Wiener Gemeinderat debattiert Doppelbudget für 2022/2023
Die letzten Sitzungstermine des Wiener Gemeinderats widmen sich Montag und Dienstag der zweitägigen Budgetdebatte. Erstmals wird in der Bundeshauptstadt ein Doppelbudget beschlossen, debattiert und abgesegnet wird der Voranschlag für die Jahre 2022 und 2023. Corona wird dabei auch in diesen beiden Jahren für Defizite sorgen. Wirtschafts- und Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) zeigte sich aber überzeugt, dass Wien in der Pandemie richtig agiert habe.
Das Budgetvolumen wird 2022 und 2023 insgesamt 33,3 Mrd. Euro betragen. 16,7 Mrd. Euro entfallen dabei auf das Jahr 2022 und 16,6 Mrd. Euro auf 2023. In Sachen Defizitpfad wird zumindest eine Abflachung diagnostiziert. Für 2022 ist ein Minus von 1,7 Mrd. Euro vorgesehen. Für das Jahr 2023 wird ein Defizit von 1,4 Mrd. Euro angenommen.
Nulldefizit frühestens 2026
Der Gesamtschuldenstand soll in zwei Jahren rund 12 Mrd. Euro betragen. An ein Nulldefizit dürfte frühestens ab 2026 wieder zu denken sein. Mittelfristig sei ein ausgeglichener Haushalt aber das Ziel, beteuerte Hanke in seiner Budgetrede heute.
Eine maßgebliche finanzielle Aufwertung erhalten vor allem die Bereiche Bildung und Kinderbetreuung. Das Schulbudget der Stadt wird - um bis zu 14 Prozent - im Jahr 2022 auf 2,01 Mrd. Euro und 2023 auf 2,1 Mrd. Euro erhöht. Für die Kinderbetreuung in Wien werden die finanziellen Mittel im Jahr 2023 erstmals auf über 1 Mrd. Euro aufgestockt.
Auch das Budget für die Gesundheits- und Sozialinfrastruktur wächst, konkret um fast 400 Mio. Euro auf insgesamt 5,032 Mrd. Euro im Jahr 2022. Für 2023 sind dann 5,1 Mrd. Euro vorgesehen. Die Gesamtausgaben für Investitionen in Bereiche wie Bau und Infrastruktur klettern - gemeinsam mit den Unternehmen der Stadt - in den kommenden zwei Jahren auf 5,8 Mrd. Euro.
Lob für Ludwigs "klaren Kurs"
Finanzstadtrat Hanke erinnerte in seiner Rede an die Zeit vor dem Virusgeschehen, als Wien etwa Rekordzahlen in Sachen Gästenächtigungen aufwies. Auch das Bruttoregionalprodukt sei so hoch gewesen wie nie. Sich danach in einer Extremsituation wie einer Pandemie beweisen könne nur der, der klare Entscheidungen treffe, lobte er das Vorgehen der Stadt während der vergangenen Monate. Der "klare Kurs" von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sei der richtige.
Nur dadurch könne man auch anderen Menschen aus anderen Bundesländern helfen, erinnerte er etwa an die Aufnahme von Patienten aus anderen Teilen des Landes. Auch hob er hervor, dass in Wien jeder PCR-Testergebnisse innerhalb von 24 Stunden am Handy einsehen könne. "Innerhalb oder auch außerhalb unserer Grenzen ist das alles nicht selbstverständlich."
Es sei nun während des aktuellen Lockdowns auch innerhalb kürzester Zeit gelungen, die Coronahilfspakete zu verlängern, berichtete Hanke. Dass man nun auf ein Doppelbudget setze liege unter anderem daran, dass jetzt grundsätzliche Entscheidungen nötig seien, wie man nach der Pandemie wirtschaften wolle. "Denn mit Corona ist eine neue Zeit angebrochen."
