abhängig von der Finanzierung des Bundes, betonte SPÖ-Mandatar Marcus Gremel, der die Themenwahl durch die ÖVP „dreist“ nannte.
Auch die Grünen sahen Handlungsbedarf eher beim Bund und damit bei der ÖVP. „Dass ihr hier über Kinderbetreuung sprechen wollt, entbehrt nicht eines gewissen Zynismus und Scheinheiligkeit“, schoss sich deren Gemeinderat Felix Stadler auf die veröffentlichten Chatnachrichten ein.
Verschnupft angesichts der Attacken gegen seinen Bundesparteichef Kurz gab sich ÖVP-Gemeinderat Harald Zierfuß. „Hier werden wieder gezielt Unwahrheiten gestreut“. Seit 2017 seien nicht nur 1,2 Milliarden Euro, sondern sogar 1,6 Milliarden Euro für den Ausbau der ganztägigen Betreuung geflossen. „Wir haben verhindert, dass hier nur Geld in Ganztagszwang gepumpt wird – und das ist gut so“, befand Zierfuß.
Spitäler-Sanierung bleibt Mysterium
Thema der Sitzung war auch der jüngste KURIER-Bericht über unklare Kosten des Sanierungsprogramms für die veralteten Gemeindespitäler, das bis 2040 laufen soll.
Wie berichtet, hatte zuletzt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) angekündigt, bis 2040 fünf Milliarden Euro in die einzelnen Standorte investieren zu wollen. Nicht einmal zwei Jahre davor hatte er die Kosten mit lediglich zwei Milliarden Euro veranschlagt. Zuletzt konnte man weder im Hacker-Büro noch im Gesundheitsverbund auf Anfrage Auskunft geben, was es mit diesem Kostensprung auf sich habe.
Auch die FPÖ und die ÖVP bissen sich am Donnerstag im Gemeinderat die Zähne beim Versuch aus, von Hacker genaueres zu erfahren. Das Programm werde der Öffentlichkeit präsentiert, sobald es fertig sei, noch fehle der letzte Feinschliff. Pro Jahr sollen bis 2026 400 Millionen Euro an Investitionen erfolgen, so der Stadtrat. Kryptisch blieb Hacker allerdings auf die Frage nach den Gesamtkosten bis 2040.
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