Insgesamt elf Jahre Haft für "Pink Panther"-Räuber

Archivbild aus 2013: Mitglieder von "Pink Panther" im Wiener Straflandesgericht
34-Jähriger verbüßt für vier Fakten bereits zehn Jahre in Stein. Ein Jahr Zusatzstrafe für zwei weitere Raubüberfälle.

Ein Mitglied der "Pink Panther"-Bande, das für vier bewaffnete Raubüberfälle vom Landesgericht Salzburg bereits zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Mann in der Justizanstalt Stein verbüßt, hat sich am Dienstag vor einem Wiener Schöffensenat verantworten müssen. Der 34-jährige Serbe wurde für zwei weitere Überfälle zu einer Zusatzstrafe von einem Jahr verurteilt.

Nach dem rechtskräftigen Salzburger Urteil hatte sich ein anonymer Hinweisgeber an die Kriminalpolizei gewandt und erklärt, der 34-Jährige habe gemeinsam mit zwei Mittätern im Jahr 2011 in Wien zwei Geschäfte ausgeraubt. Man verglich darauf die Bilder aus den Überwachungskameras mit dem Äußeren des inhaftierten Mannes. "Er ist darauf deutlich als Täter zu erkennen", stellte Staatsanwältin Stephanie Raab fest.

"Habe gesehen, dass sich so etwas nicht auszahlt"

"Ich bekenne mich zum Ganzen schuldig. Ich möchte sagen, dass ich es bereue. Ich habe gesehen, dass sich so etwas nicht auszahlt. Ich möchte eines Tages eine Familie gründen", gab der Angeklagte zu Protokoll. Zu weiteren Angaben war er nicht bereit: "Ich möchte von meinem Schweigerecht Gebrauch machen."

"Opfer so gut es geht geschont"

"Er hat die Opfer so gut es geht geschont", betonte Verteidiger Mirsad Musliu (Kanzlei Rast). Bei einem Strafrahmen von bis zu 15 Jahren stand unter Berücksichtigung des rechtskräftigen Salzburger Urteils eine maximale Zusatzstrafe von fünf Jahren im Raum. Musliu ersuchte um eine möglichst milde Sanktion, indem er auf das reumütige Geständnis und vor allem den Umstand verwies, dass sich sein Mandant selbst der österreichischen Justiz gestellt hatte: "Er sitzt eh schon einen 'Zehner' bis zum bitteren Ende."

Der erste inkriminierte Überfall hatte sich am 14. September 2011 in der Wiener Innenstadt abgespielt. Zwei Männer betraten damals ein Antiquitäten-Geschäft, während ein dritter Täter draußen Aufpasserdienste leistete. Sie gaben zum Schein vor, Besteck kaufen zu wollen. Als ihnen ein Überblick über das Sortiment gezeigt wurde, zog der 34-Jährige plötzlich einen Revolver und zwang die Angestellte in einen Nebenraum, wo er ihr laut Anklage den Knauf der Waffe auf den Kopf schlug, als sie zu schreien begann. Sein Komplize zertrümmerte währenddessen Glasvitrinen. Mit Schmuck im Wert von 600.000 Euro gelang den Räuber die Flucht.

"Ich bin ein guter Mann. Es ist Wirtschaftskrise, ich brauche die Uhren"

Am 27. September 2011 schlug das Trio in einem anderen, ebenfalls in der Innenstadt gelegenen Antiquitäten-Geschäft zu. Diesmal interessierten sich die Täter scheinbar für Eheringe, ehe der 34-Jährige die Angestellte zu Boden riss, eine Pistole gegen ihren Kopf richtete und "Tresor auf!" verlangte. Als dies geschehen war, dirigierte er die Frau Richtung Toilette, wobei er ihr folgende Bemerkung mit auf den Weg gab: "Ich bin ein guter Mann. Es ist Wirtschaftskrise, ich brauche die Uhren."

Dieser Coup brachte den Räubern Schmuck im Wert von 1,093 Millionen Euro ein. Damit setzten sie sich nach Serbien ab. Von den Mittätern des 34-Jährigen, der sich trotz eines bestehenden Aufenthaltsverbots zurück nach Österreich begeben hatte, wo er sich schließlich stellte, fehlt jede Spur. Sie dürften sich nach wie vor in ihrer Heimat aufhalten. Mit der einjährigen Zusatzstrafe waren sowohl Staatsanwältin als auch Verteidiger einverstanden. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Die Überfälle der meist aus Staaten des Westbalkan stammenden Tätergruppen unter dem Namen "Pink Panther" sind weitgehend unter Kontrolle. Aber es wurden in den vergangenen Monaten immer brutalere Coups anderer Räuber in mehreren europäischen Ländern registriert. Nicht zuletzt deshalb hat die europäische Polizeiagentur Europol das Projekt "Diamond" ins Leben gerufen.

