Wien-Wahl: Grüne Enttäuschung in Hoffnungsbezirken

Wien-Wahl: Grüne Enttäuschung in Hoffnungsbezirken
Die Grünen wollten in den City-Bezirken die SPÖ-Vorherrschaft brechen und sind gescheitert. Nur die Josefstadt konnte man erobern.

Bei der Eröffnung der Kühlen Meile in der Zieglergasse zeigte sich Neubaus Bezirksvorsteher Markus Reiter noch an der Seite der grünen Parteichefin Birgit Hebein. Wenig später stritten die beiden intern nicht nur über die Kühle Meile. Auch die Parteichefin selbst ist in der eigenen Partei zunehmend umstritten. Das hängt nicht nur mit ihrem Führungsstil zusammen. Auch die permanenten Angriffe der SPÖ auf die Grünen-Chefin macht manchen mürbe. Viele Rote wollen nach den Alleingängen Hebeins nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten.

Geschadet haben dürfte Hebeins Performance den Grünen auch in so manchem Bezirk. Wer einen genaueren Blick auf die Endergebnisse der Bezirksvertretungswahlen wirft, dem zeigt sich: Die Grünen sind – freilich nach der in den meisten Bezirken aussichtslosen FPÖ – die großen Verlierer. Das Ergebnis ist zwar ein ausgeglichenes – nach der Wahl stellen die Grünen ebenso wie vor der Wahl in drei Bezirken die Vorsteher –, eine wirklich gute Bilanz ist das dennoch nicht.

Angriff auf rote Bezirke

Verloren hat man vor allem im Duell mit der SPÖ. Im Vorfeld der Wahl haben die Grünen in mehreren Innenstadtbezirken zum Angriff auf die regierende SPÖ geblasen: auf der Wieden, in Margareten (wo die SPÖ sogar mit einem offen ausgetragenen internen Streit Wahlhilfe leistete), in Mariahilf, am Alsergrund. Vier Bezirke also, in denen sich die Grünen Chancen ausrechneten – vier Mal wurde nichts daraus.

Und das, obwohl die Grünen noch bei der Nationalratswahl 2019 in allen der genannten Bezirken den ersten Platz erringen konnten.

Rotes Plus im Duell

Mehr noch: In manch einem der genannten Bezirke konnte die SPÖ sogar deutlich zulegen. In Mariahilf etwa gewann der rote Bezirkschef Markus Rumelhart 3,3 Prozentpunkte dazu – und landete bei 37,2 Prozent. Die Grünen legten nur um 0,6 Prozentpunkte zu (auf 30,4 Prozent).

Wien-Wahl: Grüne Enttäuschung in Hoffnungsbezirken

Markus Rumelhart (SPÖ)

Auch auf der Wieden und am Alsergrund gab es ein rotes Plus. Nicht einmal in Margareten, wo die bisherige Bezirksvorsteherin Susanne Schaefer-Wiery vor der Wahl aus der SPÖ austrat und ihren Konflikt mit den ehemaligen Parteikollegen offen austrug, konnten sich die Grünen durchsetzen. Kurz vor der Wahl kam ihnen im Sommer die Spitzenkandidatin abhanden, das neue Team konnte nichts ausrichten.

All das ist für die Grünen insofern schmerzhaft, als sie für die genannten Bezirke große Pläne hatten: Sie präsentierten im Wahlkampf im Stakkato ihre Konzepte. Daraus wird in den kommenden fünf Jahren wohl nichts.

Die Wähler bestätigten die SPÖ-Bezirkschefs, die (noch dazu) ebenfalls mit tendenziell grünen Themen in die Wahlauseinandersetzung zogen. Relativ deutlich zu sehen war das in Mariahilf. Dort warben beide Parteien mit ihren (ziemlich ähnlichen) Plänen für eine Verkehrsberuhigung der Gumpendorfer Straße sowie mit Konzepten für den großen Naschmarkt-Parkplatz. Rumelhart gewann.

Noch schlechter ging der Wahlabend für die Grünen in der Leopoldstadt aus. Dort verlor man den Posten des Bezirksvorstehers an die SPÖ, nachdem man bei der vergangenen Wahl (nach einer Wahlwiederholung) überraschend gewonnen hatte (mehr dazu auf Seite 7). Der Amtsinhaber-Bonus alleine reicht also nicht immer zum Sieg.

