Stadt Wien stellt neue Mietbeihilfe und Maßnahmen gegen Teuerung vor

Stadt Wien stellt neue Mietbeihilfe und Maßnahmen gegen Teuerung vor
SPÖ und Neos haben über kommende Regierungsarbeit beraten: Maßnahmen gegen Teuerung und Neuerungen bei Mindestsicherung beschlossen.

Zwei Jahre Regierungsarbeit hat die rot-pinke Koalition in Wien noch vor sich. Wie diese genau aussehen soll, haben SPÖ und Neos am Donnerstag im Wien Museum beraten. 

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Das kürzlich eröffnete Wien Museum dürfte nicht zufällig als Ort der Regierungsklausur ausgewählt worden sein. Zum einen lässt sich so stolz die eigene Stadt vermitteln. Zum anderen hat die Stadt Wien erst kürzlich bekannt gegeben, dass die Dauerausstellung gratis besucht werden kann. Subtext: Wir sorgen für Entlastung.  

Tatsächlich waren Kosten und der Kampf gegen die Teuerung dann auch das zentrale Thema der Klausur. Bei der anschließenden Pressekonferenz ließ es sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zunächst nicht nehmen, an der Bundesregierung Kritik zu üben. „Mit ein Grund für die hohe Inflation ist, dass die Bundesregierung nicht eingegriffen hat“, erklärte er. Wien stehe jedoch gut dar, weil man gut gewirtschaftet habe. 

Rechenbeispiele zur neuen Mietbeihilfe

Rechenbeispiele zur neuen Mietbeihilfe

Um die Menschen zu entlasten, wolle man aber einige Projekte auf den Weg bringen. Schnitzelgutscheine, wie sie es während der Pandemie gegeben habe, seien aber nicht angedacht. „Wir haben keine spektakuläre Gutschein-Verteilaktionen geplant“, sagte Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ). „Die Mietbeihilfe ist aber insofern spektakulär, als dass sie den Menschen Sicherheit gibt.“

Bescheid wird automatisch zugestellt

Den größten Raum nahm das Thema Wohnen ein: Ab 1. März gilt die Wohnbeihilfe Neu mit höheren Leistungen für Haushalte mit kleinen Einkommen. Für die Berechnung wird künftig die Brutto- statt Nettomiete herangezogen.

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Gleichzeitig wird auch das Mindestsicherungsgesetz geändert und die daran gekoppelte Mietbeihilfe erhöht. Die bedeute für alle Betroffenen eine höhere Unterstützung, Haushalte mit Kindern und Alleinerziehende sollen am meisten profitieren (siehe Grafik oben). Der Bescheid über die Höhe der neuen Mietbeihilfe wird im März automatisch zugestellt. In extremen Härtefällen soll es zudem erhöhte Leistungen geben, um Obdachlosigkeit zu verhindern.

Insgesamt sollen künftig auch 45.000 Personen antragsberechtigt sein, statt bisher 31.000 Personen. Für die Mietbeihilfe investiert die Stadt 60 bis 65 Millionen Euro, in die Wohnbeihilfe 90 Millionen.

Weniger Bürokratie bei Antragstellung

Auch bürokratisch werden Wohnbeihilfe (MA 50) und Mietbeihilfe entflochten (MA 40). Betroffene müssen künftig nur noch bei einem Amt den Antrag stellen. Zusätzlich wird die Wohnungssicherung Plus, bei der Mietrückstände übernommen werden, bis 30. Juni verlängert. 

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Dabei wird ein Rückstand bei Wohnkosten bis maximal 70 Prozent übernommen. Die Höhe variiert von 400 Euro (Minimum) bis maximal 12.000 Euro. Laut Stadt wurden so bisher 6.000 Delogierungen verhindert.

Teuerung trifft Mindestsicherungsbezieher besonders hart 

Präsentiert wurden auch die Ergebnisse einer OGM-Umfrage unter 3.381 Mindestsicherungsbeziehern im Oktober 2023 im Auftrag der Stadt (siehe Grafik unten). 

