Anrainern ist der frisch aufgetragene, mit einer schwarz glänzenden Bitumenschicht überzogene Belag des nunmehr extra breiten Geh- und Radwegs sofort ins Auge gestochen – just dort, wo sommers bis zu 14 Stunden die Sonne hinbrennt: Das könne zwar jetzt im Herbst recht kuschelig sein, nicht aber „wenn wir dann wieder mehr als 35 Grad haben.
Dann wirkt das wie ein Heizkörper in einer Tropennacht“, sagt ein Bewohner des Votiv-Viertels. Denn erwiesenermaßen speichere dunkler Asphalt die Hitze und gebe sie nachts wieder ab. Darum passe der Belag zur Bezeichnung „klimafit“ „wie die Faust aufs Auge“, meint der Anrainer, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Langlebiger Asphalt
Der KURIER hat im Büro Sima nachgefragt, doch dort spielt man den Ball gleich an die MA28 (Straßenverwaltung und Straßenbau) weiter. Deren Sprecher Erwin Forster verteidigt den gewählten Baustoff Asphalt, da dieser standardmäßig bei allen Radwegen zum Einsatz komme: „Dieser garantiert sowohl Sicherheit als auch Langlebigkeit.“
Der derzeit sehr dunkle Schimmer täusche aber, im Laufe der Zeit werde dieser heller „und nimmt somit weniger Wärmeenergie durch Sonneneinstrahlung auf“, so Forster. Durch 55 neue Bäume und mehr Grünflächen werde es in der Universitätsstraße künftig jedenfalls „deutlich mehr Schatten und Kühlung“ geben, glaubt der Magistratssprecher.
Auf 110 Meter kein einziger Baum
Allerdings: Just beim nach Süden hin ausgerichteten Wohnblock schräg vis a vis vom Landesgericht gibt es keine Neupflanzung und daher auf mehr als 110 Metern Länge keinen einzigen Baum – und alles ist dort bei der künftigen U5-Station Frankhplatz schon versiegelt.
Doch warum probiert es Wien nicht mit hellen Anstrichen oder Pflasterungen, die weniger Wärme speichern? „Helle sickerfähige Pflasterung“ sei nur für Plätze oder Fußgängerzonen vorgesehen; und Radweg-Anstriche nur dort, wo Konfliktpotenzial bestehe (und dann entweder grün oder rot, nicht aber weiß), erklärt Forster.
Elf Grad mehr
Die Temperaturunterschiede können jedenfalls gewaltig sein: Das österreichische Forschungsinstitut Smart Minerals der TU Wien hat einmal im August elf Grad Differenz zwischen einem (dunklen) Asphalt- und einem direkt daneben liegenden (helleren) Betonbelag gemessen.
Tanja Manninger, Forschungsleiterin bei Smart Minerals, empfiehlt daher tatsächlich ein „Raus aus dem Asphalt“: „Als besondere Lösung, um Hitzeinseln zu vermeiden, gibt es Betonoberflächen aus durchlässigem Material mit einer inneren Struktur, die Wasser speichern kann. Die Verdunstung des Wassers entzieht dem Belag Wärme, wie es auch bei begrünten Flächen der Fall ist.“
Und nebenbei werde nicht nur das Mikro-, sondern auch das globale Klima geschont, weil durch den Wechsel von Asphalt zu Beton pro Quadratmeter 22 kg CO₂ gespart werde. Damit würde bis zu 60 Prozent des CO₂, das bei der Herstellung des Zements angefallen sei, so Manninger, kompensiert.
Kritik von den Grünen
Die Bezirksgrünen der Inneren Stadt haben das Projekt Universitätsstraße übrigens noch aus einem anderen Grund kritisiert: Da erst vor drei Jahren ebendort rund 30 Baumriesen abgeholzt wurden, sei die Bejubelung von 55 Jungbäumchen eine Mogelpackung. „Wir wollen nicht für dumm verkauft werden“, meint Klubchef Alexander Hirschenhauser zur angeblich „klimafitten Verwandlung“.
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