Wien Energie: ÖVP will eigene U-Kommission abbrechen
Große Erfolge konnte die Wiener ÖVP als Oppositionspartei in den vergangenen Jahren nicht verbuchen. Umso überraschter wird man parteiintern gewesen sein, als am Dienstag SPÖ und Neos als Reaktion auf eine ÖVP-Ankündigung spontan jeweils eigene Pressekonferenzen ansetzten.
Was war geschehen? Die ÖVP hat offenbar die Lust an der vor ihr selbst (gemeinsam mit der FPÖ) einberufenen U-Kommission zur Causa Wien Energie verloren und würde sie am liebsten nach den verbleibenden vier Sitzungen Ende Juni vorzeitig beenden. Regulär würde das Gremium, das die politische Verantwortung rund um die Liquiditätsprobleme des städtischen Energieversorgers klären soll, bis Dezember tagen.
Notkompetenz
Wie berichtet, hat Bürgermeister Michael Ludwig im Sommer per Notkompetenz und ohne die Öffentlichkeit zu informieren zweimal 700 Millionen Euro für die Wien Energie freigegeben, weil sie die auf der Energiebörse nötigen Sicherstellungen nicht mehr bedienen konnte.
Die Aufklärung der damaligen Vorgänge in der U-Kommission gelang aus Sicht der Opposition bis dato aber nur beschränkt. Schuld daran sei laut ÖVP, dass nur ein Bruchteil der als Beweismittel angeforderten Unterlagen geliefert wurden. „Wir wollen nicht die SPÖ-Strategie unterstützen, die U-Kommission zur Farce verkommen zu lassen“, betonte ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch.
Gleichzeitig erhob die ÖVP fünf Forderungen: Eine Reform der Wiener U-Kommission, damit die Beischaffung von Beweismitteln erzwungen werden kann. Weiters die Reform der Notkompetenz. Geht es nach der ÖVP, sollen Stadtsenat und Gemeinderat binnen 24 Stunden informiert werden, wenn sie zur Anwendung kommt. Die bisherige Regel ist so unpräzise, dass sie weiten Interpretationsspielraum zulässt.
Mit Blick auf die Vorkommnisse bei Wien Energie und Stadtwerken fordert die ÖVP eine Reform des städtischen Beteiligungsmanagements, des Bestellungssystems bei den Aufsichtsräten und des Geschäftsmodells in Hinblick auf eine Risikominimierung.
Grüne Unterstützung
Die schleppende Aktenlieferung kritisierte am Dienstag auch der grüne Klubobmann David Ellensohn scharf: „Von bis dato 83 Anträgen wurden nur 29 positiv beantwortet.“ Er ortet eine neue Dimension des Verschleierns unter Ludwigs Ägide. Vom ihm fordert er, die Herbeischaffung der Akten per Weisung zu erzwingen. Sollte das nicht passieren, wäre auch Ellensohn für eine frühzeitige Beendigung der U-Kommission. Auch er plädiert für eine Reform des Gremiums.
Um die U-Kommission abzubrechen, braucht es einerseits eine Mehrheit im Gemeinderat und anderseits einen entsprechenden Antrag jener Fraktionen, die sie eingesetzt haben. Das heißt, die ÖVP muss die FPÖ für ihre Pläne gewinnen. Diese gab sich am Dienstag aber zurückhaltend. Man wolle unter anderem noch alle Stadträte über ihre Wahrnehmungen zur Notkompetenz befragen.
Mit Häme reagierte die SPÖ auf den türkisen Vorstoß: „Die ÖVP hat erkannt, dass es falsch war, rund um die Wien Energie einen Skandal zu inszenieren“, ätzte Fraktionschef Thomas Reindl. „Sie sollte nun die Größe haben, sich bei den Mitarbeiten der Wien Energie für den verursachten Schaden entschuldigen.“
Die „Jammerei über die nicht gelieferten Akten“ könne Reindl nicht mehr hören. Von Anfang an sei klar gewesen, dass betriebliche Interna nicht Gegenstand der Untersuchung sein könnten. Ob die SPÖ für die vorzeitige Beendigung der U-Kommission stimmen werde, ließ er offen.
Das tun auch die Neos. Sie kritisierten, dass sich die ÖVP auf die fehlenden Akten versteife. „Offenbar setzt sie voraus, dass die bisher geladenen Zeugen unter Wahrheitspflicht grundsätzlich lügen oder etwas verschweigen und die Wahrheit nur in Unterlagen zu finden ist“, argumentiert Fraktionsleiter Stefan Gara. Er verwies auch darauf, dass viele der von der ÖVP geforderten Reformen schon in Angriff genommen worden seien. Etwa die Verbesserung des Public-Corporate-Governance-Kodex.
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