OGM-Befragung unter Mindestsicherungsbeziehern

OGM-Befragung unter Mindestsicherungsbeziehern im Auftrag der Stadt Wien

Generell wolle man durch die höheren Beihilfen nachhaltiger unterstützen, statt Einmalzahlungen zu leisten. Armutsbetroffene seien von der Teuerung auch am härtesten getroffen worden, die Leidtragende seien Kinder. In Wien würden 47.000 Kinder in Haushalten leben, die Mindestsicherung beziehen. 

Während die Durchschnittsbevölkerung 30 Prozent ihrer Ausgaben für Lebensmittel, Wohnen und Energie aufwende, seien es bei Personen mit geringem Einkommen 50 Prozent. 

Investitionen in Wohnraum und Förderung für Mieter

Angekündigt wurde auch eine Novelle der Neubauverordnung mit höheren Förderung. 115 Millionen Euro sollen investiert werden, um "zusätzlichen leistbaren Wohnraum" zu schaffen. "Mittels erhöhter Fördersätze und in Zukunft unverzinster Landesdarlehen greifen wir speziell gemeinnützigen Bauträgern unter die Arme", so Ludwig. 

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Mit 1. März soll auch eine Dekarbonisierungs und Sanierungsverordnung in Kraft treten. In dieser sind auch Förderungen für Mieter in der Höhe von 1.000 Euro vorgesehen. "Das wird ein starker Schub sein, den Gasherd gegen einen E-Herd auszutauschen", so Ludwig. Die Prämie kann auf 1.500 Euro erhöht werden, wenn die vollständige Dekarbonisierung einer Wohnung im Zuge einer Heizungsumstellung im gesamten Haus erfolgt.

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Die rot-pinke Stadtregierung bei der Regierungsklausur 2024

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) konzentrierte sich auf die Entlastung der Familien. "Wir unterstützen Familien mit kostenlsem Mittagessen an Pflichtschulen", sagte er. Das bedeute für Familien mit zwei Kindern eine Entlastung von 2.000 Euro im Jahr. Dafür sollen auch heuer 40 Millionen Euro investiert werden. Es werde auch wieder kostenlose Deutschkurse geben und die gratis Summer City Camps, kündigte Wiederkehr an. 

Hacker erklärte auch, dass das Projekt Rote Box ausgeweitet wird - dabei werden Mädchen und Frauen kostenlos Hygieneprodukte zur Verfügung gestellt. Die Ausgabestellen werden erweitert, 15.000 Hygienepakete sollen im Quartal ausgegeben werden.

Opposition ortet "Pseudoentlasungen"

Die Opposition sparte nicht mit Kritik an den Plänen: FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete „Pseudoentlastungen“ und erinnerte an vergangene Gebühren- und Mieterhöhungen. Laut Karl Mahrer (ÖVP) fehle es an Integrationsmaßnahmen und Entlastungen für „Anpacker“.

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Die Grünen vermissten Reformen beim Verkehr und beklagten fehlendes Tempo bei der Energiewende im Gemeindebau. "Runter mit den Fernwärmepreisen, endlich eine flächendeckende Leerstandsabgabe einführen, Wohnraub durch AirBnB & Co. verhindern und der Immobilienspekulation einen Riegel vorschieben“, forderte Judith Pühringer.

Stadt will rechtliche "Spielräume" nutzen

Hintergrund der Neuerung seitens der Stadt Wien ist eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes. Als Folge wurden einerseits die in Wien geltenden Kostensätze für Paare aufgehoben.

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Auf Bundesebene andererseits wurde die Regelung laut Sozialhilfe-Grundgesetzt gekippt, wonach zur Deckung eines höheren Wohnbedarfs - also der Aufwand für Miete und Betriebskosten - ausschließlich Sachleistungen gewährt werden dürfen. Als Sachleistung zählt zum Beispiel die direkte Zahlung des Sozialhilfeträgers an den Vermieter.

Laut Stadtregierung ermögliche der VfGH-Entscheid, "neue Spielräume" zu nutzen.

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