Opposition wird nicht zustimmen
Die Opposition wird auch dem ersten Doppelbudget in der Geschichte Wiens nicht zustimmen, wie deren Vertreterinnen und Vertreter versicherten. FPÖ-Chef Dominik Nepp konstatierte, dass es richtig sei, wenn Hanke sage, Wien sei stabil. Gut sei das aber nicht, denn: "Wien bleibt stabil in der roten Schuldenfalle." Prinzipiell habe die FPÖ nichts gegen ein Doppelbudget einzuwenden, betonte Nepp: "Ich hab nichts gegen mittel- und langfristige Finanzplanung."
Ausgerechnet jetzt ein solches zu verabschieden, wo man nicht einmal wisse, was morgen passiere, sei aber nicht sinnvoll. Das Vermögen sei für zwei Jahre determiniert, so der Wiener Chef-Blaue: "Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir nehmen uns sämtlichen Spielraum mit diesem Doppelbudget."
ÖVP kritisiert Schuldenstand
Auch der Klubobmann der Wiener ÖVP, Markus Wölbitsch, versicherte, dass seine Fraktion ein Doppelbudget prinzipiell begrüße. Jedoch: "Man hat das Gefühl, in Wien fließt Milch und Honig." Denn in allen Geschäftsgruppen würden massiv Ausgaben erhöht. Mehr Effizienz sei anscheinend nicht vorgesehen, bekrittelte Wölbitsch. Er hob hervor, dass die Schulden sich innerhalb von 13 Jahren vervierfacht hätten.
"Und ja, man kann vielleicht vieles auf Corona schieben", meinte er. Der Schuldenberg gehöre aber nicht dazu. Dieser sei ein Beweis für eine "rote Selbstzufriedenheit", die der Stadt nicht guttue: "Die SPÖ kann einfach mit Geld nicht umgehen."
Grüne: Mut nur in der Pandemiebekämpfung
Zunächst versöhnlich gab sich Grünen-Chef Peter Kraus. Die Bewältigung der Pandemie sei eine Kraftanstrengung, die nur gelinge, wenn man die Parteipolitik davon fernhalte: "Hören wir auf die Wissenschaft und halten wir zusammen." Und er hielt fest: "Ja, es stimmt, die Wiener Stadtverwaltung beweist, dass sie das Wohl aller Wienerinnen und Wiener im Blick hat." Abseits der Pandemie fehle jedoch dieser Mut, fügte er hinzu.
Das betreffe etwa die Klimafrage. Hier herrsche "altes Denken" vor. In Sachen Klimaschutz würden andere Städte an Wien vorbeiziehen, kritisierte Kraus. Bei der Neugestaltung des öffentlichen Raums wären nun etwa Paris, Barcelona oder Oslo die Vorbilder. Einmal mehr äußerte sich der Grün-Politiker auch strikt ablehnend zur geplanten Nordostumfahrung bzw. zum Lobautunnel.
Neos freuen sich über "Meilensteine"
Der Regierungspartner der SPÖ, die NEOS, verwiesen hingegen auf "Meilensteine", die in dem Doppelbudget gesetzt würden. Klubchefin Bettina Emmerling würdigte vor allem den höheren Anteil der Bildungsausgaben - also das Budget für jenen Bereich, für den die Rathaus-Pinken inzwischen zuständig sind. Der Wiener NEOS-Chef Christoph Wiederkehr leitet seit dem Vorjahr das Bildungsressort.
Dass das Wiener Budget in den kommenden beiden Jahren nicht ausgeglichen sein werde, verteidigte Emmerling: "Das ist in diesen Zeiten weder möglich noch sinnvoll."
Beschlossen wird das Doppelbudget am morgigen Dienstag - vermutlich erst in den Abendstunden. Denn auf die sogenannte Generaldebatte, in der Wortmeldungen zum Zahlenwerk an sich auf dem Programm stehen, folgt am Nachmittag die sogenannte Spezialdebatte. Sie wird auch den morgigen Dienstag noch in Anspruch nehmen. Debattiert wird dabei die Budgetierung der einzelnen Geschäftsgruppen.
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