Zwei Siege gegen Türkis

Besser lief es für die Grünen im Duell mit der ÖVP. In diesem konnten sie sich doppelt durchsetzen. In zwei Bezirken, in der Josefstadt und in Währing, kam es zu eine, türkis-grünen Zweikampf. Die Josefstadt konnten die Grünen erobern, Währing konnten sie verteidigen.

In der Josefstadt – jenem Bezirk, in dem das Match zwischen den beiden Parteien fast schon zur Tradition geworden ist (siehe dazu auch Seite 10) – legten die Grünen heuer so stark zu, dass sie Platz 1 holten. Zuletzt war das 2005 der Fall. Dass es knapp werden könnte, hat sich schon Wahlkampf deutlich abgezeichnet. Auch Veronika Mickel-Göttfert, die bisherige Bezirksvorsteherin, wollte mit grünen Themen punkten. Die ÖVP-Politikerin schlug vor, private Grünfläche für die Allgemeinheit zu öffnen und eine Begegnungszone in der Pfeilgasse umzusetzen. So richtig zur Sprache kam das aber erst, nachdem die Grünen mit ihrem Vorschlag, die Josefstädter Straße zur Begegnungszone zu machen, für Furore sorgten.

Wien-Wahl: Grüne Enttäuschung in Hoffnungsbezirken

Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne)

In Währing war das Match ein anderes. Dieses hatte die ÖVP ausgerufen. „Währing zurückerobern“ – so lautete lange das einzig definitive Ziel der ÖVP im Wahlkampf. Damit sie das erreichen, hatten die Türkisen eine vielversprechende Kandidatin herangeschafft: Kasia Greco, Unternehmerin und Vizepräsidentin der Wiener Wirtschaftskammer. Greco blieb hinter den Erwartungen – mit einem Plus von nur 0,22 Prozentpunkten.

Den Grünen in Währing ging es umso besser. Mit einem Plus von 10 Prozentpunkten halten sie bei 38,70 Prozent. Ein Sieg für Silvia Nossek, der man im Vorfeld vielfach jede Chance abgesprochen hatte, Erste zu werden. Große Erfolge waren ihr nicht gegönnt gewesen – im Bezirksparlament bildeten die anderen Parteien eine Front und torpedierten ihre Projekte.

Ziemlich erfolgreich schnitten übrigens die drei verbleibenden ÖVP-Bezirkschefs ab: Markus Figl ist trotz oder wegen der Fahrverbot-Debatte in der City einer der großen Sieger. In Hietzing legte Silke Kobald deutlich zu. Die Erwartungen übererfüllt hat der junge Daniel Resch in Döbling, an dem man parteiintern (auch) zweifelte. Der Nachfolger von Bezirkskaiser Adi Tiller machte 4,4 Prozentpunkte mehr als sein Lehrmeister.

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Silke Kobald (ÖVP)

Eine Niederlage auf ganzer Linie für die Grünen? Natürlich nicht. Die grüne Bastion Neubau hat gehalten. Der selbstbewusste Bezirkschef Markus Reiter legte um 3,9 Prozentpunkte auf 44,9 Prozent zu. Auch das wird Parteichefin Hebein nicht nur freuen.

Im Schnitt: 50 und männlich
Der Wiener Bezirksvorsteher ist im Schnitt   50 Jahre alt, er ist männlich – und SPÖler

Frauen-Mangel
Auch nach den aktuellen Rochaden: Von den 23 Bezirkschefs sind nur 7 weiblich – und zwar im 4., 5., 9., 13., 14., 17. sowie im 18. Bezirk

Rotes Wien
Es gibt drei grüne (7., 8., 18.), und drei ÖVP-Bezirksvorsteher (1., 13., 19.). Die restlichen Bezirke sind  in roter Hand

36 bis 72 Jahre alt
Die jüngste Bezirksvorsteherin ist Saya Ahmad (36; 9. Bezirk), der älteste ist Erich Hohenberger (72; 3. Bezirk)

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