"Diamond" fungiert als Nachfolgeprojekt des 2016 eingestellten Projekts "Pink Panther", das unter Ägide von Interpol lief. Vor allem auf Initiative Österreichs und der Schweiz wurde dieses Nachfolgeprogramm ins Leben gerufen. "Wir haben gesehen, dass viele Tätergruppen aus mehreren Ländern in mehreren Bereichen der Eigentumskriminalität unterwegs sind", erläuterte Michael Will, Sachgebietsleiter für organisierte Eigentumskriminalität, im Jänner im APA-Gespräch.

Neben Überfällen auf Juweliergeschäfte betrifft das Wohnungseinbrüche oder auch Bankomat-Sprengungen bis hin zu gut vorbereiteten Trickdiebstählen. Die Gruppierungen stammen aus den unterschiedlichsten Weltgegenden.

So handelt es sich bei den auf Trickdiebstähle bei Schmuckhändlern spezialisierten Tätern um eine Gruppe aus China aus einer Region unweit von Hongkong, die nicht zuletzt aufgrund ihrer geografischen Herkunft bei Europol als "Pink Pandas" firmiert. Sie gehen in Geschäfte, lassen sich Preziosen zeigen, zahlen diese sogar an. Einige Tage später kommen sie wieder, um den fast schon erworbenen Schmuck abzuholen. Während das Personal abgelenkt wird, tauschen sie das wertvolle Stück durch eine vorher angefertigte Kopie aus und flüchten.

Eine der brutalsten Kriminalitätsformen sind sogenannte Rammbocküberfälle, wie sie zum Beispiel laut Will in Zürich beobachtet wurden. Die Täter steuern einen besonders schweren SUV während der Geschäftszeit in eine Auslage, springen aus dem Wagen, raffen Beutestücke an sich und flüchten. "Man sieht, dass das halbe Geschäftsportal zusammenstürzt", schilderte Will. "Man muss froh sein, dass da bisher niemand zu Schaden gekommen ist."

Neu ist auch, dass wieder vermehrt lateinamerikanische Tätergruppen stärker auf der Bildfläche erscheinen, vor allem aus Chile, Kolumbien, teilweise auch Verdächtige mit mexikanischen Pässen. "Das hatten wir früher einmal. Jetzt sind sie wieder da", konstatierte Will. Dazu kommen rumänische Gruppen und Täter aus den baltischen Staaten.

Im Rahmen des Projekts "Diamond" will Europol nun ein Expertennetzwerk, bestehend aus Ermittlern der Mitgliedstaaten, zusammenholen. Am Donnerstag war nach einem vorbereitenden Treffen mit Experten aus der Schweiz und vom österreichischen Bundeskriminalamt (BK) der offizielle Kick-off für das Projekt mit mehr als 70 Experten. "Diamond" soll sich ausschließlich mit Juwelierräubern befassen.

Will kündigte dazu die Entwicklung eines standardisierten Zulieferbogens an: "Die Taten sehen ja fast immer gleich aus", erläuterte Will. Anhand dieses Fragebogens soll bei der europäischen Polizeiagentur eine zielgerichtete Fallanalyse möglich werden, damit die Ermittler einzelne Taten den verschiedenen Gruppen zuordnen können. Dazu kommen "andere neue innovative Tools", zu denen sich der Experte nicht weiter äußern wollte.

Ein wichtiger Punkt ist für die Polizisten die Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor. So wollen die Schweizer Uhrmanufakturen eine Datenbank über gestohlene Chronometer einrichten, ähnlich, wie es sie für gestohlene Kunstwerke gibt. Davon versprechen sich die Experten mehr Druck auf Hehler. Nicht zuletzt will man auf die bereits bestehenden Alarmnetzwerke der Juweliere zurückgreifen, um Informationen über neue Bedrohungen schneller zu verbreiten.

"Wir versuchen, in die Netzwerke einzudringen", sagte Will. Man wolle nicht nur die eigentlichen Tatausführenden festnehmen, "sondern zumindest eine Stufe höher, zum Beispiel die Hehler". Wobei die Gruppen sehr unterschiedlich organisiert sind: So sind die Räuber vom Westbalkan nur sehr lose untereinander verknüpft, ohne erkennbare klare Hierarchie. Die Gruppen aus baltischen Ländern folgen hingegen einer sehr klaren Hierarchie. Bei rumänischen Tätern wurden wiederum beide Organisationsvarianten festgestellt.

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